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Kupferkünstler mit DURCHBLICK

Der Sichtweise

Hartlöten festigt aus Gedanken Entstandenes

Bild: Marc Warzawa

Hartlöten festigt aus Gedanken Entstandenes

Bild: Marc Warzawa

Eva Hackenberg erweitert Doblers Skulpturen malerisch

Bild: Marc Warzawa

Eva Hackenberg erweitert Doblers Skulpturen malerisch

Gleichsam wie der Panzer einer Schildkröte arbeitete Armin Dobler früher Segment für Segment passgenau aneinander, um diese dann mittels einer selbst entwickelten „Schnitttechnik“ miteinander zu verbinden. Dazu wird ein Überstand von mehreren Millimetern nach hinten gebogen, per Blechschere eingeschnitten, mittels Zange gegeneinander verschränkt und der Spalt verlötet. Kupfer sei am schönsten, wenn es draußen im Freien sei. Wenn es dann noch nass sei, würde es gar anfangen zu leben. Wie zum Beweis wirft Armin Dobler einen kupfernen Frosch, der im Mundwinkel lässig eine Zigarre pafft, in den Wasserzuber, den er auch zum Abkühlen der gelöteten Werkstücke verwendet. Und tatsächlich: Die blecherne Amphibie sitzt auf dem Boden und schaut, im Wesentlichen aufgrund der Lichtbrechung, anders drein. Dann nimmt der Künstler den nassen Frosch aus dem Bottich und seine Augen glänzen vor Begeisterung: „Siehst du, wie er lebt?“ Armin sprüht vor Begeisterung für seine Arbeit und, einmal mit dem BAUMETALL-Reporter warm geworden, berichtet er von dem, was ihn antreibt: „Ich versuche, etwas Schönes zu machen!“ Schon als junger Mann begann er mit dem Schnitzen. Das kam nicht von ungefähr, denn sein Berufswunsch sei Schreiner gewesen. Doch das Elternhaus bestimmte zunächst den beruflichen Werdegang, ließ ihn Kaufmann werden. Später arbeitete er im Vertrieb und auch heute noch legt er im Dienste seines Arbeitgebers viele Kilometer zurück. Als auf seiner Lebensuhr das halbe Jahrhundert voll war, ging er in sich und stellte fest, dass er zwar vieles erreicht hatte, aber manches im Rückblick zu verbissen und mit zu viel Ehrgeiz. Das Rad der Zeit ließ sich nicht mehr zurückdrehen. Vielleicht beschloss Armin darum, seinen Lebensmittelpunkt mehr vom Rationalen des Kaufmanns in Richtung des Emotionalen eines Künstlers zu verschieben. Er mietete im Halleiner Gründerzentrum einen Raum, den er als Werkstatt nutzt. Dahin zog es ihn nach Feierabend und an Wochenenden und in vielen freien Minuten. Ein weiteres halbes Jahrzehnt später ergab sich dann die Gelegenheit, über ein Jahr hinweg eine berufliche Auszeit zu nehmen und sich komplett dem künstlerischen Tun und Sein zu widmen.

Anfangs mit k(l)einem eigenen Stil

Seine Anfänge im Umgang mit Kupfer gehen auf die Zusammenarbeit mit einem Goldschmied zurück. Von ihm übernahm Armin zunächst die Arbeitsweise – überlegte sich etwas Gegenständliches, beispielsweise eine Figur – zeichnete einen Entwurf und war dann bestrebt, das plastisch geformte Ergebnis dem zeichnerischen Entwurf anzunähern. Dementsprechend hing die persönliche Zufriedenheit über das Ergebnis bisweilen stark mit dem Grad der Übereinstimmung zusammen. Die Entwürfe wurden freier und unkonkreter. Zwischenzeitlich arbeitet er ohne Entwurf, geht direkt ans Material. Schneidet. Hämmert. Lötet. Lässt sich treiben. Ist neugierig auf das, was wird. All das geschieht nicht planlos, sondern folgt einer inneren Idee, die der jeweiligen Arbeit gleichsam als Leitbild zugeordnet ist, versichert Armin. Darauf wiederum haben Stimmungen, Gefühle und auch Erkenntnisse direkten Einfluss. Betrachtet er vor diesem Hintergrund erneut ein bestehendes Objekt, so wird dieses wieder zerlegt, die Komponenten werden in einen anderen Zusammenhang gebracht, wodurch sie, im veränderten Kontext, eine Neubewertung erfahren.

