Hier in Weiden? Nein, in dieser Gegend gibt es keinen Bungalow mit Kupferdach, nicht dass ich wüsste!“, beteuert die Passantin, die ich nach dem Weg frage. Das Wohngebiet, eine typische 70er-Jahre-Bebauung, schmiegt sich in tiefen, schmalen Parzellen an den steilen Hang. Ich genieße die unverbaute Aussicht in die Oberpfälzer Landschaft und staune zugleich über die schmucken Wohnhäuser, als mein Blick auf ein besonders gelungenes Gebäude fällt. Ein kubischer Baukörper fungiert als Garage und Eingang zugleich. Wie aufgeschachtelt wirkt das weiter oben am Hang liegende Wohngebäude, welches über eine Außentreppe erreicht wird. Das auskragende Obergeschoss zeigt glatte Putzflächen im Wechsel mit Holzlamellen, welche Wand- und Fensterelemente zieren. Zumindest die Abschlüsse sind aus Kupfer, denke ich bei mir. In der Machart klassischer Attikaabdeckungen legen sich kupferne Profile als schlankes Band über die Putzfassaden. Doch auch an diesem Gebäude ist nichts von einem Kupferdach zu sehen – zunächst jedenfalls nicht.
So oder ähnlich hätte die Suche nach dem Weidener Kupferbungalow tatsächlich ablaufen können, wenn KME-Berater, Josef-Peter Münch, nicht schon im Vorfeld den entscheidenden Hinweis gegeben hätte: „Das Objekt Haus am Hang der Beer Architekten aus Weiden ist ein kubischer Flachdachbau, der von der Straßenseite aus gesehen nicht die geringsten Anzeichen eines kupfernen Doppelstehfalzdaches zeigt. Weder vorgehängte Dachrinnen noch vor der Fassade verlaufende Kupferrohre verraten die Existenz des Kupferdaches“, berichtet der KME-Mann und fügt hinzu: „übrigens ist dieses Haus eines meiner Lieblingsprojekte.“
Verstecktes Tecu-Dach – verborgene Entwässerung
Das sehr flach geneigte, doppelt gefalzte Tecu-Pultdach verbirgt sich hinter schlanken Attiken. Mit nur 3 º Neigung fällt das nicht belüftete Metalldach zur hangseitigen Nordfassade. Wie ein kupfernes Tuch legt sich die Stehfalzeindeckung über die Dachfläche und schmiegt sich an die sich anschließende hangseitige Fassadenfläche. Übrigens: Auch die kupferbekleidete Fassade ist nicht belüftet, was erklärt, warum das Falzraster wirkt, als würde es nahtlos von der Dachfläche in die Fassade übergehen. Weder Lüftungsgitter noch Dachrinnen oder Fallrohre beeinflussen diese optische Wirkung – die Metallbekleidung erscheint wie aus einem Guss.
Doch wie genau sehen die Entwässerungsdetails aus? Eine eingelegte Kupfer-Kastenrinne führt das anfallende Niederschlagswasser zu zwei Stutzen, die jeweils an den Endböden der Rinne angeordnet sind. Von dort aus fließt das Wasser durch 100-mm-SML-Rohre ab, welche seitlich in säulenartigen Fassadenabschlüssen verborgen liegen. Die Bauform dieser Fassadenabschlüsse wiederholt sich an den Attikaabdeckungen des Flachdaches sowie den südseitigen Fassadenabschlüssen über der Terrasse. Von dort läuft das Attikaband rings um die Terrasse als Brüstungsabdeckung weiter – ein weiteres Indiz für die Planungsstärke der Beer Architekten. Und weil Spenglermeister Martin Siegert vom Fachbetrieb Richard Rank GmbH & Co. KG aus Weiden ebenfalls größten Wert auf solide Arbeit legt, sind alle Details mit großer Sorgfalt ausgeführt. So verfügt die kastenförmige Dachrinne über einige Sicherheitsfunktionen: Beispielsweise befindet sich im Traufbereich des Tecu-Daches eine Sicherheitsebene. » Ferner ist die Vorderkante der Rinne tiefer angeordnet, um großen Wassermengen entsprechendes Überlaufen zu ermöglichen. Durch diese Maßnahmen konnte auf unschöne Notspeier verzichtet werden. Sollte das Wasser in der Rinne einmal ansteigen und den Weg über die Fassade finden, ist das für die Kupferfassade absolut unbedenklich.
