So viel vorab: Die Berichterstattung über den Schweizer Spenglertag ist seit Jahren fester BAUMETALL-Bestandteil. Die perfekte Organisation des Branchentreffens sowie die Qualität der weitergegebenen Fachinformationen locken von Mal zu Mal mehr Fachleute nach Bern. Der Trend der zurückliegenden Veranstaltungen setzt sich 2015 fort, denn mit mehr als 650 Tagungsteilnehmern verzeichnen die Veranstalter einen neuen Rekord. Die hohen Erwartungen der Fachbesucher wurden auch in diesem Jahr erfüllt. Ergänzend zu den erstklassigen Referaten sorgten zahlreiche Aussteller aus Industrie, Handel und Handwerk im Rahmen der integrierten Informationsbörse für greifbare Wissensvermittlung. Das breit gefächerte Veranstaltungsangebot wurde erneut durch die unterhaltsame Moderation der 1995 zur Miss Schweiz gewählten Stéphanie Berger aufgelockert.
Kennen, Können, Zukunft gestalten
Bern, 4. März 2015, 9.00 Uhr: Dem griffigen Motto entsprechend und mit Schweizer Pünktlichkeit eröffnet Benno Lees (Suissetec-Fachbereichspräsident Spengler/Gebäudehülle) den 13. Suissetec-Spenglertag. Kurz, sachlich und fokussiert stimmt er die Teilnehmer ebenso rasant auf den Tagungsmarathon ein wie die nur fünf Minuten später auf das Podium tretende Moderatorin Stéphanie Berger. Die sich anschließende Grußbotschaft des Suissetec-Zentralpräsidenten Daniel Huser gibt Aufschluss über die guten Rahmenbedingungen, welche der Verband der Schweizer Gebäudetechniker etwa mit Blick auf die aktuelle Energiepolitik für seine Mitglieder schafft. Ferner weist Daniel Huser auf das wertvollste Kapital der Fachbetriebe hin – die Mitarbeiter.
Der erste von insgesamt elf Referenten ist Marcel Venzin. Der Fachbereichsvorstand Spengler/Gebäudehülle stellt die neue Richtlinie und eine Web-App zur Dachentwässerung vor. Linus Kraus (Fachgruppe Spengler/Blitzschutz) ergänzt das vorgestellte Regelwerk mit praktischen Beispielen. Dazu nimmt er kritische Türschwellenanschlüsse oder Lage und Position von Notüberläufen genau unter die fachmännische Lupe. Beide Referenten verweisen auf die dringliche Notwendigkeit, Dachentwässerungsanlagen regelmäßig zu warten. Ferner stellen sie fest, dass auf allen Dächern nur ausgebildete Fachkräfte zufriedenstellende Ergebnisse liefern können.
Haft- und Schneefang-Berechnung
Die Vorstellung der neuen Suissetec-Wegleitung zur Norm SIA 232/1 und 232/2 zog die Zuhörer in ihren Bann. Claudio Cristina (Vizepräsident des Fachbereichsvorstands Spengler/Gebäudehülle, iib-Vorstand und Mitglied der D.A.CH.S.-Gruppe) schildert detailliert, worauf Fachleute zu achten haben. Dabei geht er unter anderem auf die Bereiche Unterkonstruktion, Trennlage, Luftdichtung, Wärmedämmung oder Unterdach ein. Aber auch die Anordnung von Quer- und Längsfalzen an Stehfalzdächern skizziert er im Detail. Cristina weist beispielsweise darauf hin, dass der sogenannte Klempnerversatz bei unsachgemäßer Haftanordnung massive Probleme bei der Materialausdehnung verursachen kann. Demzufolge ist bei versetzter Querfalzanordnung einzig der Winkelfalz geeignet.
Die Fassadennorm SIA 232/2 betreffend stellt der versierte Fachmann unterschiedliche Anforderungen an Baukonstruktionen sowie entsprechend zu beachtende Arbeitssicherheitsmaßnahmen vor. Er beschreibt unter anderem verschiedene Verankerungsuntergründe, die Luftdichtung und geeignete Unterkonstruktionen für Metallfassaden. Großes Augenmerk legt Cristina dabei auf wärmebrückenfreie Konstruktionen. Ergänzend zur vorgestellten Normen-Neufassung macht Claudio Cristina auch auf die neue Wegleitung zur Haft- und Schneefangberechnung aufmerksam. Eine ergänzend verfügbare Web-Applikation erleichtert die diesbezügliche Dimensionierung von Scharbreiten und Haftabständen beziehungsweise die Bestimmung entsprechender Tragwiderstände.
Sicher oben bleiben
Dem Planen von Absturzsicherungen auf Dächern widmet Martin Graf (Suva) volle Aufmerksamkeit. Er spricht über die technische Mindestausstattung von Dächern sowie die Planung und Ausführung entsprechender Sicherungseinrichtungen. Ferner stellt er diverse Seil- und Schienensysteme, Rückhaltesysteme sowie unterschiedliche Seitenschutz- und Netzlösungen vor. Mit eindrucksvollen Bildern sensibilisiert er die Zuhörer und appelliert, bei mangelhaften Absturzsicherungs-Systemen die Arbeiten zu verweigern. Wichtig ist darüber hinaus, die Mitarbeiter regelmäßig über gültige Sicherheitsbestimmungen zu informieren und die Unterweisungen entsprechend zu dokumentieren.