Grip-Zangen sind Doblers liebstes Werkzeug

Bild: Armin Dobler

Grip-Zangen sind Doblers liebstes Werkzeug
Er ist imposant und variabel zugleich: Doblers fliegender Bischof

Bild: Marc Warzawa

Er ist imposant und variabel zugleich: Doblers fliegender Bischof

Wandelbarer Bodenständiger

Die Themen, mit denen sich Armin auseinandersetzt, entstammen sämtlich seiner kleinstädtisch-ländlich geprägten Umgebung. So drückt der „Fliegende Bischof“ für ihn die Dominanz der Kirche aus. Er hat eine Skulptur geschaffen, die aufgrund der Möglichkeit, sie an einem Seil hochzuziehen, in jede beliebige Position gebracht werden kann und so ihr Wesen von „unnahbar“ über „auf Augenhöhe“ bis „darauf herabsehen“ ändert. Diese Wandelbarkeit kann ohne Weiteres als Armin Doblers Charakteristikum betrachtet werden.

Geschliffene Diamanten liegen nicht auf der Straße und Rohdiamanten brauchen für ihr Entstehen ganz besondere Bedingungen. Druck und Temperatur sind zwei wesentliche. Bildlich gesprochen ist der Tennengauer Künstler Armin Dobler ein solcher Rohdiamant und der Druck hat sich in ihm über Jahre gestaut. Jahre, in denen er durch verschiedene Einflüsse gezwungen war, Ziele zu erreichen, die teils nicht die seinen waren. Dass er dabei nicht überhitzte, sondern es ihm gelang, kühlen Kopf zu bewahren, ist eine Stärke. Eine andere ist, dass er dem Ziel, dem inneren Drang nach Gestaltung ein Ventil bietet.

Teile früherer Arbeiten warten als Rohmaterial auf eine weitere Verwendung

Bild: Marc Warzawa

Teile früherer Arbeiten warten als Rohmaterial auf eine weitere Verwendung
„Der Aufbruch“: Impression aus der Entstehungsphase

Bild: Armin Dobler

„Der Aufbruch“: Impression aus der Entstehungsphase

Doch während ein Diamant mit jedem Schleifvorgang an Gewicht verliert, legt Dobler mit der Zeit an Umfang und Tiefgang zu: Er hat seinen Weg gefunden – ist dabei, ihn weiter zu gehen. Man darf sich das nicht so vorstellen, dass der Weg vorgezeichnet wäre. Denn ein Weg entsteht erst beim Gehen und man darf gespannt sein, wohin Armin dieser Weg führt. Wir von BAUMETALL sind gerne bereit, ihn zu begleiten, wohl wissend, dass wir dadurch Einfluss auf dessen Verlauf nehmen. Vom Weg abbringen wird ihn dies gewiss nicht. Denn er ist über die Jahre gereift wie ein guter Wein und hat bereits mehrfach gezeigt, dass er mit äußeren Einflüssen nicht nur umzugehen weiß, sondern sie in Schaffenskraft wandelt und in sein Werk zu integrieren vermag. Hinzu kommt, dass Armin in der bildenden Künstlerin Eva Hackenberg eine kongeniale Ergänzung gefunden hat. Eva Hackenberg reflektiert Armins Werke – setzt sie in eine eigene Bildsprache um – akzentuiert und erweitert sie. Nur auf den Werkstoff Kupfer bezogen scheint all das kaum möglich.

