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Monolith mit Nadelstreifen

Elegant und edel sind auch die Details gearbeitet, etwa die metallbekleideten Stirnseiten, die den homogenen, monolithischen Charakter des Gebäudes noch unterstreichen. Das Gebäude ist ein länglicher Zweckbau mit Werkstätten, Lagerflächen, vier zum Hang gestaffelten Bürogeschossen und einem gegenüberstehendem Lagertrakt. Mit Ausnahme des betonierten Kerns mit Treppenhäusern und Tragstrukturen besteht der gesamte Baukörper aus vorgefertigten Holzelementen. Dennoch wirkt der Zweckbau wie ein Solitär, jenseits der Alltagsarchitektur. Das ist der Effekt der ebenso schützenden wie dauerhaften Kupferhülle. Die absolut ikonenartige, ganzheitliche Umsetzung einer allseitig umfassenden Hülle ohne Trennung zwischen Dach und Fassade ist nur mit Metall möglich. Ob Flächen, Kanten, Abschlüsse, Untersicht – die Ästhetik ist aus jedem Blickwinkel homogen. Die für Dächer und Fassaden verwendeten Kupferelemente greifen ohne Einschränkungen die architektonische Formensprache auf. Sie schmiegen sich den planen oder leicht gewölbten Flächen an, bilden weiche oder harte Kanten, verstärken durch eigene Strukturen den Charakter der Fassade. Die Strenge des Konzepts schafft Freiraum für das Spiel mit dem Licht. Die grün patinierten Oberflächen sind bewusst lebendig gehalten. Am augenfälligsten wird dies an den beiden Stirnseiten. Während die Dach- und Fassadenelemente maschinell und somit gleichmäßig patiniert sind, zeigen die großformatigen Bekleidungen der Stirnseiten lebendige, weil manuell patinierte Oberflächen.

Jedes Objekt ist ein Prototyp

So individuell wie sich Konzept und Struktur des Gebäudes an den Bedürfnissen orientieren, so individuell ist auch die Lösung für die Metallhülle. Der Spengler betritt bei der Umsetzung solcher Projekte absolutes Neuland. Diesen Prototypen nähert er sich mit Recherche, Planung und Vorstudien an. Die Architekten lassen für die Planung zuerst ein 1:1-Musterelement anfertigen. Es enthält alle kritischen Bereiche wie Front- und Seitenfassade, Eckelemente, Dachkanten, Falze, Fensterbank und Unterkanten. Am Muster werden die Verbindungstechniken bestimmt und die optische Wirkung beurteilt. Auf diese Art kann sich die Bauherrschaft ein Bild machen und Entscheidungen treffen. Und die Architekten haben die Sicherheit, dass ihre Intentionen wie gewünscht umgesetzt werden.

Musterelemente dienen als exakte Vorlage für die Bauausführung. Die Teile werden vermaßt und in CAD-Konstruktionsdaten übersetzt. Auch die Fensterausschnitte mit dem bündig zum Falz laufenden Futter und der eingepassten Fensterbank sowie verdeckten Lüftungsöffnungen verlangen Maßarbeit, die zunächst am Muster ausprobiert werden muß, bevor man sie zeichnet. Um die gewünschte Gleichmäßigkeit der Fassade zu erreichen ist die Anwendung industrieller Serienfertigung zwingend erforderlich. Dabei müssen für jedes Teil entsprechende CAD-Daten vorliegen, denn nur dann lassen sich die Stanzmaschinen steuern.

Programmierte Teilefertigung

Rund 5000 Kupferprofile (das sind etwa 40 t) der Qualität Tecu Patina 0,7 mm bekleiden die 4500 m² große Fläche – soweit die nackten Zahlen dieses Spengler-Auftrags. Die beiden Muster zeigen die teilweise komplizierten Formen mit mehrfachen Falzkanten und Stecklaschen. Insgesamt 69 verschiedene Teile sind im CAD erfasst und ebenso viele Stanzwerkzeuge vorhanden. Für die Bearbeitung der bis zu 3 m langen Bauteile investiert Scherrer Metec in eine hochmoderne Stanzmaschine. Sie stanzt Innen- und Außenkonturen in Laser-Qualität. Dabei wechselt sie die Werkzeuge automatisch, sodass jedes Bauteil komplett zugeschnitten die Maschine verlässt.

