Um unseren kleinen Heimatort Wüstenbrand etwas „weltbekannt“ zu machen, haben wir schon einige verrückte Sachen unternommen. Die erste Aktion starteten wir vor mehr als 20 Jahren. Ein originales Ortseingangsschild (natürlich nicht heimlich gestohlen) brachten wir nach Nordkanada zum berühmten Schilderwald von Watson Lake, um es dort zwischen Zehntausenden anderen Schildern aus aller Welt zu montieren. Das war zwar ein großes Abenteuer, klempnertechnisch, aber bis auf einen Alurahmen mit Griff für das verpackte Schild und einige Spenglerschrauben für die spätere Montage keine allzu große Herausforderung. Wesentlich interessanter war da schon die nächste Aktion einige Jahre später: Der Bau eines Wegweisers komplett aus Kupfer! Entstanden ist diese etwas ausgefallene Idee in geselliger Runde und reichlich Bier spielte dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Gesehen und auch fotografiert habe ich viele derartige Objekte während meiner zahlreichen Reisen auf fast allen Kontinenten. Oft sind es Touristenattraktionen, die meist an exponierten Stellen stehen und sich gerne auch noch mit einem Superlativ schmücken, nördlichster, höchster Punkt usw. Nicht alle, aber in der Mehrzahl sind es recht einfache Holz- oder Stahlkonstruktionen, denen sicherlich an ihren oft feuchten und auch sturmumtosten Plätzen kein allzu langes Leben beschieden sein wird. Das wollten wir besser machen. Die Idee: „Wir bauen so ein Teil aus wetterbeständigem Kupfer und stellen es bei uns in Wüstenbrand auf!“
Superlative gesucht
Nun ist Wüstenbrand nur eine kleine, völlig unbekannte Gemeinde (mittlerweile sogar nur noch Ortsteil) in Südwestsachsen, eingeklemmt zwischen den größeren Städten Chemnitz und Zwickau. Soviel Mühe wir uns auch geben, hier gibt es keine vergleichbaren Superlative, wie bei den Vorbildern in aller Welt, wo man es aufstellen könnte. Auch an exponierten Lagen mangelt es uns hier etwas. Das nächste Meer ist hunderte Kilometer entfernt und die höchste Erhebung, der Heidelberg, mit gut 400 m auch nicht gerade beeindruckend. Also wird der vorerst geplante Aufstellungsort mein kleiner Vorgarten. Nur ist der leider nicht mit der ständigen Vergrößerung unseres Projektes mitgewachsen. Also brauchen wir einen anderen Ort, gut wäre vielleicht ein öffentlich zugänglicher Platz. Bis wir uns damit ernsthaft befassen müssen, wird es aber noch eine ganze Weile dauern. Eigentlich sollte die Herstellung ein großer Spaß in meiner Werkstatt werden. Hätte ich damals auch nur annähernd geahnt, wie viel Arbeit das macht, wäre die Realisierung wohl nur ein schöner Traum geblieben. Aus den ursprünglich geplanten zwei bis drei Jahren Bauzeit sind dann tatsächlich über 15 Jahre geworden. Gearbeitet wurde an diesem Projekt fast ausschließlich in den Wintermonaten. Das ist die einzige Zeit im Jahr, in der man als Klempner für so etwas überhaupt Zeit hat. Unser Superlativ hieß folglich: „Die zielorientiertesten Klempner der Region!“
Zielstrebiges Team
