Schweizer Schokolade wird gerne mit dem Bild der Berge und mit allem, was diese verheißen, präsentiert: mit Aufrichtigkeit, Beständigkeit, Erhabenheit. Es ist also nicht verwunderlich, dass ein Neubau für einen Firmenhauptsitz der Schokoladenbranche explizit mit diesen Assoziationen operiert. Erst recht nicht, wenn es sich um ein Gebäude handelt, in dem Kunden aus dem Ausland empfangen und in der Kunst des Schokolademachens eingewiesen werden. Das sogenannte Condirama, das als Kette dreier Pavillons wolkenbügelartig das neue Verwaltungshaus und die bestehende Produktionshalle der Firma Max Felchlin krönt, evoziert ganz explizit das Bild der Berge. Betrachtet man seine Silhouette aus einiger Entfernung, so verdoppelt sie bildhaft die hinter ihr aufragende Gipfelkette zwischen Stoos und Fronalpstock.
Schon früh in der Ausschreibungsphase wurde Spenglermeister Gregor Bless angefragt, ob die Bless AG Interesse habe, beim Neubau der Spengler- und Bedachungsarbeiten mitzurechnen und ein Angebot abzugeben. „Die Größe des Projektes veranlasste uns, Partner zu suchen, mit welchen wir das Objekt realisieren konnten“, berichtet er. Die Paul Gisler AG aus Cham und die mit Heimvorteil antretende Annen + Schibig AG aus Ibach schlossen sich mit der Bless AG zusammen. Gemeinsam erhielten sie den Zuschlag.
Über 8000 Stunden
Die drei Firmen haben zusammen in über 8000 Arbeitsstunden die gesamten Spenglerarbeiten am Dach und an der Fassade ausgeführt. Dabei wurden mehr als 2200 m² Dachfläche eingedeckt, 260 m Rinnen ausgebildet und rund 1000 m Fensterbänke, Storenblenden und Fassadenbänder erstellt. Alles in allem wurden dabei rund 25 000 kg Rheinzink abgecoilt, gekantet, geformt und montiert. Damit alle Details bestmöglich entwickelt und abgestimmt werden konnten, wurde von Dach und Fassade ein Mock-up gebaut und die entsprechenden Details wurden 1 : 1 begutachtet. Nachdem die Architekten und Fachplaner zusammen mit den Spezialisten der Arbeitsgemeinschaft die Details abgenommen hatten, startete die Produktion.
Perfekte Details
Zuerst wurden die Rinnen und die untersten Konterlattenteile ausgebildet. Der Rinnenkörper wurde aus Sicherheitsgründen vollflächig mit einer Kunststofffolie ausgebildet und mit dem Unterdach verschweißt. In die Sicherungsrinne wurde danach eine Drainagematte und darüber zum Schutz vor mechanischer Belastung ein 0,8-mm-Edlestahlblech eingelegt. Das eigentliche Herzstück der Arbeiten ist jedoch das Metalldach. Die Dachfläche ist in drei ähnlich große Teilflächen gegliedert, welche jeweils einen „Bergspitz“ aufweisen. Die Flächen sind mit quer verlaufenden Rinnen unterbrochen, sodass Niederschlags- und Tauwasser allseitig ablaufen kann. Diese Querrinnen wurden im gleichen System wie die Hauptrinne ausgeführt. Jede der drei Hauptdachflächen lässt sich wiederum in sechs Teilflächen aufgliedern. Die Geometrie der Teilflächen ist rund bzw. in sich schräg geformt. Die Verbindung der Flächen ist jeweils durch eine Gratausbildung oder eine Stufe gewährleistet. Entlang der Haupttraufen wurden ein Schneefang und eine Höhensicherungsanlage mit Seil montiert.
Doppelstehfalz in Perfektion
Die zum Teil über 22 m langen, gebogenen Titanzinkscharen wurden vor Ort produziert. Dafür installierten die Dachprofis einen Materialcontainer direkt auf dem Dach. Von außen betrachtet erinnerte die Scharproduktion fast an einen Zaubertrick: An der Vorderseite des Containers wurde das Coilmaterial eingezogen und an der gegenüberliegenden Seite als fertig profilierte Schar wieder ausgespuckt. Der Trick: Im Bauch des Containers befand sich eine Schlebach-Profilieranlage. Die profilierten Clip-Relief-Scharen wurden jeweils direkt nach der Fertigung montiert. Aus optischen Gründen wurden sämtliche Falze auf der gegenüberliegenden Dachseite weitergeführt.