Schmucke Fassade
Die wetterfeste, mit dem Dach verbundene Kupferfassade ist absolut unempfindlich und schön anzusehen ist sie auch. Perfekt sind die Fenster an die Schareinteilung angepasst – entsprechende Richtungswechsel der Fassaden-Winkelfalze zeugen von durchdachter Planung. Doch die Fassade kann mehr als „nur“ gut auszusehen. Während außenseitig angebrachte, klassisch überputzte Wärmedämmverbund-Fassadensysteme zur Algen- und Flechtenbildung neigen können, stellen Kupferfassaden bleibende Werte dar, und das, ohne im Laufe der Zeit algengrün und unansehnlich zu werden. Im Gegenteil, die typische Kupfer-Patina, welche sich als natürliche Schutzschicht auf Kupferflächen bildet, erzeugt einen ganz besonderen architektonischen Charakter.
Jede Menge zu tun
Das Vorurteil, Flachdächer entstünden nahezu ohne Metallarbeiten, konnten die Rank-Spengler eindrucksvoll widerlegen. Ob an den Attiken, Brüstungen oder den Wandanschlüssen der Dachterrasse – die gelungenen Kupferdetails sorgen für Sicherheit und schaffen für nachfolgende Gewerke optimale Anschlussmöglichkeiten. Beispielsweise ermöglichen die Wandanschlussprofile den fachgerechten Anschluss des WDVS. Über den z-förmig profilierten Anschlussverwahrungen angeordnete und eingespachtelte Sockelabschlussschienen erlauben entsprechende Dehnungsbewegungen zwischen den unterschiedlichen Bauteilen. Eine umlaufende Schattenfuge trennt die Putzfläche deutlich vom Kupferprofil, welches die darunterliegende empfindliche Dachdichtung vor UV-Strahlung und mechanischen Beeinträchtigungen schützt. Zudem überzeugt der perfekte Übergang vom Terrassenbelag zur Brüstung.
Auch der WDVS-Anschluss an die Attikaabdeckungen ist gelungen. Die Blenden leiten anfallendes Niederschlagswasser ab, ohne tieferliegende Wandflächen zu verschmutzen. Ferner sind durch die Überdeckung des WDVS-Abschlusses Frostschäden ausgeschlossen. Doch nicht nur am Wohnhaus sind die Spuren der Richard Rank GmbH & Co. KG zu finden. Auch an der Garage und dem angegliederten Eingangsbereich schützen kupferne Bauteile an Flachdachrändern und kleinen flach geneigten Dachflächen die darunterliegende Bausubstanz.
Josef-Peter Münch: „Besonders gefällt mir, mit welcher Detailverliebtheit die Beer Architekten den Werkstoff Kupfer einsetzen. Selbst kleine Profile, die anderenorts als standardisierte Anschlüsse verbaut werden, sind für die Gestaltung wichtig. Folglich steigt das Ansehen der beauftragten Fachbetriebe, vorausgesetzt sie haben gute Arbeit geleistet. Sicher ist, dass die Metallprofis von Rank wieder dabei sein werden, wenn die Beer Architekten einen talentierten Spengler suchen.“
WDVS-Information
Gebäude, die dem Wärmeschutz-Standard der 1970er-Jahre entsprechen, verbrauchen heute ein Mehrfaches an Heizenergie als moderne Neubauten. Bis zu 75 % der Wärmeverluste gehen dabei auf das Konto der ungedämmten Außenwände. Grundsätzlich besteht ein Wärmedämmverbund-System (WDVS) aus drei Hauptkomponenten, die an einer tragenden Hauswand angebracht werden:
- <b> Dem Dämmstoff </b>(etwa Polysterol-Partikelschaum, Steinwolle oder Mineralschaumplatte)
- <b> Der Armierung </b>zur Verstärkung der Dämmplatten (Armierungsmasse plus Glasfaser-Armierungsgewebe zur Vermeidung späterer Rissbildung)
- <b> Die Schlussbeschichtung </b>aus Putz. Alternativ können auch Holz, Keramik, Klinker oder Metall als Außenhülle eingesetzt werden. Verputzte Wärmedämmverbund-Systeme können an feuchten Fassadenbereichen (beispielsweise an Gebäude-Nordseiten) zur Algen- und Flechtenbildung neigen.
Bautafel
Architektur: Beer Architekten Weiden, http://www.beerarchitekten.de
Fachbetrieb:
Richard Rank GmbH & Co. KG,
Weiden, http://www.richard-rank.de
Material:
KME-Kupfer, Tecu Classic, 0,7 mm
Beratung: Josef-Peter Münch,