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Ein Rheinzink-Flügel für Lausanne

Über den Wolken


Imposant wirkt es, das neue Flughafengebäude La Blécherette der Waadtländer Hauptstadt Lausanne. Sein heutiges Erscheinungsbild verdankt das Gebäude mitunter der öffentlichen Volksabstimmung von 1992, die zur Rettung des ehemaligen Militärflugplatzes und dessen Neubelebung auf ziviler Basis stattfand. Das vom Architekturbüro CCHE aus Lausanne entworfene Gebäude wirkt wie ein Flugzeugflügel, der über eine Geländekuppe „fliegt“. Je nach Standort erscheint das Gebäude auch als großer, mitten auf dem Flugplatz stehender Lichtscheinwerfer. Die Flugkontrolle und das Zollamt sind im auskragenden Gebäudeteil beherbergt. Auf Geländehöhe befindet sich ein Restaurant mit offenem Blick auf das Flugfeld. Im unteren Gebäudebereich ist die Pilotenschule mit Unterrichtsräumen und Flug-Simulatoren untergebracht.

Die Kombination aus Beton, Stahl und Glas prägen den Sockelbereich, während im oberen Gebäudeteil Holz, Glas und Titanzink eingesetzt wurde. Durch geklebte Lamellen entstanden Holzelemente, die alle funktionell notwendigen Dachschichten umfassen. Die Konstruktion deckt die Bedürfnisse bezüglich Wärmedämmung, Schallschutz und Belüftung hervorragend ab und beherbergt zudem die bei einer solchen Infrastruktur notwendigen technischen Kabel und Installationen.

Innen Holz, außen Metall

Um der industriellen Wirkung eines Flughafengebäudes gestalterische Wärme entgegenzusetzen, „präsentiert“ der obere Gebäudeteil beste Handwerksleistungen – innen durch die gerundete Holzvertäfelung, außen durch die umlaufende Titanzink-Bekleidung. Auf diese Weise entstand ein willkommener Kontrast zur sonst eher kühl wirkenden Technik des Flugbetriebes.

Verbunden durch die Verglasung wirkt die Holz-Titanzink-Kombination sehr harmonisch und ist, ökologisch wie nachhaltig betrachtet, gelungen und zeitgemäss. Um dem Wunsch einer gleich von Anfang an patinierten Zinkoberfläche zu entsprechen, wurde für die Bekleidung Rheinzink „vorbewittert pro schiefergrau“ verarbeitet. So war die gewünschte Optik schon bei der Fertigstellung vorhanden. Die werksseitig erzeugte Patina schützt Titanzink-Fassaden dauerhaft vor Korrosion. Selbst kleinere Kratzer sind kein Problem. Dem so genannten Selbstheilungseffekt ist zu verdanken, dass solche Blessuren durch Bildung neuer Patina schnell wieder „zuwachsen“.

Am Anfang dieser beispielhaften Spenglerarbeit stand die formale Intention des Architekten: Die Metallbekleidung solle den Baukörper so umfassen, wie die Metall-Haut einen Flugzeugflügel umspannt. Ein geradliniger, klar definierter Gebäudeabschluss vermittelt den Eindruck, als wäre der Flügel abgeschnitten worden. Diese „Schnittkante“ wirkt in der Nacht wie ein grosser Lichtscheinwerfer.

Der Spenglerfachbetrieb Cofal Société Coopérative aus Mont sur Lausanne erhielt den Zuschlag zur Planung und Umsetzung der Spenglerarbeiten. Das Dach wurde als traditionelles Doppelstehfalzdach ausgeführt. Als Verbindungstechnik für die Fassaden- und Deckenbekleidung kam Winkelfalztechnik zum Einsatz. Architektin und Projektleiterin Isabel Fröhlicher von CCHE legte großen Wert auf genau gerasterte Felder sowie filigrane Schnittstellen und Anschlüsse. Zudem waren eine rigorose Kostenkontrolle und die Einhaltung des limitierten Baubudgets für alle am Bau Beteiligten Pflicht.

Bekleidung und Entwässerung

Direkt auf die 27 mm starke und aus maximal 120 mm breiten Brettern bestehende, rundherum belüftete, offene Holzschalung wurden die Titanzink-Schare montiert. Unter der Belüftungsebene sorgt ein dichtes Stamisol-Unterdach für zusätzliche Sicherheit. Die Längsfalze sind perfekt auf den Baukörper, die Fenster und deren Zwischenräume abgestimmt, woraus sich ein Achsmass von 440 mm ergibt. Bei Rheinzink in Datteln wurden spezielle Coil-Zuschnitte hergestellt und das Vormaterial somit an diese Bedingungen angepasst. Zudem schützte eine werksseitig aufgebrachte Folie die Material-Oberfläche während Transport, Bearbeitung und Montage.

