Die Montage des wetterfesten Baustahls weckte Erinnerungen bei Robert und Christian Smejkal. „Die Fassadenverkleidung installierten wir neben unserem ehemaligen Werkstattgebäude in Heidenheim“, bestätigten die Klempnermeister Anfang Juni 2019, nachdem sie mit ihrem Team die Stahltafeln am neuen Empfangsgebäude einer Schule montiert hatten. Schon vor Jahren hatte die Flaschnerei ihren Firmensitz an den heutigen Standort verlegt. Für das Bauvorhaben waren die Handwerker auf das Industriegelände WCM-Nord zurückgekehrt, das seinen Namen der früheren Württembergischen Cattunmanufaktur verdankt.
Fabrikneuer korrodierter Stahl
Wetterfester Baustahl kommt aus Überzeugung zur Anwendung und ist mehr als nur ein Werkstoff. Weil die Oberfläche keine Beschichtung und keine metallischen Überzüge aufweist, ist die Umweltverträglichkeit des Materials recht hoch. Von der Verarbeitung bis zum Recycling entstehen nur geringe Belastungen für die Natur. Gleichzeitig erreicht das stabile, wartungsarme Metall mühelos eine Lebensdauer von 30 Jahren und mehr. „Der größte Vorteil beim Einsatz des wetterfesten Baustahls liegt in seiner Wirtschaftlichkeit. Es entstehen keine Kosten für einen Korrosionsschutz“, bekräftigt Junior-Geschäftsführer Christian Smejkal. Auf der Oberfläche des Stahls bildet sich unter dem Rost eine dichte Sperrschicht, die den Stahl vor der völligen Zersetzung schützt. Die Deckschicht bringt den Rostvorgang nicht komplett zum Stillstand. Sie verlangsamt die Korrosion jedoch so massiv, dass die chemischen Vorgänge nahezu unterbrochen sind. Der Fachbetrieb fertigte unterschiedliche Tafeln im Rechteckformat für die insgesamt 256 m² große Fläche. Die verschiedenen Maße umfassen einerseits großformatige bis annähernd quadratische Tafeln. Diese Formate waren für die äußeren Kanten und die vollflächig bekleideten Seiten des Gebäudes bestimmt. Andererseits entstanden lange, schmale Tafeln für die Fensterlaibungen.
Hart wie Stahl
„Wir verarbeiteten 2,0 mm starken Stahl der Sorte S355J2WP von Thyssenkrupp“, erklärt Geschäftsführer Robert Smejkal. Der Werkstoff, der im Format 1250 x 2500 mm geliefert wurde, erfüllt die Qualitätsstandards der Herstellung gemäß DIN EN 10 025-5 „Warmgewalzte Erzeugnisse aus Baustählen – Teil 5“. Der Stahl besteht aus einer Eisenlegierung, in der Nickel einen Anteil von 0,65 % einnimmt. Enthalten sind auch geringe Anteile von Kupfer (0,25 bis 0,55 %) und Chrom (0,3 bis 1,25 %). Darüber hinaus kommen Spuren von Mangan, Silizium, Kohlenstoff und Phosphor im Werkstoff vor. Das Material lässt sich bearbeiten wie herkömmliche Stahlsorten. Technisch ausführbar sind das Umformen, Bohren, Fräsen und sogar Schweißen. Die Flaschnerei kürzte den Werkstoff und fügte Lochungen für die Befestigungspunkte ein. „Für die Verkleidung mit dem wetterfesten Baustahl konstruierten wir einen hinterlüfteten und gedämmten Aufbau. Die Unterkonstruktion kommt von GIP aus Braunschweig“, erklärt der Heidenheimer die Herausforderungen. Ziel war es, Dauerfeuchtigkeit in der Konstruktion zu vermeiden. Eine weitere Priorität bestand darin, dass die Korrosion nicht auf andere Bauteile übergreift. Die Metallunterkonstruktion besteht aus Winkeln und U-Profilen, die zwischen der Betonwand und der Fassade genug Raum für eine Dämmschicht und die Belüftung frei lassen. Die Stahltafeln wurden mit sichtbarem Fugenabstand montiert, der die Belüftung der Fassade unterstützt.
