Beim hier vorgestellten Projekt wurde ich um meine Einschätzung zum Sachverhalt und um geeignete Lösungsvorschläge gebeten. Die zentrale Frage lautete, ob und wie eine komplette Neueindeckung und die erneute Ausführung der kompletten Spenglerarbeiten vermieden werden kann. Im Fokus stand eine fachgerechte und dauerhaft funktionierende Ausführung der Arbeiten.
Wie kam es dazu?
Ursprünglich für diese Arbeiten eingeplante Vorarbeiter des ausführenden Fachbetriebs waren zum vereinbarten Ausführungstermin erkrankt. Um den Leistungstermin einhalten zu können, sah sich der Inhaber der Spenglerei genötigt, die Arbeiten ohne die Vorarbeiter ausführen zu lassen. Bereits auf den Gutachterfotos ist ersichtlich, dass die Spenglerarbeiten (wohlwollend formuliert) unbefriedigend ausgeführt wurden. Zu Recht waren Bauherrschaft und Architekt mit dem Ergebnis unzufrieden. Sie befürchteten, dass sich das Metalldach durch entsprechend unsachgemäße Spenglerarbeiten zu einem dauerhaften Sanierungsfall entwickeln würde. Wie so oft wurden dann seitens des Architekten und der Bauherrschaft Tipps und Ratschläge von anderen Spenglern und Beratern eingeholt. Allesamt mit der sicherlich allseits bekannten Aussage: „Das muss alles runter und neu gemacht werden!“
Das ist zu einfach, denn mit Sachverstand und Kompromissbereitschaft lassen sich oft vertretbare Lösungen finden. Zudem kann so ein langwieriger Rechtsstreit mit hohen Zusatzkosten vermieden werden. Ich will an dieser Stelle keineswegs behaupten, dass es nicht auch Fälle gibt, bei denen eine Kompletterneuerung unumgänglich ist. Doch ein genauerer Blick lohnt sich immer.
Einfassung einer Rohrdurchführung
Die ursprünglich ausgeführten Einfassungen der Rohrdurchführungen entsprachen nicht den Fachregeln und Richtlinien. Rohrdurchführungen sind entweder einzufalzen und abzudichten oder, wie in einschlägigen Herstellerrichtlinien abgebildet, als Klebeeinfassung einzubauen. Ein gängiger Lösungsvorschlag ist: die am Durchführungssockel aufgeklebte konische Kappe entfernen und durch eine Klebeeinfassung ersetzen. Geeignete Produkte bietet z. B. Prefa an. Fachgerecht eingebaut erfüllen die Anschlüsse dann die Anforderungen entsprechender Richtlinien. Sollte die Standardeinfassung zu klein sein, kann sie auch handwerklich selbst angefertigt werden.
Abdeckungen der Grat- und Firstentlüftung
Die Abdeckungen der Grat- und Firstentlüftung wurden nicht fachgerecht ausgeführt. Die Naht- und Stoßverbindungen sind genietet und lassen keine temperaturbedingte Längenänderung der Profile zu. Teilweise sind die Lochblechprofile sichtbar und nicht ausreichend befestigt. Die Abdeckungen sind stellenweise nicht in den Haltebügeln eingehängt. Die unteren Abschlüsse sind ungenau abgeschnitten und die Tropfkanten und Abschlussbleche angestückelt und angenietet. Außerdem ist der Übergang zur Dacheindeckung handwerklich fehlerhaft ausgeführt und die Holzkonstruktion bereichsweise sichtbar bzw. ungeschützt. Ein Lösungsvorschlag: Die Grat- und Firstabdeckungen sind zurückzubauen. Die Aufkantungen an den Scharenenden sind zu prüfen und auf mindestens 40 mm zu erhöhen. Es darf kein Holz ungeschützt der Witterung ausgesetzt sein. Gegebenenfalls kann eine Erhöhung mit einer durchgängigen Blende erreicht werden. Die Lochblechabdeckungen sind ausreichend und nicht einsehbar zu befestigen. Zudem ist es wichtig, die sturmsichere Befestigung der Abdeckungen mit durchgängigen und ausreichend verschraubten Halteprofilen auszuführen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Abdeckungen durchlaufend in die Halteprofile eingehängt sind und die Abkantungen so weit wie möglich auf den Doppelstehfalz geführt werden. Ferner muss die schadlose Aufnahme temperaturbedingter Längenänderungen ermöglicht sein. Ratsam ist es, die Einzellängen der Abdeckungen auf ca. 3 m zu begrenzen.
Dachgauben und Fensterbank
Entsprechend den Fachregeln müsste das untere Ende der seitlichen Gaubenscharen in einen Falz am Anschlussblech eingehängt werden. Hier wurden die unteren Scharabschlüsse mit einem Umschlag versehen und die Aufkantung der Seitenkehle des seitlichen Dachanschlusses wurde ohne Falz überdeckt. Dies entspricht zwar nicht den Fachregeln, wird jedoch oft in der Praxis so ausgeführt. Durch diese Ausführung ist aus meiner Sicht kein Schaden zu erwarten und eine dauerhafte Funktion gewährleistet.
Fragwürdiger ist die Ausführung der Laibungsbleche. An der Gaubenbekleidung sind diese direkt auf die Rollladenschienen genietet. Zudem wird die Holzkonstruktion nicht komplett abgedeckt. Der Fenstersims liegt hohl auf der Unterkonstruktion. Das Simsprofil ist außerdem eingezwängt und hat keine Ausdehnungsmöglichkeit. Mein Lösungsvorschlag: Die Gaubenbekleidung muss an den Laibungen so ausgeführt werden, dass die Rollladenschienen, falls erforderlich, jederzeit demontiert werden können. Dies muss ohne die Demontage der Bekleidungsprofile möglich sein. Dazu kann beispielsweise ein separates Steckprofil verbaut werden. Alternativ können die Laibungsbleche auch hinter die Rollladenschienen geführt werden. Wichtig ist es, die Holzkonstruktion vollständig mit den Profilen der Gaubenbekleidung abzudecken sowie eine schadlose Längenänderung durch fachgerechte Schiebenahtverbindungen (Schiebefalz mit Abdeckkappe) zu gewährleisten. Und noch ein Tipp: Der Fenstersims sollte vollflächig mit Bitumenkaltkleber (Enkolit) auf die Unterkonstruktion geklebt werden. Dadurch liegt das Profil satt auf, was bei Regen Trommelgeräusche vermindert. Ich empfehle, die hier beschriebenen Schnittstellen mit dem Rollladenbauer und dem Fensterbauer abzustimmen.
Rinnenträger an den Dachgauben
Die Rinnenträger an den Dachgauben sind nicht auf ihrer ganzen Länge in die Holzkonstruktion eingelassen. Die Abdrücke der Rinnenhalter sind auf den Scharen der Gaubeneindeckung sichtbar. Rinnenträger sind entsprechend den Fachregeln um ihre Materialstärke in die Holzkonstruktion bündig einzulassen. Dies soll unter anderem das Aufscheuern der Dacheindeckung an den Rinnenhaltern verhindern. Müssten die Rinnenhalter nachträglich komplett eingelassen werden, würde das die komplette Demontage der PV-Anlage und der Gaubeneindeckung nach sich ziehen. Auch hier habe ich einen Lösungsvorschlag: die Traufe öffnen und von vorne Blechstreifen bis über die Rinnenhalter schieben. Dies sollten an den Ecken abgerundete Bleche sein. Kanten oder Schnittgrate dürfen nicht nach oben zeigen. Die Blechstreifen dann unterhalb an die Schare kleben, damit sie sich mit der Schare mitbewegen und so das Durchscheuern der Schare verhindern. Wichtig: Die Blechstreifen dürfen nicht im Traufeinhangbereich liegen, da es sonst zu Kapillarwirkung im Traufblech kommen könnte.
Fazit
Bei der gemeinsam vorgenommenen Ortsbesichtigung waren sich alle Beteiligten einig, dass die Spenglerarbeiten handwerklich nicht fachgerecht ausgeführt wurden und nicht zufriedenstellend waren. Mit den vorgeschlagenen Nachbesserungen wird zwar keine preiswürdige, jedoch eine dauerhaft funktionsfähige Ausführung der Spenglerarbeiten erreicht. Eine komplette Erneuerung der Metalldeckung und ein Rechtsstreit konnten in diesem Fall vermieden werden.
Nach Abschluss der Arbeiten erreichte mich folgende E-Mail, über die ich mich sehr gefreut habe: „Guten Abend, Herr Stelzer, Familie X und wir sind weiterhin gut aufeinander zu sprechen und haben das gesamte Bauvorhaben zu einem guten Abschluss gebracht. Es war für uns im Nachhinein auch gut für die Weiterentwicklung der Kollegen und auch für mich selbst. Danke, auch für Ihre sehr diplomatische Art. Gute Zeit Ihnen ...“
In der nächsten BAUMETALL-Ausgabe berichte ich über einen Schadensfall, bei dem eine Neueindeckung leider nicht zu vermeiden war. 
Bis demnächst und haben Sie eine gute Zeit.
Ihr Peter Stelzer

