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Wo Details süchtig machen

Goldenes Dreieck

Spätestens nach Fertigstellung dieses kleinen, aber feinen Daches im Westallgäu sollten diverse Lexika-Einträge berichtigt werden. Der Gund: Entgegen landläufiger Meinung befindet sich das goldene Dreieck nicht zwingend im Grenzgebiet der Staaten Laos, Thailand und Myanmar. Besagtes Delta ist seit Kurzem in direkter Sichtweite des Hotels Edita in Scheidegg verortet. Eine Reise ins Allgäu ist folglich speziell für Spengler und Liebhaber gelungener Ausführungsdetails ein Muss! Warum? Weil das goldene Dreieck von Scheidegg als kleines und sehr feines Spenglerdach weithin sichtbar zeigt, was unsere Berufsgruppe kann.

Die teilweise sehr tief angebrachte Kupferkastenrinne mit Blende aus Tecu Gold ...

Bild: Zürn / Rigal

Die teilweise sehr tief angebrachte Kupferkastenrinne mit Blende aus Tecu Gold ...
... wurde zur Dachfläche hin mit konischen Traufblechen ausgestattet

Bild: Zürn / Rigal

... wurde zur Dachfläche hin mit konischen Traufblechen ausgestattet

Entschleunigungsoase der anderen Art

Besagtes Dach gehört zu einem dreieckigen Pavillon in unmittelbarer Nähe des Hotels Edita. Über die Fassade des funktionellen und architektonisch ansprechenden Gebäudekomplexes berichtete BAUMETALL mit der Überschrift Entschleunigungsoase mit Metallbekleidung in Ausgabe 8/2018. Beschrieben wird dort u. a., wie der Fachbetrieb Engel aus dem oberbayerischen Fuchstal rund 15 t Aluminium an der Gebäudehülle verarbeitete. Eine Entschleunigungsoase der anderen Art befindet sich seit Kurzem direkt vor dem Hotel bzw. unter dem goldenen Pavillondach.

Rinne mit Wow-Effekt

Der Spenglerfachbetrieb Rigal aus Kleinweilerhofen hatte den Auftrag, das Dach eines Pavillons zu bekleiden. Der Pavillon ist Teil eines Freilichttheaters und wird bedarfsweise als Technikbereich für die Licht- und Soundanlage genutzt. Das für die Dachdeckung vorgesehene Material war Tecu Gold 0,7 mm. Die Grundfläche der Dachkonstruktion ist dreieckig. Die erste Herausforderung bestand darin, über eine Kastenrinne gesammeltes Niederschlagswasser von allen drei Dachflächen an einen einzigen Auslaufpunkt zu leiten. Das Rinnengefälle sollte daher zwar entsprechend stark ausgebildet, aber dennoch nicht so deutlich sichtbar werden. Die vom Zimmermann aufgeschlagene Holzkonstruktion war an zwei Trauflinien bereits mit einem geeigneten Gefälle ausgestattet.

Die handelsübliche, aus walzblankem Kupfer bestehende Kastenrinne wurde samt verzinkten und mit Kupfer ummantelten Rinnenträgern mit einer umlaufenden Verblendung aus Tecu Gold bekleidet. Dazu entwickelten Spenglermeister Alexander Rigal und Kupferfachmann Berthold Zürn ein Kastenprofil, das sie auf der Rinnenwulst auflegen bzw. einhängen konnten. Rückseitig befestigten sie es mit Einzelhaften an der Holzkonstruktion.

Alexander Rigal zeigt vollen Körpereinsatz an der Rinnenecke

Bild: Zürn / Rigal

Alexander Rigal zeigt vollen Körpereinsatz an der Rinnenecke
Berthold Zürn eilt zu Hilfe

Bild: Zürn / Rigal

Berthold Zürn eilt zu Hilfe
Scharbefestigung mit Edelstahlfesthafte und der speziell für Spengler entwickelten 4,9 x 24 mm großen Haftenschraube von Reisser

Bild: Zürn / Rigal

Scharbefestigung mit Edelstahlfesthafte und der speziell für Spengler
entwickelten 4,9 x 24 mm großen Haftenschraube von Reisser

Goldenes Dach in Scheidegg

Alexander Rigal wollte vermeiden, das er vor Ort handwerkliche Aufkantungen im Sichtbereich herstellen musste. Daher entschied er sich, die aus Tecu Gold bestehenden Scharen für die Stehfalzbedachung der drei dreieckigen Einzeldachflächen so weit es ging in der Spenglerwerkstatt vorzufertigen. Montiert wurden sie auf einer Vollholzschalung mit darüberliegender Trennlage. Die Befestigung der relativ kurzen Scharen erfolgte mit Festhaften und den neuen Reisser-Haftenschrauben mit 4,9 x 24 mm. Diese zeichnen sich durch einen extrem flachen SIT-20-Scheiben­senkkopf und eine funktionale Bohrspitze aus. Die Schrauben ermöglichen das reibungsfreie Gleiten der Stehfalzprofile und begünstigen aufgrund der minimierten Abdruckgefahr ebene und bündige Flächen. Darüber hinaus werden längere Stehfalzprofile weder beim Verfalzen noch durch Ausdehnungsbewegungen verletzt.

