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Herzblutspengler aus Russland — Teil 1: Denis Aksenov

Verliebt in die Arbeit

Wahnsinn: Ist das eine Krankheit, ein vollkommen verwirrter Geist oder ein Zustand, in welchem die Arbeit den wichtigsten Platz in der menschlichen Seele einnimmt? In Deutschland unterliegen Fachbetriebe einem strengen Reglement und die Wirtschaft spielt nach streng vorgegebenen Regeln. In Russland hingegen ist es für jeden möglich das Klempnerhandwerk auszuüben, ob er nun Laie ohne Berufserfahrung ist oder ein Meister seiner Zunft, der außer der Arbeit auf dem Dach keinen anderen Sinn im Leben sieht. Solche Menschen opfern all ihre Zeit, ihre Fantasie und selbst ihre Gesundheit, um ihrer Leidenschaft nachzugehen. Ihr Lebensinhalt ist einzig ihre Arbeit, denn sie bestimmt ihr Dasein. Im Folgenden sollen nicht nur einzelne russische Spengler und Klempnerfachbetriebe, sondern auch deren verrückte Arbeitsweisen vorgestellt werden.

Den-Aks – die Metallbildner

Der russische Fachbetrieb Den-Aks ist im Vergleich zu deutschen Verhältnissen ein traditionelles Unternehmen. Firmeninhaber Denis Aksenov erlernte das Blechbearbeitungshandwerk sowie den für die Arbeit auf dem Dach erforderlichen Umgang mit Metall von seinem Vater und seinem Großvater. Er stammt aus einer talentierten Familie, denn auch sein Onkel und sein Bruder erlernten diese Fähigkeiten. Nach jahrelanger Arbeit an sich häufig wiederholenden „fünftägigen Monstrositäten“ (beispielsweise das Auswechseln vergammelter Schalungen oder der Austausch alter verzinkter Stahlbleche gegen neue von noch schlechterer Güte) wurde er müde. Er begann sein Können weiter zu perfektionieren und verfolgte das Ziel, nur noch wunderschöne Arbeiten zu realisieren.

Marketing in Russland

Denis Aksenov startete sein Vorhaben, indem er einfache Hauben und Rauchabdeckungen aus Kupfer herstellte. Diese montierte der metallverliebte Fachmann auf dem Dach seines Autos und fuhr damit stundenlang durch die Straßen von Dörfern, die sich gerade im Aufbau befanden. Werbung schafft Kundschaft und so wurde auch er wie ein Taxi angehalten und erhielt entsprechende Aufträge. Auf gleiche Weise traf Denis Aksenov auch Menschen, die mit ihm zusammenarbeiten wollten. Schon bald kamen auch Aufträge für den Bau von kompletten Kupferdächern. Obwohl diese dann auch den Hauptbestand der Arbeit ausmachten, gab es immer wieder Anfragen aus dem ganzen Umfeld. Irgendwann suchte sich der aufstrebende Handwerker Räumlichkeiten für eine Werkstatt, in welcher er seine Kapazitäten erweitern konnte. Die Zeit verging und nach einigen Monaten fand er seine erste Werkstatt. Das Platzangebot war mit lediglich 18 m2 bescheiden. In der Werkstatt befand sich eine aus den 1960er-Jahren stammende Fräsmaschine. Zudem mietete sich der Existenzgründer von einem Bekannten eine Van-Mark-Aluminium-Werkbank. Obwohl klein verfügte die Werkstatt über einen eigenen Eingang und eine Rampe. Die ersten Kunststücke, die er in dieser Umgebung fertigte, waren Blumen, Stiefel und Störche.