Bild: Stelzer

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INFO
Peter Stelzer ist Flaschner-, Gas- und Wasser-Installateurmeister sowie ö. b. u. v. Sachverständiger für Klempnerarbeiten. Darüber hinaus engagiert er sich im Fachverband SHK BW als Obmann des technischen Ausschusses Klempner.
www.klempner-sachverstaendiger.de

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Kreative Freiheit
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Ein bisschen ist dieser Beitrag wie eine Reise in die Zeit. „Wer schon jetzt erfahren möchte, was Georg Hubert am 15. April 1910 geleistet hat, sollte die Artikel-Vorveröffentlichung auf www.baumetall.de nicht verpassen“, schwärmt „Necko“ D. Neckermann und ergänzt: „Dass Georg Huberts Meisterstück irgendwie an die Statue of Liberty erinnert, ist vermutlich kein Zufall.“
BAUMETALL bestätigt diese Einschätzung und nimmt daher nicht nur ein herausragendes Meisterstück, sondern auch wichtige Ereignisse um das Jahr 1910 in den Blick. Was den damaligen Zeitgeist mit dem Handwerk von heute verbindet, wie Meisterstücke der Zukunft aussehen könnten und in welchem Zusammenhang der BAUMETALL-Leserwettbewerb „Meisterstück des Jahres“ zu setzen ist, erfahren Stammleser und BAUMETALL-Abonnenten schon jetzt im Online-Extra oder in der nächsten BAUMETALL-Ausgabe 3/2025, die am 15. Mai erscheint.