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AUSFÜHRUNGSMÄNGEL VERMEIDEN, TEIL 9

Vom Winde verweht …

Vor Kurzem erreichte mich eine Anfrage mit der Bitte um meine fachliche Einschätzung. Das Dach eines Hallenbades soll saniert werden. Die vorhandenen Dachsparren sollen dabei möglichst bestehen bleiben und die Dampfsperre seitlich an den Sparren befestigt werden. Darüber sei dann der neue Dachaufbau mit einer Metalldeckung (siehe Bild 9) vorgesehen. Aus meiner Sicht besteht hier die Gefahr, dass die Hallenbadluft in die Sparren diffundieren und die Befestigungsmittel angreifen oder das Holz schädigen kann. Auf diese Problematik sollte der Planer hingewiesen werden, und der Spengler muss seine Bedenken anmelden. Vorsicht ist besonders bei Sanierungen geboten, aber der Reihe nach ...

Raumklima niemals unterschätzen

Das Raumklima in Hallenbädern ist für Korrosionsvorgänge sehr förderlich. Die Feuchtigkeitssättigung der Schwimmhallenluft und die erhöhte Temperatur sowie der Chlor- und Salzgehalt können bei dauerhafter Belastung auf nicht beständigen Metallen Korrosion hervorrufen.

Ich erkläre es an folgendem Beispiel genauer: Das Dach des Ellwanger Hallenbades wurde beim Bau 1980/81 mit einer Doppelstehfalzeindeckung aus Kupfer gedeckt. Die Dachneigung beträgt 20° und wurde aufgrund der Scharenlängen mit Aufschieblingen unterteilt. Aufhorchen lässt die Tatsache, dass das Dach als unbelüftete Warmdachkonstruktion geplant wurde. So weit, so gut.

Der Auftrag für die Arbeiten wurde damals an meinen Vater, den Flasch­nermeister Wolfgang Stelzer, erteilt. Für eine zu diesem Zeitpunkt als 3-Mann-Betrieb tätige Flaschnerei war das eine große Herausforderung. Entsprechend sorgfältig ging mein Vater dieses Projekt an und gründete eine Arbeitsgemeinschaft mit den Flaschnereien Vitus König und Alwin Rembold. Förderlich für eine fachgerechte Ausführung war die Tatsache, dass kurz vorher (1979) die erste Fassung der Klempnerfachregeln herausgegeben worden war. Mein Vater hielt sich bei der Ausführung zum Glück genau an dieses Regelwerk (Haftabstände, Dehnung, max. Länge der Scharen usw.).

Mysteriöser Dachschaden

Ein paar Jahre nach Fertigstellung erreichte den Flaschnermeister Wolfgang Stelzer der Anruf, dass das Hallenbaddach undicht sei. „Das kann nicht sein“, war sich mein Vater sicher. Nach einigem Hin und Her wurde vom Gericht ein Sachverständiger mit der Klärung des Sachverhalts beauftragt. Die Klempnerarbeiten waren entsprechend dem Gutachten mangelfrei! Der fachregelkonformen Ausführung sei Dank – denn anderenfalls hätte die Flaschnerei Stelzer diesen enormen Schaden finanziell nicht überlebt!

Die Ursache für den vermeintlichen Wassereintritt war die fehlerhaft verlegte Dampfsperre. Um die Demontage der Kupfereindeckung zu vermeiden, wurde vom Sachverständigen vorgeschlagen, eine zusätzliche Dampfsperre von innen anzubringen (siehe Bild 6). Hierzu musste das Hallenbad innen bis unter die Decke eingerüstet werden. Das hat sich dann aufgrund von Planungen, Insolvenzen und Streit um die Kostenaufteilung bis ins Jahr 1999 gezogen. Gut, wenn man da nicht mit im Boot sitzt!

Und dann kam Lothar ...

Am zweiten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1999 suchte der Orkan Lothar, als einer der heftigsten Stürme des letzten Jahrhunderts, Europa heim. Mit Windgeschwindigkeiten mit zum Teil über 200 km/h fegte Lothar über Frankreich, die Schweiz, Südwestdeutschland und das Ellwanger Hallenbad hinweg. Zurück blieben umgeknickte Wälder, beschädigte Bahntrassen und abgedeckte Dächer. Darunter befand sich auch das in Mitleidenschaft gezogene Kupferdach des Ellwanger Hallenbads mit seinem gerade erst von innen sanierten Dachaufbau.

Ob der Sturmschaden eventuell mit vor der Sanierung vorherrschenden bauphysikalischen Einflüssen auf die Holzunterkonstruktion des Daches zusammenhängt, kann freilich nicht genau gesagt werden. Fest steht: Für die Flaschnerei Stelzer war das vorhandene Gerichtsgutachten die eindeutige Bestätigung, die Spenglerarbeiten fachgerecht ausgeführt zu haben und somit nicht verantwortlich für den entstandenen Sturmschaden an dem Metalldach zu sein. Zum zweiten Mal hat sich innerhalb weniger Monate bewahrheitet, dass eine Ausführung entsprechend den ZVSHK-Klempnerfachregeln überaus wichtig ist!