Alles wächst

Einige Zeit später wurde die Werkstatt abgerissen und Denis Aksenov musste sich einen anderen Arbeitsraum suchen. Seine heutige Werkstatt ist bereits stolze 120 m2 groß und ein Platz, an dem das Lernen neuer Techniken Spaß bereitet. Zudem sind die Räumlichkeiten Treffpunkt wissbegieriger Menschen, die allesamt eines verbindet: sich Mühe zu geben, damit alles klappt. Auch in Russland drücken ambitionierte Spengler ihre Schaffenskraft durch entsprechend hochwertige Arbeit aus. Nur so ist erklärbar, dass zufriedene Kunden nach der Eindeckung des Daches den Auftrag durch eine spezielle Abdeckung oder die Anfertigung einer Windfahne erweitern. Das hat dann am Ende dazu geführt, dass Denis Aksenov und sein Team immer mehr Aufträge solcher Art erhielten. Zunehmend werden Elemente künstlerischer Prägungen an Fassaden, Brüstungen, Hauben, Fensterbänken oder Simsen realisiert.

Dabei werden die Aufträge immer komplizierter. Inzwischen fertigt Denis Aksenov Kupferstatuetten in der Fassade, hängt Regenrinnensysteme in Form von Tiegeln an geschmiedeten Ketten auf oder stellt ausziehbare Markisen für Grillterrassen her. Der Einfallsreichtum des Herzblut-Spenglers kennt dabei keine Grenzen.

Kupferzeitalter

Ein Durchbruch in unserem Handwerk wurde mit der Einführung des für russische Verhältnisse außergewöhnlichen Materials Kupfer eingeläutet. Erst seit dem Einsatz des rot glänzenden Metalls konnten wir unsere Fähigkeiten voll ausschöpfen und entsprechend kreative Fachleute begeistern. Unsere Arbeiten sind letztendlich eine Synthese der Möglichkeiten aller mitwirkenden Seiten. Zudem ist es begrüßenswert, wenn sich der Kunde an der Entwicklung entsprechender Lösungen beteiligt. Auch die Leistungsfähigkeit des Fachbetriebes Den-Aks wurde in diesem Zusammenhang deutlich weiterentwickelt. Heute meistert das Unternehmen besondere Techniken wie Treiben und Prägen nicht zuletzt aufgrund der Markteinführung von Kupfer perfekt. Bekanntlich erlaubt Kupfer das intensive Spüren jeder Materialverformung und ist somit ideal zum Erlernen zahlreicher Möglichkeiten geeignet.

Ideen als treibende Kraft

Zur guter Letzt ist auch der menschliche Faktor nicht zu unterschätzen. Der Chef von Den-Aks hatte Glück. Er traf sehr viele interessante Menschen, mit denen er fachlich zusammen wachsen konnte. Meistens sind sie im ganzen Land verteilt, aber die schöpferische Inspiration aus der gleichen Quelle und der verbindende Schaffensdrang führte sie zueinander. Wahrscheinlich ist es schwierig diese Leute Klempner zu nennen. Sie sind wohl eher Metall-Bildhauer und jeder von ihnen trägt sein eigenes Werk zu einem beeindruckenden Ganzen bei – sei es durch Ideen oder durch die alltäglich geleistete Arbeit, deren Wert kaum zu ermessen ist. Zurzeit ist Den-Aks dabei, künstlerische Aspekte der Kupferarbeit verstärkt in das Bauwesen zu integrieren. Aus diesem Grund sucht das Ausnahmeunternehmen in ganz Russland Meister der künstlerischen Metallbearbeitung. Außerdem hält Den-Aks verstärkt nach Partner-Fachbetrieben Ausschau, die Doppelstehfalztechnik anwenden können. In naher Zukunft werden diese Bemühungen durch Ausstellungen ergänzt, welche die eigenen Arbeiten im Bereich Treiben und Prägen vorstellen. Ziel ist es, neue Kunden mit grenzenlosem Ideenreichtum und Perfektion zu begeistern.

AUTOR: Waldemar SChössler

Autor

Waldemar Schößler ist iib-Botschafter für Russland und unterstützt als technischer Berater der KME russische Kollegen und Architekten. Der aus St. Petersburg kommende Klempner erlernte zahlreiche handwerkliche Tricks und Kniffe in Deutschland, wo er über einen längeren Zeitraum bei einem Münchner Fachbetrieb beschäftigt war. Als talentierter Fachmann macht sich Waldemar Schößler für die landesweite Einführung eines hohen Qualitätsstandards stark. Sein Ziel ist es, den Einsatz von Metall an Dächern und Fassaden voranzubringen.