Danach folgen weitere Arbeitsgänge mit der Abkantpresse. In Großproduktion entstehen etwa 5000 Stanz- und Formteile: Paneele für Dächer und Fassaden, Blenden, Kanten, Simse, Rinnen. Die Produktion derart hoher Stückzahlen ist manuell gar nicht möglich, jedenfalls nicht zu vertretbaren Kosten und schon gar nicht mit dieser Präzision. Um die Dichtigkeit der langen Kupferelemente der Dach- und Fassadenflächen zu gewährleisten, werden die Paneele auch vertikal miteinander verbunden. Dazu wird die Patina an den Verbindungsstellen wieder abgeschliffen und auf den blanken Kupferflächen werden Metallstreifen aufgelötet. In diese Laschen wird bei der Montage die nächste Bahn eingehängt.

Feinarbeit im Detail: die Hinterlüftung

Wichtig ist die ungehinderte Luftzirkulation zwischen Metallfassade und Baukörper. Sie führt Wärme und Feuchtigkeit ab, hält die Bausubstanz trocken und das Raumklima gesund. Um den optisch geschlossenen Übergang von der Fassade zum Dach nicht durch Schlitze oder Absätze zu unterbrechen, sind in den Fassadenelemente der beiden oberen Stockwerke Lochreihen eingestanzt. Sie weisen dasselbe Raster wie die Fensterblenden auf und sehen umwerfend gut aus. Hinterlüftungsebene der Südfassade erstreckt sich über Fassaden und Dachschrägen über das dritten Obergeschoss bis hin zur Lüftungsöffnung am First. Nordseitig bildet das Lüftungsraster am Dachgeschoss den höchsten Punkt. Wo Einbauten die Zirkulation unterbinden, beispielsweise bei Fenstern, sind zusätzliche verdeckte Lüftungsöffnungen unter den Fensterbänken eingebaut.

Damit durch die Lochblenden der Entlüftungen kein Regenwasser eindringen kann, wurde rückseitig die Patina abgeschliffen und ein Auffangbehälter aus Kupfer angelötet. Aus ihm fließt das durch die Lochblende eingedrungene Wasser auf dem selben Weg wieder nach außen. Fliegengitter verhindern, dass sich Insekten in den Lüftungshohlräumen ansiedeln können.

Maßanzug aus Spenglerhand

Immer wieder beweisen Spengler, dass sie in der Lage sind, konzeptionelle Einzelanfertigungen herzustellen. Diese auf das jeweilige Bauvorhaben abgestimmten Sonderanfertigungen belegen eindrucksvoll, dass der Spengler weit mehr beherrscht als die bloße Montage vorgefertigter Massenbauteile. Im Gegenteil: Fast ­jeder Auftrag wird behandelt, als erhielte er einen Maßanzug aus Metall.

Beat Scherrer, Scherrer Metec AG, Zürich

BAUTAFEL

Projekt: Betriebsgebäude IBB, Brugg

Bauherrschaft: IBB Strom AG, Brugg

Architektur, Liechti Graf Zumsteg / Walker, Brugg Bauleitung:

Holzbau-Ingenieure: Makiol + Wiederkehr, Beinwil am See

Spenglerfachbetrieb: Scherrer Metec AG, Zürich

Umfang: Metallverkleidung Fassaden und Dach; Konstruktion mit umlaufenden Falzen, Hinterlüftung, Fensterverkleidungen, Seitenblenden, Entwässerung, Blitzschutzanlage; CAD-Konstruktion und maschinelle Serienfertigung der Blechteile

Online Extra

Dieser Beitrag wird durch frei zugängliche Abbildungen und zusätzliche Texte ergänzt. Entsprechende Zusatzinformationen stehen ab sofort in der Online-Rubrik BAUMETALL-Extra zum Download bereit.

https://www.baumetall.de/

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