Tatkräftige Unterstützung bekam ich von zwei alten Freunden, beide übrigens keine Spengler. Ronny, von Beruf Malermeister und als Berufsschullehrer tätig, übernahm den wichtigen gestalterischen Teil. Alle Buchstaben und Zahlen wurden von ihm in schönster Schrift seitenverkehrt auf die verwendeten Kupferbleche geritzt. Leider hat er die Fertigstellung wegen einer bösartigen Krankheit nicht mehr erleben dürfen. Jetzt brauchten wir diese Linien nur noch herauszutreiben. Die verwendeten Punzen sind alle selbst angefertigt und waren in ihrem „ersten Leben“ kleine Meisel und Dorne. Ein Kupferschmied hätte bei unserer unprofessionellen Arbeit bestimmt die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, aber die Resultate waren gar nicht so übel. Bei diesen Arbeiten unterstützte mich Stefan, eigentlich gelernter Koch und Kraftfahrer. Außer mit vielleicht Backblechen hatte er mit Blech bislang recht wenig zu tun. Nach einem Schnellkurs in Blechbearbeitung arbeiteten wir oft gemeinsam an den Wochenenden in meiner kleinen Klempnerwerkstatt. Im ersten Jahr entstand das Grundgestell, das in etwa die Form eines kleinen Baumes mit drei Ästen hat. Das wurde alles aus 25 bis 30 cm langen Kupferfallrohrstücken verschiedener Dimensionen angefertigt. Alle Verbindungen wurden gefalzt und von innen verlötet. Nachdem der noch leere Schilderbaum fertig war, begannen wir im zweiten Jahr mit den Schildern. Zehn bekannte Ortsnamen aus aller Welt haben wir ausgewählt. Auswahlkriterien waren die Namenslänge und natürlich sollte auch jeder Kontinent vertreten sein. Als Zugabe, die aber unbedingt an solch einen Wegweiser gehört, wurden die vier Himmelsrichtungen, natürlich ebenfalls in Kupfer getrieben, montiert. Um die herausgetriebenen Buchstaben und Zahlen optisch hervorzuheben, wurde der Untergrund komplett verzinnt. Einige Jahren der Witterung ausgesetzt, sollten dann die dunkelbraun oxidierten Zeichen auf grauer Fläche gut zu erkennen sein. Was sich hier in wenigen Minuten liest, dauerte einige Jahre. Die Abstände zwischen den Arbeitswochenenden wurden auch immer größer. Während wir zu Beginn noch akribisch unsere Arbeitsstunden notiert haben, wurde das irgendwann eingestellt. Interessant zu wissen, wäre vielleicht, wie viele Flaschen Bier wir bis zur Fertigstellung konsumiert haben ... Nach manchen Arbeitseinsätzen war die Anzahl leerer Bierflaschen größer als die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden! Nach knapp 10 Jahren hatten wir es geschafft: Der Wegweiser war fertig.
Unfassbar schlimmer Alptraum
Nach einer ersten öffentlichen Präsentation (mittlerweile ist es abgemacht, dass der Wegweiser vor dem Rathaus aufgestellt wird) zeigten sich gravierende Mängel. Die gefalzte Kupferkonstruktion war einfach zu instabil und während der vorläufigen Einlagerung bis zur endgültigen Aufstellung geschah das Unfassbare – der Schilderbaum zerbrach in mehrere Teile! Schockiert standen wir vor einem Trümmerhaufen aus Kupferrohren. Jetzt gab es nur zwei Alternativen, entweder Verschrottung und das Kapitel Wegweiser abhaken und damit wären zehn Jahre Arbeit umsonst gewesen (... rein gefühlsmäßig habe ich im ersten Augenblick stark zu dieser Variante tendiert) oder ein totaler Neuaufbau. Wieder helfen einige Flaschen Bier und vor allem mein Freund und Berufskollege Frithjof bei der Entscheidungsfindung. Von ihm kamen der Vorschlag und letztendlich dann auch die solide Ausführung, das Gestell aus stabilen und beständigen Edelstahlrohren zusammenzuschweißen. Nach nun stolzen 15 Jahren Bauzeit konnten wir den fertigen Wegweiser als Geschenk an unsere Gemeinde übergeben und Ende Oktober 2020 auf das vorbereitete Fundament vor dem Rathaus montieren.
Das BAUMETALL-Team bedankt sich bei Frank Meyer für diesen unterhaltsamen und informativen Beitrag!
Ein kleines Dankeschön ist, mit besten Grüßen aus der Redaktion, unterwegs nach Wüstenbrand!