Eva Hackenberg ist eine vielseitige bildende Künstlerin, Musikerin und Sängerin. Sie nutzt ihr Einfühlungsvermögen, um traumatisierten Menschen, vorwiegend Kindern, dabei zu helfen, ihren Gefühlen über ihre Schicksalsschläge Ausdruck zu verleihen, um sie so greifen und verarbeiten zu können. In der Zusammenarbeit mit Armin haben sich wiederum die ­verwendeten Materialien gewandelt. Nutzte Hackenberg früher hauptsächlich natürliche Pigmente, so setzte sie zur Fortschreibung von Armins Werken auf Stoff und zuletzt auf kräftige Acrylfarben. Diese seien zugleich Kontrast und Verstärkung der Farben, so die Künstlerin. Während sie gezielt einen Farbton wähle und wiederum sehr frei in der Gestaltung sei, würden sich die Farben auf Kupfer beim Löten aufgrund unterschiedlicher Temperaturen durch Oxidation mehr oder minder willkürlich entwickeln. Was bei ihr aber niemals fehlen dürfe, sei Schwarz. Erst dadurch beginne eine Arbeit zu leben.

Zeit zählt zu Doblers Top-Themen

Bild: Marc Warzawa

Zeit zählt zu Doblers Top-Themen
„Geborgen sein“ heißt diese Skulptur aus luftig angeordneten Kupferbögen

Bild: Armin Dobler

„Geborgen sein“ heißt diese Skulptur aus luftig angeordneten Kupferbögen
Doblers „Reise auf dem Fisch“ ist locker strukturiert …

Bild: Marc Warzawa

Doblers „Reise auf dem Fisch“ ist locker strukturiert …
... und offenbart aus anderer Perspektive überraschende Einblicke

Bild: Marc Warzawa

... und offenbart aus anderer Perspektive überraschende Einblicke

Wohin die Reise geht

Dem aufgeschlossenen und ob der Vielfalt an Formen und Farben staunend und begeistert zugleich im Atelier auf- und abgehenden BAUMETALL-Reporter kommt es nicht auf die Interpretation einzelner Werke an. Er sieht den Bogen des Werdeganges gespannt vom sehr konkreten, gegenständlichen Schaffen hin zum immer freieren und selbstbewussteren, ja gleichsam schlafwandlerisch selbstsicheren Entstehen. War früher gleichsam der Trichter nach dem zeichnerischen Konzipieren auf die Umsetzung eingeengt und das Ergebnis sollte sich mit dem Entwurf möglichst präzise decken, hat sich mittlerweile der Schaffensprozess komplett umgekehrt: Ein Gedanke, plötzlich für Armin Dobler quasi im Raum stehend, manifestiert sich unter dem Einfluss seiner kreativen Hände und erfährt Stück für Stück Erweiterung, bis eine neue Skulptur entstanden ist. Doch ist sie dadurch nicht „fertiggestellt“ im Sinne dessen, wie ein Handwerker seine Arbeit an einer Kaminverwahrung oder Turmbekrönung abschließt.

Eine Ausstellung würde er schon mal gerne bestreiten. Zugleich hat er jedoch einen Heidenrespekt davor, dass er sich danach unbewusst der Nachfrage anpasst: „Da bin ich dann wieder ganz Kaufmann und schau, was geht.“ Wir von der BAUMETALL sind der Überzeugung, dass er mit derlei Einflüssen umzugehen weiß. Denn der stete Wandel ist integraler Bestandteil seines Schaffens:

Zeit in Sichtweite

Dadurch, dass Armin Dobler Elemente bestehender Skulpturen teilweise wiederverwendet, trägt er, wohl eher unbewusst, dem Recycling-Gedanken des Werkstoffs Kupfer Rechnung, mehr aber noch dem Umstand, dass insbesondere seine Kunst der Zeit unterworfen ist. Damit ist weniger der Zeitgeist gemeint, der für ihn ohnehin eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint. Vielmehr ist dadurch sein Werk einem steten Wandel unterworfen, das auch durch Fotografie nur unzureichend konserviert werden kann. Denn unter dem Einfluss von Licht sowie Perspektive ergeben sich stets neue Einblicke, die kaum vielfältiger erlebt werden können.

Nach eigenem Bekunden sind Zeit und Vergänglichkeit das Spannungsfeld, dem sich Armin Dobler vermehrt widmen möchte. Wir von BAUMETALL sind bereits heute gespannt darauf, wie er diese Felder, die im Übrigen jeden Menschen betreffen, zukünftig interpretiert.

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