Dieser Artikel ist der Auftakt der neuen BAUMETALL-Beitragsreihe „Ausführungsmängel vermeiden“ mit Klempnermeister Peter Stelzer. Der Flaschnermeister und öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige berichtet in diesem sowie nachfolgenden Beiträgen aus seiner Sachverständigentätigkeit. Darüber hinaus gibt Stelzer interessante Tipps zur fachgerechten Umsetzung der Klempnerfachregeln und trägt somit dazu bei, dass Fachleute Ausführungs- und Planungsfehler sowie damit verbundenen Ärger und Rechtsstreitigkeiten vermeiden.
Peter Stelzer: „Lassen Sie aus einer Mücke keinen Elefanten werden!“
Im Idealfall reihen sich bei der Abwicklung eines Kundenauftrags der Kundenkontakt/Ausschreibung, die Angebotserstellung, die Auftragserteilung, die (fachgerechte) Ausführung, die Abnahme, die Rechnungsstellung und die Bezahlung nahtlos aneinander. Der Kunde/Auftraggeber und der Klempner/Auftragnehmer sind glücklich und zufrieden.
Leider ist das nicht immer der Fall. Viele Kollegen kennen die Situation, dass entweder die Abnahme verweigert oder die Rechnung nicht oder nicht vollständig beglichen wird. Die Gründe hierfür können sehr vielfältig sein. So kann tatsächlich ein Mangel vorliegen oder der Auftraggeber benutzt eine Mängelanzeige zur Optimierung seiner Finanzierung. Oftmals münden die Meinungsverschiedenheiten in einen langwierigen und teuren Rechtsstreit. Lassen Sie es nicht so weit kommen.
Tipp
Nehmen Sie eine Reklamation ernst und vereinbaren Sie möglichst schnell mit dem Kunden einen Termin zur gemeinsamen Besichtigung der Beanstandung. Geben Sie dem Kunden das Gefühl, dass Ihnen daran gelegen ist, eine zeitnahe Lösung und Einigung zu erzielen. Seien Sie hierbei, auch wenn es schwerfällt, ehrlich zu sich selbst. Falls der Kunde recht hat und die Arbeiten wirklich nicht fachgerecht ausgeführt wurden, müssen die vereinbarten Nachbesserungen zeitnah erledigt werden. Ohne Wenn und Aber! Eine berechtigte Reklamation schnell und ohne Aufsehen zu beheben unterstreicht Ihre Kompetenz und Seriosität. Ihr guter Ruf wird dadurch nur gefestigt. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Ihre geplante Ausführung fachgerecht sein wird, kann es hilfreich sein, vor der Ausführung einen Fachberater des Herstellers oder einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zurate zu ziehen.
Völlig anders sieht es aus, wenn die Reklamation des Kunden nicht berechtigt ist und kein Mangel vorliegt. Der Begriff Mangel ist ein Rechtsbegriff. Ein Sachverständiger darf keine Rechtsfragen beantworten und klären. Ob tatsächlich ein Mangel vorliegt, entscheidet also nicht der Sachverständige, sondern ausschließlich der Richter. So weit wollen Sie es jedoch nicht kommen lassen – oder etwa doch?
Ein Baumangel ist laut BGB eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit eines Werks oder Gebäudes. Laut VOB liegt ein Baumangel darüber hinaus vor, wenn das Bauwerk bzw. die Bauleistung nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Hierbei muss noch nicht einmal ein Schaden entstanden sein. Nun drängt sich die Frage auf, was zu einem Mangel führen kann und welche Mangelarten gibt es?
Ein Werk hat einen Mangel,
Der 6. Punkt ist nach meiner Erfahrung der häufigste Grund für Meinungsverschiedenheiten darüber, ob ein Mangel vorliegt oder nicht.
Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige kommt ins Spiel
Er kann sowohl vom Auftraggeber als auch vom Auftragnehmer hinzugezogen werden. Der Sachverständige stellt fest, ob ein Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik vorliegt oder ob die Leistung fachgerecht ausgeführt wurde. Werden die Streitigkeiten vor Gericht ausgetragen, wird der Sachverständige vom Gericht beauftragt und ist somit der Gehilfe des Richters. Diese Gesichtspunkte und die verschiedenen Arten von Gutachten werde ich Ihnen zu einem späteren Zeitpunkt in einem weiteren Artikel vorstellen.
