Ende der 1990er Jahre wurde von der damaligen Firma Hoogovens Bausysteme GmbH (heute Kalzip GmbH) in Zusammenarbeit mit der F&E Abteilung des Mutterkonzerns in IJmuiden und eines Schwesterunternehmens in Trier ein Verfahren entwickelt, mit dem es möglich ist, Aluminium großtechnisch zu verzinken. Ausschlaggebend für diese aus korrosionstechnischer Sicht sicherlich nicht relevante Veredelung war eine vorangegangene Architektenbefragung. Daraus hatte sich ergeben, dass die neue Generation von Architekten eine „lebende Oberflächenanmutung“ bevorzugt. Darunter versteht man eine Oberfläche, die sich mit der Zeit und fortschreitender Bewitterung optisch verändert, wie es die klassischen Metalle Kupfer und Zink nun mal seit Jahrhunderten tun. Das noch junge Metall Aluminium verlöre zwar mit der Zeit ebenfalls seinen Glanz und werde etwas grauer, aber das sei noch zu statisch.
Korrosionsbeständige und lebendige Oberfläche
Bei der Markteinführung einer bis dato absolut unbekannten Werkstoffkombination wie zinküberzogenes Aluminium erheben sich natürlich zahlreiche Fragen. Beispielsweise wie lange der nur wenige Mikrometer messende Metallüberzug auf dem Trägermaterial hält, oder ob das „blanke, hell glänzende“ Aluminium eines Tages zum Vorschein kommt? Immerhin stand zu hoffen, dass nach dem eventuellen Abwittern der Zinkschicht das Aluminium an der Oberfläche erscheinen würde und dann keine Korrosion zu befürchten wäre, weil als Basis so genannte „seewasserfeste“ Aluminiumlegierungen verwendet werden. Diese Schreckensszenario „Zink weg, Oberfläche hell glänzendes Aluminium“ wurde zwar öfter angefragt, aber es war, und es ist auch weiterhin, durch nichts begründet: Metallurgische Untersuchen hatten bereits bei der Entwicklung des Verzinkungsverfahrens ergeben, dass sich während der Elektrolyse aufgrund einer elektrochemischen Reaktion zwischen beiden Metallen eine legierungsähnliche Zwischenschicht bildet, die das edle Aussehen von Zink hat, sich aber korrosionstechnisch widerstandsfähig verhält wie Aluminium. Diese Zwischenschicht sorgt dafür, dass unter Witterungseinwirkungen niemals blankes Aluminium zum Vorschein kommt, d.h. die Oberfläche behält auch langzeitig ihre Zinkanmutung. Gleichwohl besteht die Oberfläche aus metallischem Zink und hat damit weiterhin ihr „lebendes“ Aussehen, wie dies von den Architekten gefordert wird.
Etablierter Werkstoff mit entscheidenden Produktvorteilen
Nach umfangreichen Untersuchungen und metallkundlichen Bemühungen entstand das heute im Markt für Dachdeckungen und Wandbekleidungen bekannte Alu-Plus-Zinc für selbsttragende industriell hergestellte Stehfalz-Profiltafeln wie Kalzip. Für Dachdeckungen und Fassadenbekleidungen in traditioneller Klempnertechnik wurde der neue Werkstoff unter dem Markennamen Falzinc in den Markt eingeführt.
Das Herstellungsverfahren ist einzigartig in der Welt und natürlich patentrechtlich geschützt. In einem aufwendigen Prozess durchläuft das Aluminiumband zahlreiche Bäder, in denen zuerst die Oberfläche gereinigt, dann das äußerst widerstandsfähige Aluminiumoxid aufgebrochen wird. Daran schließt sich die eigentliche Applikation des metallischen Zink in einem elektrolytischen Verfahren an, gefolgt von der Nachbereitung zur Einstellung des Grautons. Erste Untersuchungen über das Korrosionsverhalten der verzinkten Aluminiumoberflächen zeigen die erwartete Widerstandsfähigkeit: Sowohl in sogenannten HCT-Versuchen (Salzsprühtests mit erhöhter Ionenkonzentration) als auch in zyklischen Kondenswasserversuchen nach DIN 50017 „Klimate und ihre technische Anwendung – Kondenswasser-Prüfklimate“ war der Abtrag nahezu vernachlässigbar. Gleichzeitig wurden in der äußerst aggressiven Atmosphäre des Hoogovens-Stahlwerks an der Nordseeküste in IJmuiden die ersten Freibewitterungsproben ausgelegt, um das Verhalten auch unter dieser Belastung abschätzen zu können.