Bis demnächst und haben Sie eine gute Zeit.

Ihr Peter Stelzer

Das Kupferdach wurde vom Sturm ­regelrecht aufgerollt. Zum Glück ­wurde niemand dabei verletzt

Bild: Stelzer

Das Kupferdach wurde vom Sturm ­regelrecht aufgerollt. Zum Glück ­wurde niemand dabei verletzt
Korrodierte Nägel der Holzschalung waren für diesen Schaden mitverantwortlich

Bild: Stelzer

Korrodierte Nägel der Holzschalung waren für diesen Schaden mitverantwortlich
Erste Fassung der Fachregeln für das Klempnerhandwerk, März 1979

Bild: ZVSHK

Erste Fassung der Fachregeln für das Klempnerhandwerk, März 1979
Auszug aus dem Gerichtsgutachten von 1985

Bild: Stelzer

Auszug aus dem Gerichtsgutachten von 1985
Sanierungsvorschlag des damaligen Sachverständigen in Abstimmung mit einem Bauphysiker

Bild: Stelzer

Sanierungsvorschlag des damaligen Sachverständigen in Abstimmung mit einem Bauphysiker
Dacharbeiten im Winter 1980/81: zu sehen Flaschnermeister Karl Drechsler † sowie Firmeninhaber und Flaschnermeister Wolfgang Stelzer †

Bild: Stelzer

Dacharbeiten im Winter 1980/81: zu sehen Flaschnermeister Karl Drechsler † sowie Firmeninhaber und Flaschnermeister Wolfgang Stelzer †
Bauteilöffnung im Jahr 1985 beim Ortstermin des Sachverständigen zur Tatsachenfeststellung. So wird auch heute noch vorgegangen

Bild: Stelzer

Bauteilöffnung im Jahr 1985 beim Ortstermin des Sachverständigen zur Tatsachenfeststellung. So wird auch heute noch vorgegangen
Die Dampfsperre soll seitlich an die bestehenden Sparren geführt werden

Bild: Markus Steffens, Kalzip GmbH

Die Dampfsperre soll seitlich an die bestehenden Sparren geführt werden
Die Sanierung von innen erforderte die komplette Einrüstung des Hallenbades bis zur Decke

Bild: Stelzer

Die Sanierung von innen erforderte die komplette Einrüstung des Hallenbades bis zur Decke
Beginn des Unheils: Am Pultfirst haben korrodierte Nägel der Dachschalung den Windsogkräften nicht standgehalten. Dem aufmerksamen ­Leser wird auffallen, dass hier die Schalungsbretter ­parallel zum Falzverlauf angebracht wurden. Dazu war in den Fachregeln damals nichts vermerkt. Heute ist diese Anordnung der Schalungsbretter nicht mehr zulässig

Bild: Stelzer

Beginn des Unheils: Am Pultfirst haben korrodierte Nägel der Dachschalung den Windsogkräften nicht standgehalten. Dem aufmerksamen ­Leser wird auffallen, dass hier die Schalungsbretter ­parallel zum Falzverlauf angebracht wurden. Dazu war in den Fachregeln damals nichts vermerkt. Heute ist diese Anordnung der Schalungsbretter nicht mehr zulässig
Am Pultfirst löste sich durch Windsogkräfte die Dachschalung. In der Folge wickelte sich dann die Kupfereindeckung wie bei einer Sardinenbüchse bis zum oberen Aufschiebling ein

Bild: Stelzer

Am Pultfirst löste sich durch Windsogkräfte die Dachschalung. In der Folge wickelte sich dann die Kupfereindeckung wie bei einer Sardinenbüchse bis zum oberen Aufschiebling ein

Info

Tipps vom Experten

  • Das Klima in Hallenbädern ist für Korrosionsvorgänge förderlich.
  • Den Auftraggeber im Bedarfsfall auf entsprechende Umstände hinweisen, um Folgeschäden auszuschließen.
  • Unbedingt einen Bauphysiker in die Planung einbinden.
  • Der Spengler muss die Planung sorgfältig prüfen und gegebenenfalls Bedenken anmelden.
  • Sollte der ausführende Fachbetrieb Zweifel an der Planung haben, die nicht ausgeräumt werden können, ist es ratsam, lieber auf den Auftrag zu verzichten.
  • Peter Stelzer ist Flaschner-, Gas- und Wasser-Installateurmeister sowie ö. b. u. v. Sachverständiger für Klempnerarbeiten. Darüber hinaus engagiert er sich im Fachverband SHK BW als Obmann des technischen Ausschusses Klempner.

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