Abwechslungsreiche Referate
Metallkünstler und Spengler Heinz Bussinger (Steel-Dreams) stellt außergewöhnliche Kunstobjekte aus Metall vor. Er spricht über Motorradmodelle aus Metall und darüber, wie er seine Fingerfertigkeit ständig weiterentwickelt. Roger Oberholzer (Strategy Director, Notch Interactive) macht im Anschluss Lust auf Online-Marketing. Der Internetexperte erklärt, wie Kunden online gefunden werden können und worauf Unternehmer dabei zu achten haben. Intuitiv alles richtig machen die Fachleute der Scherrer Metec AG, doch damit nicht genug: Beat Conrad (Geschäftsleitung Scherrer Metec AG) zeigt auf, dass es nicht genügt „nur“ eine gute Arbeit abzuliefern. Über die gelungene Ausführung zu sprechen ist seiner Meinung nach mindestens ebenso wichtig, weil nur dann lukrative Folgeaufträge generiert werden können.
Natürlich darf auf einem Spenglertag die Präsentation gelungener Spenglerarbeiten nicht fehlen. Diese Aufgabe übernimmt Dr. med. vet. Alex Rübel (Zoodirektor Zoo Zürich) mit seinem Bericht über die Entstehung des Elefantenparks Kaeng Krachan im Zoo Zürich. Ergänzend dazu schilderten Michael Torriani und Hans Meier (Preisig AG), welche technischen Herausforderungen beim Bau der Elefantenhalle und der Montage des Foliendaches zu erfüllen waren.
Dipl.-Architekt Hans Stoller wechselte mit seinem Referat über die Vermeidung von Streitigkeiten das Thema. Dabei betonte er, wie wichtig es ist, gültige Normen und Regelwerke zu kennen. Dr. Stephan Brenneisen (Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften) und Patrick Wickli (Fachbereichsvorstand Spengler/Gebäudehülle) informieren über begrünte Flachdächer gemäß SIA-Norm 312. Dabei stellt Wickli fest, dass es zunehmend zu Bauherren-Reklamationen aufgrund zu hohen Bewuchses kommt.
Wie dicht sind eigentlich Falzkonstruktionen?
Angesichts der anhaltenden Debatte um saugende Stehfalze erhält Benno Lees mit seinem Fachvortrag „Kapillarer Wassereintrag bei Falzkonstruktionen“ besondere Aufmerksamkeit. Der Präsident und Fachbereichsvorstand Spengler/Gebäudehülle verweist auf unterschiedliche Quellen, wonach sich Meldungen von undichten Doppelstehfalzdächern aus verzinntem Edelstahl häufen. Laut Lees steht die internationale D.A.CH.S.-Gruppe seit geraumer Zeit in engem Austausch über mögliche technische Probleme. Ferner weist der Gebäudehüllenexperte auf eine Testreihe hin, wonach praktisch alle geprüften Stehfalzsysteme aus unterschiedlichen Metallen die Grenzwerte eingehalten haben. „Nur ein Material bereitet uns einige Sorgen, der verzinnte Edelstahl“, sagte Lees. Bei den Versuchen wurde demnach deutlich, dass sich verzinnter Edelstahl in unbewittertem Zustand anders verhält als dasselbe Material nach fünfjähriger Bewitterung. Die Darstellung aller Ursachen würde jedoch den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Ein gesonderter Fachaufsatz folgt daher zeitnah.
Eine Bühne für den Nachwuchs
Der Spenglertag bietet mit dem beliebten Kreativ-Wettbewerb auch für den Spengler-Nachwuchs eine große Chance. Zahlreiche Auszubildende hatten vor der Veranstaltung ihre Arbeitsskizzen zum Thema „Spengler abstrakt – unerwartete Gestaltung mit Blech“ eingereicht. Eine Fachjury wählte die besten Vorschläge im Vorfeld aus und lud die jungen Talente ein, ihre Arbeiten im Rahmen des Spenglertages der Fachwelt zu präsentieren. Zu sehen waren beispielsweise zwei detailgetreue kupferne Greifvögel, eine aus Kupfer gefertigte Espressomaschine, ein Kupferschlagzeug, ein Kupferschirm oder ein Motocross-Motorradhelm aus Metall. Yannick van't Veer aus Bubikon (Ausbildungsbetrieb Venzin AG, Uetikon am See) gewann den Kreativ-Wettbewerb mit seiner modernen Kupfer-Skulptur „Mann im Mond“.
Fazit
Der Schweizer Spenglertag erweist sich erneut als Top-Veranstaltung der Szene. Das abwechslungsreiche Fachprogramm und die damit verbundene Informationsfülle machen den Besuch auch in der 13. Auflage überaus lohnenswert. Dass zunehmend auch Teilnehmer aus dem benachbarten Ausland den Weg nach Bern auf sich nehmen, bestätigt dies eindrucksvoll.