Unansehnlich, kalt und dämmungstechnisch eine Katastrophe: Betonfassaden zählen zu den großen Bausünden der Industriearchitektur in den vergangenen Jahrzehnten. Abfüllanlagenhersteller Breitner wollte durch seine Betonfassade nicht länger Geld verheizen, allerdings konnte die Produktion nicht einfach für eine Sanierung angehalten werden. Zusammen mit dem Fachbetrieb IBB Bönnigheim wurde daher ein Konzept für die Dämmung an Büro- und Fabrikgebäude bei laufendem Betrieb entwickelt. Die neue Fassade hat sich inzwischen sommers wie winters bewährt, die Energieeinsparung liegt bei 45 % und das dunkle Metalldesign hat aus den schlichten Betonklötzen einen Blickfang gemacht.
Lebensmittel, chemische Produkte, Kosmetika oder pharmazeutische Erzeugnisse – seit 1960 werden bei der Breitner Abfüllanlagen GmbH in Schwäbisch-Hall Maschinen zum Befüllen, Verschließen und Etikettieren von Flaschen, Kanistern und Tiegeln hergestellt. Während die Anlagen immer fortschrittlicher wurden, blieben die Gebäude des Unternehmens in der Zeit stehen. „Wir hatten am Bürobau Waschbetonplatten und an der Fabrikationshalle sogar nur nackten Beton“, erzählt der geschäftsführende Gesellschafter Achim Breitner. Die schlechte Dämmwirkung des Materials gab schließlich den Ausschlag, über eine Sanierung der Fassade nachzudenken. „Wir wollten damit die Wärme- und Kälteisolierung verbessern. Gleichzeitig sollten die Gebäude auch ein zeitgemäßeres Aussehen bekommen.“ Als Auflage wurde allerdings gestellt, die Produktion durch den Umbau nicht zu beeinträchtigen– keine leichte Aufgabe bei 440 m2 Büro- und 1400 m2 Fabrikfassade.
Umbau auf kleinstem Raum und leisen Sohlen
„Problematisch waren vor allem die beengten Verhältnisse in der Gebäudeumfahrt“, meint Wolfgang Benk, zuständiger Projektleiter bei der IBB Bönnigheim GmbH, die mit der Sanierung beauftragt wurde. Das Fabrikgelände wird durch benachbarte Bauten und nahe Grundstücksgrenzen auf drei Seiten eingeschlossen, auf der vierten Seite liegt die Straße. Dadurch konnten LKW nur eingeschränkt und teilweise gar nicht bis zum jeweiligen Bauabschnitt gelangen, was deutlich längere Materialwege bedeutete. „Um den Platzbedarf und die Behinderung des Tagesgeschäfts möglichst klein zu halten, entschieden wir uns, die Gerüste abschnittsweise aufzubauen und entsprechend nur das momentan benötigte Material anliefern zu lassen“, so Benk. „Die Montagereihenfolge wurde dazu genau geplant und mit Breitner abgesprochen.“
Die engen Abstimmungen waren auch deshalb nötig, weil die Mitarbeiterparkplätze gesperrt beziehungsweise verlegt werden mussten, um überhaupt Zugang zur Fassade zu haben. Die langen Wege zum jeweiligen Bauabschnitt überbrückten Transporthilfsmittel wie Gabelstapler und Hubwagen. Zunächst musste auf die alte Betonoberfläche die tragende Unterkonstruktion für das Dämmmaterial und die neuen Fassadenteile befestigt werden. Das Aufdübeln stelle aber eine ziemliche Lärmbelastung dar, erklärt Benk: „Speziell am Bürogebäude wurde darum soweit möglich nur außerhalb der Kernzeiten gearbeitet.“
Außen kühles Design, innen wärmende Dämmung
Um die Toleranzen der Betonfertig-Fassade am Bürohaus auszugleichen, gestalteten die Planer eine zweiteilige Unterkonstruktion. Zusätzlich mussten die Kassetten für die neue Gebäudehülle entsprechend der Bauhöhe und der Fenster eingeteilt und Eckelemente nach Aufmaß angepasst werden. Verbaut wurden hier Stahl-Kassetten mit 1,2 mm Dicke und einer dunklen PVDF-Beschichtung. „Dieser Kunststoff ist besonders beständig gegen chemische und thermische Einflüsse und eignet sich daher gut für Fassaden. Für den optischen Eindruck wurden Einzelteile verdeckt befestigt.“ An der Fabrikhalle kamen dagegen Stahl-Trapezbleche mit 0,7 mm Dicke zum Einsatz, die für einen interessanteren Effekt diagonal verlegt und aufwändig an die vorhandenen Shed-Dächer angeschlossen wurden. „Wir hätten uns auch für eine Fassade mit mineralischem Verputz entscheiden können“, erzählt Breitner. „Das wäre im ersten Moment zwar etwas günstiger gewesen, hätte aber langfristig gesehen wieder Wartungskosten nach sich gezogen. Zudem ist Verputz nicht so langlebig.“ Für die Metall-Lösung rechnet das Unternehmen mit einer Amortisationszeit von 8,5 Jahren.
Unter der Oberfläche baute IBB Bönnigheim am Bürogebäude Steinwolle-Dämmplatten von 100 mm Stärke ein. An der Fabrikhalle wurden Platten mit 60 mm verwendet. Mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,035 W/mK liegt die Steinwolle deutlich unter der früheren Betonverkleidung. „Wir hatten früher an der Halle gar keine und am Büro nur eine geringe Isolierung“, so Breitner. Durch die Dämmung und die Hinterlüftung habe sich jetzt das Klima im Sommer wie im Winter deutlich verbessert und die Heizkosten seien gesunken. „Die Einsparung liegt bei über 45 % im Vergleich zu früher, das sind etwa 25000 Euro.“ Die Wirtschaftlichkeitsberechnung für Büro- und Fabrikgebäude wurden damit voll erfüllt. Darüber hinaus hatte die Sanierung noch einen zusätzlichen Vorteil für den Bauherrn: Die neue Fassade entspricht einschließlich der Mineralfaserdämmung den Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) und wurde daher von der KfW-Bank mit einem günstigen Kredit gefördert.
BAUTAFEL
Bauherr: Breitner Abfüllanlagen GmbH, Schwäbisch Hall
Fachbetrieb: IBB Bönnigheim GmbH + Co. KG, Bönnigheim
440 m2 Kassetten-Fassade: Stahl, 1,2 mm
1400 m2 Trapezprofilfassade: Stahl, 0,7 mm