Da alle Abschlüsse, Aufbordungen etc. schräg oder rund geformt werden mussten, entschieden sich die Spengler, entsprechende Arbeiten direkt vor Ort in handwerklicher Spenglertechnik herzustellen. Die Traufabschüsse wurden als Hochgebirgsabschlüsse ausgeführt. Sie zeichnen sich durch eine nach innen gebogene Lasche aus.
Die geschwungenen Grate wurden mit einer kleinteiligen Gratabdeckung ausgestattet. Um eine möglichst hohe Sturmsicherheit zu erhalten, wurden die mit Einhangfalzen verbundenen Gratabdeckungen auf durchlaufende Halteprofile gesetzt. Die breite Form der Gratkappe gliedert die Dachfläche deutlich in ihre Teilbereiche und sorgt zusätzlich für eine effektive Be- und Entlüftung des Dachaufbaus.
Absturzsicherungsanlage
Die permanent nutzbare Anschlageinrichtung zur Befestigung der persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz wurde hauptsächlich für Kontroll-, Unterhalts- und Dachfensterreinigungsarbeiten konzipiert. Zur Ausführung solcher Anlagen sind nur zertifizierte Systeme zugelassen. Das eingesetzte System ist entsprechend geprüft und nach EN 795:2012 Klasse C zertifiziert. Es besteht aus einem waagerecht (bis max. 15° Neigung) gespannten 6-mm-Edelstahl-Sicherheitsseil sowie Zwischenhalterungen und Kurven, die in regelmäßigen Abständen an Unterkonstruktionen befestigt wurden. Die Zwischenhalterungen und Kurven können von speziellen Seilgleitern problemlos und ohne Lösen der Sicherung überfahren werden. Dadurch steigt die Akzeptanz der Benutzer, solche Systeme tatsächlich einzusetzen. Generell gilt: Anschlageinrichtungen dürfen nur von Personen benutzt werden, die gesundheitlich geeignet und im Umgang mit PSA (persönlicher Schutzausrüstung) geschult sind.
Fazit
Der neue Firmensitz der Max Felchlin AG ist rundum gelungen. Nicht zuletzt die spezielle Dachform verleiht dem Gebäude eine Einzigartigkeit in der Region und passt darum auch zu der einzigartigen Schokolade der Firma. Dank sehr guter Planung und dem hervorragend zusammenarbeitenden Spenglerteam, das sich aus drei Fachbetrieben zu einer schlagkräftigen Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen hatte, sind die Arbeiten am Dach und der Fassade perfekt gelungen. Die Dachlandschaft fügt sich harmonisch in den Schwyzer Talkessel ein. Zusätzlich zu den Hauptarbeiten am Dach hat die Arbeitsgemeinschaft auch die in der Hinterlüftungsebene der Fassade montierte Blitzschutzanlage ausgeführt. Weitere Auftragsbestandteile waren die Flachdachabdichtungen der Loggien im Dachgeschoss sowie die Montage des Schneestopp- und des Seilsicherungssystems auf der Dachfläche.
Info
Preisträger der Goldenen Spenglerarbeit 2021
Objekt: Neuer Firmensitz Max Felchlin AG,
Fertigstellung 2018
Bauherrschaft: Max Felchlin AG, Ibach, Schweiz
Architektur: Meili Peter & Partner Architekten AG, Zürich
Fachplaner: Lees Consulting, Benno Lees, Altikon, Schweiz
Fachbetriebe: Bless AG, Erstfeld, Schweiz
Paul Gisler AG, Cham, Schweiz
Annen + Schibig AG, Ibach, Schweiz
Dachaufbau: Holzelement 300 mm
Bauder-Unterdach verschweißt
Konterlattung 100 mm, komplett eingeschweißt mit Unterdachfolie
Schalung Nut/Kamm 27 mm
Strukturmatte Rheinzink Air Z
Doppelfalzdach Clip Relief Rheinzink prePatina blaugrau 0,7 mm, Achsmaß 530 mm
Einlegerinne mit Bauder-Flachdachfolie,
Drainagematte, Edelstahl-Schutzblech 1,0 mm
Fassadenbänder als Holzelementwand 300 mm
Fensterbank und Fassadenbänder in Rheinzink prePatina schiefergrau 1,0 mm
Kommentar der Jury
Die expressive Konstruktion ist individuell, mutig und bestimmt auch eigenwillig. Der Dachaufbau ist fachtechnisch sowohl bezüglich des Holzbaus wie auch der Spenglerarbeiten äußerst sorgfältig geplant und ausgeführt. Die Gliederung der großen Dachfläche in mehrere Teilflächen, die Führung in den steigenden Graten und Lichtöffnungen und die geschickt eingebauten, teils auch rund geführten Abtreppungen sind gut gelöst und handwerklich perfekt ausgeführt.