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Metallumhülltes Auditorium auf dem “Home of FIFA“

Das Raumschiff auf dem Dach

Selbst aus der Nähe betrachtet scheint das „Home of Fifa“, der neue Hauptsitz des Weltfußballverbandes, noch zu schweben. Der 134 x 41 x 12 m messende Monolith ruht auf dem allseitig um 5 m zurückgesetzten Erdgeschoss und den darunter liegenden fünf Untergeschossen. Ein bahnenweise gespanntes Aluminiumgewebe verhüllt den Baukörper, spielt mit dem wechselnden Licht der Umgebung, schattet nach innen ab, ohne die Aussicht zu behindern. Der aluminiumbekleidete Baukörper liegt inmitten von Bewegungs- und Trainingsplätzen in direkter Nachbarschaft der Parkanlagen auf dem Züricher Adlisberg. Das Gebäude gliedert sich in den Bürotrakt und einen öffentlich-repräsentativen Kopfteil. Dort befinden sich die Eingangshalle, das Auditorium und Besprechungsräume.

Die extravagante Gebäudehülle des „Home of Fifa“ imponiert ebenso wie dessen innere Qualitäten, beispielsweise das 250 Personen fassende Auditorium. Als rundum mit Metall bekleideter, geschlossener Baukörper liegt es wie ein schräg eingesunkenes Raumschiff auf dem westlichen Dach. Seine untere Hälfte ragt in die darunterliegende Eingangshalle hinein und bildet deren Decke. Schuppenartige Abstufungen und beidseitige Dachfenster unterstreichen die Wirkung des solitären Raumkörpers auf dem Dach.

Tanzende Wände

Bei genauer Betrachtung wird aus dem aluminiumbekleideten Quader ein allseits abgeschrägter Körper. Rechte Winkel sucht man vergebens. In allen Dimensionen verjüngen oder verbreitern sich die Linien und deren zueinander gehörende Winkel verändern sich ständig. Auf diese Weise wird das, von der Bündner Architektin Tilla Theus als Konzept „der tanzenden Wände“ bezeichnete Design zwar greifbar, überfordert jedoch gleichzeitig das Vorstellungsvermögen. Selbst 3D-Programme helfen bei der Fassadenkonstruktion kaum weiter, da kein Fassadenbauteil dem Anderen gleicht.

Basis für den „tanzenden“ Baukörper bildet eine, mit Beton ausgefachte Stahlkonstruktion. Die darauf befestigte Unterkonstruktion fixiert die Isolierung ebenso sicher, wie die Aluminiumhaut der Fassade. Diese Metallhülle bekleidet Kanten, Schrägen und Schuppenbahnen des markanten Baukörpers und erfüllt gleichzeitig Voraussetzungen für das Nullenergiekon-zept des Gebäudes. Funktionelle Aufgaben wie Belüftung und Regenwasserabführung sind unsichtbar integriert. Auch die Schnittstellen zwischen Auditorium und Dach sowie die beidseitigen Dachfenster sind zuverlässig abgedichtet und isoliert.

Bemusterung und Aufmass

Von den kritischen Bereichen erstellen die Scherrer-Metec-Spezialisten Muster in Originalgröße. In der Werkstatt entsteht eine 1:1-Ecklösung, die von allen Beteiligten begutachtet wird. Dabei können wertvolle Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie die Fassadenteile zu formen und miteinander zu verbinden sind. Mehrmals werden Details optimiert, bis das Ergebnis funktionell und optisch überzeugt. Für die außen liegenden Dach- und Seitenbekleidungen ist 3 mm starkes natur-eloxiertes Aluminium vorgesehen.

Erst als das Auditorium im Rohbau steht, kann mit der Detailplanung begonnen werden. Zwar geben Baupläne alle Maße für die Winkel und Schuppen vor, aber als Grundlage für die millimeter-genaue Vorfertigung genügen sie nicht. Deshalb wird der Rohbau zunächst vermessen. Für Längs- und Stirnseiten werden senkrechte Bezugslinien festgelegt, wobei senkrecht nicht lotrecht bedeutet, weil der Baukörper geneigt im Dach liegt. Als Referenzlinien dienen mittig gespannte Seile, welche die Montage der einzelnen Bahnen mit kontinuierlich angepassten Winkeln in Richtung Eckbereich ermöglichen. Schritt für Schritt wird ein Bauteil nach dem Anderen gefertigt, nummeriert und anschließend montiert.

Während der Bauzeit herrschen winterliche Bedingungen mit starken Westwinden, was das Hantieren mit den teilweise sehr großen Bauteilen erschwert. Mit dem fortschreitenden Ausbau entfaltet sich das architektonische Konzept immer wirkungsvoller. Auch im Inneren kann man sich der Faszination der Metalldecke nicht entziehen. Besonders eindrucksvoll ist der Blick vom Foyer durch die Dachober-lichter. Er lässt die Struktur des Auditoriums gut erkennen und überwindet mit der geschuppten metallenen Außenhaut die Unterschiede von innen und außen. Die verschiedenen Winkel gestalten die Raumstrukturen von Eingangshalle, Auditorium und Lobby sehr dynamisch. Die gehämmerte Oberfläche lässt das Metall edel und organisch wirken, der Hochglanzeffekt steigert das Spiel mit Tages- und Kunstlicht gleichermaßen.

Von der Idee zum Metall

Die Bündner Architektin Tilla Theus ist für innovative und immer wieder kühne Projekte bekannt. Sie stellt Handwerker vor echte Herausforderungen, denn ihre sehr genauen architektonischen Vorstellungen dulden keine Kompromisse. Die erfolgreiche Umsetzung ihrer Ideen verlangt das Know-how erfahrener Spezialisten. Vieles entwickelt sich aus enger Kooperation zwischen Architektin und Handwerker und geht über die Grenzen des herkömmlich Machbaren hinaus.

* Der Autor ist Spenglermeister und Geschäftsführer der Scherrer Metec AG in Zürich.(Bilder: Vision on Wings / Richter, Architekturbüro Tilla Theus und Partner AG, FIFA /Giovanelli & Helfenstein, Scherrer Metec AG)

Beat Scherrer*

Weitere Informationen

Bautafel

Bauherr:

Fédération Internationale de Football Association, Zürich

Architekt:

Tilla Theus und Partner AG, Zürich

Spenglerfachbetrieb:

Scherrer Metec AG, Zürich