Die Falze des steilen Pavillondaches wurden als Winkelstehfalz ausgeführt. Im Gratbereich schnitt das Expertenduo die Falze der Dachbahnen so weit zurück, dass in die Grataufkantung einfließende Winkelstehfalze in liegender Form spannungsfrei aufgekantet werden konnten. Die 50 mm hohe Grataufkantung wurde zusätzlich mit einer 20-mm-Rückkantung versehen. „Je nach Region wird die Ausführung mit liegendem Falz auch als Entenschnabel bezeichnet“, erklärt Berthold Zürn. Um eine zusätzliche Regendichtheit im Aufkantungsbereich zu gewährleisten, bauten die Spengler die neue M.A.S.C.-Falzeinlage ein. Das Produkt umschließt den Haft und den Unterdeckfalz gänzlich und ist somit herkömmlichen Dichtbändern weit überlegen ist.

Zwischen den Scharaufkantungen befestigten die Spengler eine von der Traufe bis zur Dachspitze durchlaufende Dachlatte mit 30 x 50 mm. Diese dient zur Aufnahme eines Halteprofils, das wiederum zur Ausführung der Gratleiste als Einschnappsystem eingesetzt wurde. Das durchgängige Edelstahl-Unterkonstruktionsprofil fixiert und befestigt die Tecu-Gold-Gratleiste. Sie wurde bei der Montage zunächst auf einer Seite im Edelstahl-Unterkonstruktionsprofil eingehängt und dann auf der anderen Seite durch gleichmäßigen Druck sicher und mit einem hörbaren Klick eingerastet.

Eine weitere Herausforderung war das Anschneiden der drei Gratleisten an der Dachspitze. Die Geometrie des dreieckigen Daches erforderte dabei durchaus Geduld. Alexander Rigal ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und erledigte auch diese Aufgabe mit Routine.

Alexander Rigal befreit die Dachfläche von Verunreinigungen. Die Falzeinführung am Grat erfolgte analog zur Traufe stehend und rund ausgeschweift

Bild: Zürn / Rigal

Alexander Rigal befreit die Dachfläche von Verunreinigungen. Die Falzeinführung am Grat erfolgte analog zur Traufe stehend und rund ausgeschweift

Gläserne Säulen

Mindestens ebenso beeindruckend wie die sauber ausgeführten Spenglerdetails am Dach sind die drei Glasbaustein-Säulen des Pavillons. Um die statischen Anforderungen zu erfüllen, wurden „unsichtbare Stahlträger“ eingesetzt. Der Eindruck einer schwebenden Dachkonstruktion entstand, indem die Stahlträger zunächst mit Profilen aus Stahlblech bekleidet wurden. Auf den Außenseiten dieser Profile wurden anschließend Spiegel aufgeklebt. Erst dann erfolgte die Montage der Glasbausteine. Damit sich im Raum zwischen Glasbaustein und Spiegel keine Insekten einnisten oder Verunreinigungen bilden, brachten die Spengler am Übergang zum Dach ein staubdichtes Anschlussprofil an. Allein diese Leistung hätte eine Goldmedaille verdient. Der langjährige KME-Berater Berthold Zürn ist heute als selbstständiger Spengler, Gutachter und Fachberater aktiv. Alexander Rigal führt einen Fachbetrieb und erledigt unterschiedlichste Spenglerarbeiten.

Bauleiterin Amelie Zürn ist mit der Arbeit ihres Vaters zufrieden

Bild: Zürn / Rigal

Bauleiterin Amelie Zürn ist mit der Arbeit ihres Vaters zufrieden
Passgenau: Der Wasserspeier fügt sich formschön an den Rinnenlauf an

Bild: Zürn / Rigal

Passgenau: Der Wasserspeier fügt sich formschön an den Rinnenlauf an
Schwebend: Die scheinbar nur aus Glasbausteinen hergestellten Stützen sorgen für Leichtigkeit

Bild: Zürn / Rigal

Schwebend: Die scheinbar nur aus Glasbausteinen hergestellten Stützen sorgen für Leichtigkeit
Die hinter den Glasbausteinen positionierte Stahlstütze wurde mit aufgeklebten Siegeln bekleidet

Bild: Zürn / Rigal

Die hinter den Glasbausteinen positionierte Stahlstütze wurde mit aufgeklebten Siegeln bekleidet