Versuchsreihe
Kurzzeitige Korrosionsversuche sind auf Zerstörung ausgelegt, der Forscher erfährt durch den Versuch meist nur, was von seinem Prüfkörper hinterher noch übrig ist. Eine Korrelation zu einer Aussage, wie lange eine Oberfläche unter natürlichen Witterungsverhältnissen welches Aussehen hat, ist nur sehr eingeschränkt bis gar nicht herzustellen. Das hat besonders mit der Unkenntnis der tatsächlichen Einwirkungen und der daraus resultierenden Schwierigkeiten ihrer Simulation zu tun. Deshalb sind Fragen von Bauherren und Architekten nach dem künftigen Aussehen einer Metalloberfläche, z.B. in den nächsten fünf oder zehn Jahren, ziemlich unsinnig und nur sehr vage zu beantworten. Es sei denn, die Fragesteller können die Anzahl der Regentage, mit und ohne Wind, die vorherrschende Windrichtung, den pH-Wert der Luft und des Regens, den Anteil von Staub- und Sand im Regen, den Grad der Abschattung und noch einige andere Einflussparameter voraussagen.
Aluminiumtypisches Handling und Bewitterungsverhalten
Allerdings müssen die Profiltafeln beim Transport zur Baustelle und beim Verarbeiten dort entsprechend sorgfältig behandelt werden, wie alle Profiltafeln mit blanken Metalloberflächen. Auf einer Baustelle im westlichen Ausland wurde folgende Lagersituation vorgefunden: Profiltafeln aus Alu-Plus-Zinc lagen in feuchtem Kies mit Wasserpfützen, wobei die kurzen Tafeln mit ihrem einen Ende in den Kies gesteckt worden waren und sich die langen Tafeln teilweise auf sowie unter dem Kies befanden. Beides stellt auch für blankes Aluminium nicht die erforderliche fachgerechte Lagerung dar. Auf Vorhaltungen versicherte das Baustellenpersonal, die Aluminium-Profiltafeln meistens derart auf der Baustelle zu lagern, sie würden ja nicht rosten und wären hinterher auf dem Dach ohnehin nicht mehr zu sehen. Eine solche Ansicht ist bei keinem Dachbaustoff zu dulden!
Der Aufbau der einzelnen Schichten der Verzinkung, vom Basiswerkstoff aus Aluminium bis zur Außenhaut aus Zink, war durch die metallurgischen Untersuchungen genau bekannt, das Verhalten unter Bewitterung also vorhersehbar. Die Korrosionsbeständigkeit war durch die Salzsprüh- und Kondenswassertests ebenfalls bestätigt worden. Trotzdem sollte durch umfangreiche Langzeituntersuchungen unter natürlichen Bedingungen der wissenschaftliche Ansatz der Metallkundler hinsichtlich des Bewitterungsverhaltens verifiziert werden. Aus diesem Grund wurde bereits zu Beginn der praktischen Anwendung im Jahr 2002 eine Vielzahl von Proben unter Freibewitterung in der Industrieatmosphäre des östlichen Ruhrgebietes (Dortmund) ausgelagert. Sie werden seither jedes Jahr untersucht, und es wird der Zustand ihrer Oberfläche dokumentiert und interpretiert. Für diese Aufgabe wurde das in Metallkreisen bekannte, renommierte Institut „Zinkberatung und Ingenieurdienste“ in Düsseldorf beauftragt.