Die Dachdurchdringungen, beispielsweise an den Fenstern, konnten im Bereich des Möglichen positioniert und eingefalzt werden. Bei Toleranzen, und die kamen vor, korrigierten die erfahrenen Spengler von Cofal mit dem nötigen Fingerspitzengefühl und „für das Auge unsichtbar“.

Die Dimensionierung und Gestaltung der vertieften Kasten-Rinne forderte die Kollegen aus Lausanne besonders. Der Knackpunkt dabei war die Erarbeitung eines optisch ansprechenden Details, das trotz geringem Gefälle und begrenzter Tiefe funktioniert. Die Rinne, einschließlich der Entwässerungspunkte, wurde über der Wölbung und vor Beginn des Satteldaches am Dachrand platziert. Zur Berechnung fand die neue Suissetec-Entwässerungsnorm Anwendung. Dabei wurden die Dachfläche, die Rinnenlänge einschließlich der Abläufe und die Größe der Notüberläufe am Rinnenboden berücksichtigt. Zur Ausführung kam ein Unterdruck-Dachentwässerungs-System mit einem Innenrohr-Durchmesser von 90 mm,bei einer Rinne mit Höhe von 154 mm am Tiefpunkt (Staudruck) sowie Rinnen-Querschnitt von 770 cm². Die notwendige Druckhöhe erforderte zudem eine Optimierung der Holz-Unterkonstruktion, wodurch die Querlüftung von der Wand zum Dach auf den Mindestquerschnitt von 30 mm reduziert wurde. Diese Maßnahme war auch deshalb wichtig, weil die Entwässerungsrohre dadurch in der Belüftungsebene versteckt werden konnten. Sollte trotz der Berechnungen die Rinne einmal versagen, wird überlaufendes Regenwasser aus der Rinne auf das Unterdach und damit zur Belüftungsöffnung der unteren Rundung geleitet.

Wand- und Deckenbekleidung

Das Flughafengebäude von Lausanne soll, wie erwähnt, an einen metallbespannten Flügel erinnern. Dazu eignet sich die Leichtigkeit der gefalzten Titanzink-Gebäudehülle in besonderem Maße, vermittelt sie doch den Charakter einer Metallhaut und damit auch Lebendigkeit. Dieser Effekt kommt vor allem dadurch zustande, dass eine absolut planliegende Gebäudehülle in Stehfalz- oder Winkelfalztechnik fast nicht erreichbar ist. Zur Realisierung der Dach- und Wandbekleidungen kam 0,70 mm starkes Titanzink und, um den Hängeeffekt am Deckenbereich zu minimalisieren, 0,80 mm starkes Material zum Einsatz.

Am Fenstersturz brachten die Cofal-Spengler zudem kleine Rinnenprofile an um zu verhindern, dass abgelagerte Schmutzpartikel durch Niederschlag nicht auf die Fensterflächen gelangen. Die auf Fensterhöhe liegenden Querfalze ermöglichten einen reibungslosen Arbeitsablauf und fügen sich diskret in das Fassadenbild ein. Eine spezielle Falzführung mit anspruchsvollen Anschlüssen weisen die seitlichen Fensterbekleidungen und Umrandungen auf. Seitlich deshalb, weil an einem Flugzeugflügel nicht von Ortganganschlüssen gesprochen werden kann. Dasselbe gilt für die runden Seitenbekleidungen.

Lobender Schluss und Abflug

Für die gesamten Spenglerarbeiten wurden während 16-wöchiger Bauzeit etwa 10 t Rheinzink-Bandmaterial verarbeitet. Abschließend wurden – mit Spenglerästhetik unvereinbar – eine kleine Armee technischer Geräte auf dem Dach montiert. Für die Befestigung von Wettersensoren, Windmessern und Co. wurde sogar das Schneefangrohr zweckentfremdet.

Die exklusive Fassaden-Bekleidung besitzt alle Vorteile einer belüfteten Konstruktion und prägt das Gebäude maßgeblich. Allen Beteiligten, von der Planung über die Bauleitung bis zur Ausführung, gebührt noch einmal Dank und die Gratulation für die Schaffung einer einmaligen, lebendigen und ausdrucksstarken Titanzink-Bekleidung. Damit wurde eine neue, städtebauliche Bereicherung an einem der Stadteingänge von Lausanne geschaffen.

* Der Autor ist Dipl.-Spenglermeister und Gebietsleiter der Rheinzink (Schweiz) AG

** Der Co-Autor ist Dipl.-Spenglermeister und Leiter des Spenglerfachbetriebs Cofal, Mont s. Lausanne

Bilder: Rheinzink und Patrick de Goumoëns/Aéroformation SA – Lausanne

Bernard Trächsel* und Marc Hausheer**

Bautafel

Bauherr:

Aéroport Région Lausannoise

Architekten:

CCHE Architecture SA

Hannes Ehrensperger, Isabel Fröhlicher, Silvia Mury, Pierre Fragnière

Spengler-Fachbetrieb:

Cofal, Société coopérative

Mont-sur-Lausanne