Montage auf dem Gelände
Die Fachleute befestigten die Tafeln an den vier Gebäudeseiten im vertikalen und horizontalen Verlegebild. Dabei legten sie Wert darauf, bestehende Symmetrien durch die Anordnung der Tafeln zu betonen. Gegenüber jedem der Bestandsgebäude wurde die Fassade jeweils vollflächig montiert. An der Seite zur Hauptstraße installierten die Klempner die Tafeln zwischen den schmalen Fenstern. Diese Bekleidung erhöht die Breite der Lisenen, die bereits im Betonrohbau angelegt waren. Der Wechsel aus Glas und Stahl erzeugt eine strenge Struktur paralleler vertikaler
Linien. Die senkrechten Linien werden einzig über dem ersten Stockwerk sowie unter dem Dach durchbrochen. Auf der Seite zum Werksgelände dominiert eine Glasfassade mit dem Haupteingang. Dort wurden die äußeren Kanten neben der Verglasung, ein Bereich über dem Eingang sowie der Abschluss unter dem Dach bekleidet. „Drei Monteure bewältigten die Arbeiten, Meister Klaus Bauer, Vorarbeiter Stephan Ulmer und Fachwerker Kevin Herbst“, so der Inhaber. Die Montage startete im Herbst 2018 und war Anfang Juni 2019 beendet. Die Unterschiede zwischen der neuen und bestehenden Architektur könnten kaum größer sein. Im Gegensatz zum fabrikneuen Metallwerkstoff sind die mineralischen Tonziegel über 100 Jahre alt. Das Farbspektrum der Rostpatina reicht von Rotbraun bis hin zum kräftigen Braunton. Die dunklen Farben setzen einen unübersehbaren Kontrast zu den hellroten Ziegeln.
Umwidmung statt Abriss
Der zweigeschossige Neubau war ab Sommer 2018 errichtet worden, um eine barrierefreie Verbindung zwischen den beiden Bestandsgebäuden herzustellen. Der Denkmalschutz untersagte den Abriss der Roten Halle und der Werkstatt. Vor dem Umbau wechselte das Nutzungskonzept des 1,2 ha großen Industriegeländes und der Werksgebäude bereits mehrfach. Bis 1966 stellte die Baumwollmanufaktur dort Textilien her. „Die Flaschnerei in der alten Werkstatt wurde 1968 von meinem Onkel Erwin Hagstotz gegründet. Ich habe die Firma 1992 übernommen, Christian ist seit 2011 dabei. Im Jahr 2000 zogen wir nach Mergelstetten südlich von Heidenheim um, wo wir heute arbeiten“, ergänzt der Unternehmer. Als die Stadt ab März 2015 zum neuen Eigentümer des Geländes WCM-Nord wurde, ebnete sie den Weg für die heutige Nutzung. Seit 2016 ist die Schule in beiden Gebäuden untergebracht. Die einstige Industriebrache verdankt ihre Aufwertung maßgeblich der Sanierung und dem Neubau mit der Hülle aus wetterfestem Baustahl.
Bautafel
Projekt: Belüftete, gedämmte Fassade für ein neues Schulgebäude auf dem früheren WCM-Gelände, Frühjahr 2019
Bauherr: Stadt Heidenheim
Architektur: Stefan Bubeck, Markus Weber, Bodo Zihsler, Hochbauamt Heidenheim
Material: 256 m² wetterfester Baustahl, 2,0 mm, des Typs S355J2WP (1. 8946), Hersteller, Thyssenkrupp, Essen
Unterkonstruktion: GIP, Braunschweig
Fachbetrieb: Robert Smejkal Flaschnerei für Bau und Industrie, Heidenheim-Mergelstetten