Die letzte Untersuchung datiert vom November vergangenen Jahres und zeigt das Ergebnis nach 84 Monaten Auslagerung in Industrieatmosphäre (Bild 3). Dem Vorbericht ist zu entnehmen, daß auf der Oberfläche „makroskopisch noch alles nahezu unverändert aussehe“, abgesehen von einigen neu hinzugekommenen Stahlpartikeln, die wohl der Industrieatmosphäre des Standortes Dortmund angelastet werden müssen. Während die metallische Zinkschicht von Anbeginn der Bewitterung nahezu kontinuierlich abgetragen wird, wächst die Gesamtdicke des Überzugs fast spiegelbildlich dazu an. Nach etwa fünf Jahren beruhigen sich beide Vorgänge und stabilisieren sich. Die metallische Zinkschicht hat sich in einen Überzug aus fest anhaftenden und passivierend wirkenden Mischkorrosionsprodukten umgewandelt. Dieser war zeitweilig dicker als die originäre Zinkschicht und pendelte sich mittlerweile auf deren Dicke ein. Seine Abtragsrate wird sich asymptotisch einer Horizontalen nähern, weil sich die Abtragsgeschwindigkeit gegenüber dem Vorjahr deutlich – um den Faktor 6 – verlangsamt hat und sich nur noch im Bereich von wenigen hundertstel Mikrometern pro Jahr bewegt. Dieser Wert ist eher typisch für Aluminium und korreliert mit anderen Untersuchungen, z.B. mit denen von Dr. Faller von der EMPA in Dübendorf. Der Untersuchungsbericht der Zinkberatung spricht im vorliegenden Fall von einer „Einpendelung“ bei einer konstanten Schichtdicke. Wie aus den brachialen Kurzzeituntersuchungen (HCT-Salzsprühtests und zyklischen Kondenswasserversuchen) zu Beginn der Entwicklung der Aluminium-Verzinkung geschlussfolgert, verhindert die Zwischenschicht zwar nicht den Abtrag des metallischen Zink, was auch nicht möglich wäre, aber sie bildet aus ihm eine äußerst widerstandsfähige Oberfläche mit dem Aussehen und Bewitterungsverhalten von Zink.
Hohe Flexibilität, Beständigkeit und Langlebigkeit für eine nachhaltige Bauweise
Mit diesen Eigenschaften war auch die Amsterdamer Architektenschaft zu über-zeugen, ihr „Architectuurcentrum Amsterdam (ARCAM)“ auf zwei Wandseiten mit dem Werkstoff zu bekleiden und das Dach damit zu decken. Das relativ kleine Gebäude – das Dach und die zwei Wände ergeben gerade mal eine Fläche von 600 m2 – hat eine ziemlich komplizierte Form, um es mit Profiltafeln aus Metall zu bekleiden. So war es beispielsweise aus verlegetechnischen Gründen notwendig, die Materialfestigkeiten der Kalzip Profiltafeln derart zu variieren, damit sie in den geforderten Biegeradien beulenfrei eingebaut werden konnten. Das Gebäude steht seit über fünf Jahren unmittelbar am Wasser, die Verzinkung „lebt“ und verändert mit zunehmendem Lebensalter die Anmutung.
Was für die Produkte von Kalzip gilt, gilt auch für Falzinc, die Werkstoffvariante für handwerklich hergestellte Falzdächer. Hier ist – außer der Materialfestigkeit – lediglich die Legierung des Aluminiumuntergrundes leicht verschieden. Aus umformtechnischen Gründen kommt statt EN AW-3004 (AlMn1Mg1) die Legierung EN AW-3105 (AlMn0,5Mg0,5) zum Einsatz. Hierbei handelt es sich ebenfalls eine „seewasserfeste“ Legierung mit sehr gutem Witterungsverhalten. Nach dem Bauboom in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sind Neubauten von Kirchen in letzter Zeit etwas seltener geworden – das gilt besonders auch für evangelische Kirchen in Bayern. So ist es umso erfreulicher, daß im vergangenen Jahr die Kirche Maria-Magdalena in Regensburg mit einem Falzinc-Dach eingeweiht werden konnte.
Gelungene Synthese zweier Werkstoffe
Das ambitionierte Vorhaben, eine Oberfläche zu entwickeln, in der die positiven Eigenschaften zweier bewährter Baumetalle miteinander kombiniert werden sollen, ist auch aus der Sicht seiner langzeitigen Betrachtung gelungen. Die Zinkschicht sorgt für das Aussehen, also für die edle und sich unter Bewitterung ändernde Anmutung, die Zwischenschicht aus Mischprodukten zum Aluminium für die Langlebigkeit, also den Korrosionswiderstand.
Autor
Dipl.-Ing. Karlfriedrich Fick ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger und war Leiter des Bereiches Technologie bei Kalzip in Koblenz.