Anerkannte Regeln der Technik
Die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ (a. a. R. d. T.) sind Regeln,
Die Richtlinien für die Ausführung von Klempnerarbeiten (Klempnerfachregeln) bilden die Zusammenfassung des aktuellen Sachstands im Klempnerhandwerk und stellen somit die allgemein anerkannten Regeln der Technik im Klempnerhandwerk dar (s. S. 11 der ZVSHK-Fachregel). Der Auftragnehmer schuldet grundsätzlich die Einhaltung der a. a. R. d. T. zum Zeitpunkt der Abnahme. Das gilt auch bei einer Änderung der a. a. R. d. T. während der Bauphase zwischen Auftragserteilung und Abnahme. Sollten sich aus den Änderungen der a. a. R. d. T. Mehrkosten oder Abweichungen von der Leistungsbeschreibung ergeben, muss der Auftragnehmer den Auftraggeber vor der Ausführung darauf hinweisen und sich die Änderungen bestätigen lassen. Bei Abweichungen der Planung und Ausschreibung zu den a. a. R. d. T. sollte der Auftragnehmer schriftlich Bedenken anmelden.
Wie verhält es sich mit den DIN-Normen?
DIN-Normen sind nicht zwangsläufig identisch mit den a. a. R. d. T. DIN-Normen sind keine Rechtsnormen, sondern private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter. Sie können die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben oder hinter diesen zurückbleiben (BGH-Urteil vom 14.05.1998). Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass DIN-Normen nicht beachtet werden müssen. Werden zum Beispiel in der Leistungsbeschreibung bestimmte Normen hinsichtlich der Werkstoffqualität gefordert, müssen diese berücksichtigt und erfüllt werden.
Wie umgehen mit Vorgaben oder Verlegerichtlinien des Herstellers?
Die Einhaltung der Herstellervorgaben stellt immer dann keinen Mangel dar, wenn die allgemein anerkannten Regeln der Technik keine höheren Anforderungen an das Werk stellen als die Herstellervorgaben. Diese Bewertung nimmt das Gericht, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zum Mangel, bei Abweichungen von den Herstellervorgaben vor. Danach kann ein Mangel zum einen vorliegen, wenn die Herstellervorgaben zwar eingehalten sind, das Werk aber nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Zum anderen kann ein Mangel vorliegen, wenn die Anforderungen des Herstellers über die allgemein anerkannten Regeln der Technik hinausgehen, um ein bestimmtes Risiko abzuwenden, und diese nicht eingehalten wurden (BGH-Urteil vom 21. April 2011 und Urteil des OLG Hamm vom 9. November 2018).
Was tun, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist und jeder auf seinem Standpunkt beharrt?
Bevor die Uneinigkeit der Parteien in einen gerichtlichen Streit eskaliert, kann ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger aus einer neutralen Position heraus zu einer außergerichtlichen Einigung beitragen. Rechtzeitig hinzugezogen, kann der Sachverständige entweder die Einhaltung der a. a. R. d. T. bestätigen oder eventuell zu einer Nachbesserung raten. Oftmals konnten ö. b. u. v. Sachverständige auf transparente Art und Weise Vorschläge zu einer für beide Parteien annehmbaren und zufriedenstellenden Lösung beitragen. Dieses Vorgehen spart folglich für alle Beteiligten Zeit, Geld und letztendlich auch Nerven.
Fortsetzung folgt
In den weiteren Beiträgen dieser BAUMETALL-Serie möchte ich Ihnen Fälle aus meiner Sachverständigenpraxis vorstellen. Ziel ist es, Sie mit meinen Erfahrungen bei der fachgerechten Anwendung der Klempnerfachregeln zu unterstützen und dazu beizutragen, zukünftige Fehler zu vermeiden.
Bis demnächst und
haben Sie eine gute Zeit
Ihr Peter Stelzer