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Echt herausragend

Lochem liegt ca. 30 km südwestlich von Hengelo in den Niederlanden. Infolge der Fusion mit der Nachbargemeinde Gorssel benötigte der Ort ein größeres Rathaus. Die Planung für das gesamte Ensemble übernahm das Amsterdamer Architekturbüro Rau. Das Zentrum des Neubaus bildet der Ratssaal, der als verbindendes Element zwischen zwei über Eck stehenden Gebäudeflügeln angeordnet ist. Hier schlägt sozusagen das Herz der kommunalen Demokratie. Um die Bedeutung des Raums als politische Schaltzentrale hervorzuheben, haben die Architekten ihn wie ein Oval geformt und mit einem geschwungenen metallenen Schweif umhüllt, dessen langes Ende weit auf den Platz vor dem Rathaus in Richtung Altstadt herausragt.

Einladende, transparente Gestaltung

Mit dieser Geste soll er die Verbindung zwischen Bürgern und Politik symbolisieren. Gleichzeitig markiert er den Eingangsbereich und leitet die Besucher in das Gebäudeinnere. Hier werden sie von einem überaus weiträumigen Foyer empfangen, das die Rezeption und die Zugänge zum Konferenzzentrum, zu den im Erdgeschoss liegenden Abteilungen mit Publikumsverkehr sowie zum Restaurant beherbergt. Gestalterisch dominierendes Element ist auch hier der ovale Ratssaal mit seiner metallenen Umhüllung. Er schwingt sich unter der Decke entlang hinauf zum 1. Obergeschoss, öffnet sich dort für die beiden Zugangsbrücken, schließt sich wieder zum Dach und endet über einer gläsernen Fassade, die den Blick auf den Vorplatz und die Altstadt freigibt. Die Verglasung mit raumhohen Fenstern steht für Transparenz und Offenheit der Politik gegenüber den Bürgern.

Langlebiges und pflegeleichtes Material

Bei der Auswahl der Baustoffe legten Bauherr und Architekten großen Wert auf Nachhaltigkeit. Dabei orientierten sie sich an ökologischen Zertifizierungen wie beispielsweise dem FSC-Gütesiegel für Holz und dem Cradle-to-Cradle-Konzept. FSC steht für Forest Stewardship Council und ist ein internationales Zertifizierungssystem für sozial- und umweltverträgliche Waldwirtschaft. Cradle-to-Cradle-Produkte sind gesundheitlich unbedenklich, lassen bei der Herstellung keinen Abfall entstehen bzw. dieser wird recycelt, haben keine negativen Einflüsse auf die Umwelt und können wieder verwendet werden. Das Titanzink der Produktlinie Patina Line der Rheinzink GmbH & Co. KG, Datteln, erfüllt diese Kriterien – ein wichtiger Grund, warum sich Bauherr und Planer entschieden, den Ratssaal mit diesem Baustoff umhüllen zu lassen. Zu den weiteren Auswahlkriterien zählte, dass das Titanzink aus Datteln gut formbar und über seine gesamte Lebensdauer absolut pflege- sowie wartungsfrei ist. Der Grund dafür ist die schützende Patina, die sich durch das Kohlendioxid in der Luft und durch das Regenwasser von selbst und nach Verletzungen der Oberfläche immer wieder neu bildet.

Um diese Patina bereits ab Werk anzubieten, hat Rheinzink ein weltweit einmaliges Beizverfahren entwickelt, mit dem das Titanzink den Farbton erhält, den es durch die Bewitterung ohnehin erhalten würde. Die materialspezifische Eigenschaft zur Bildung der schützenden Patina bleibt dabei vollkommen erhalten. Das Dattelner Unternehmen bietet drei Oberflächenqualitäten an: prePatina walzblank, prePatina blaugrau und prePatina schiefergrau. Außerdem erhältlich sind farbige Beschichtungen auf PVDF-Basis sowie die zusätzliche Ausstattung mit einer transparenten Schutzschicht, die auch widrigsten Umwelteinflüssen widersteht.

Darüber hinaus ist der Neubau vermutlich das erste CO2-neutrale Null-Energie-Rathaus in den Niederlanden und kann sich nahezu komplett selbst mit Energie versorgen.

Handwerkliche Herausforderung

„Die Bekleidung des Ratssaales war wirklich eine handwerkliche Herausforderung“, erinnert sich George Westgeest. Er ist Direktor von Elshof Metaaldak, einem niederländischen Unternehmen, das sich auf Dach- und Fassadenbekleidungen aus Metall spezialisiert hat, und hat den Neubau des Rathauses Lochem als Projektleiter betreut. „Es gab so viele Details, die individuell gelöst werden mussten. Zum einen wegen der gebogenen Form, zum anderen mussten wir darauf achten, dass die Falze in einer durchgehenden Linie um den Baukörper herumlaufen.“

Einsatz unterschiedlicher Techniken

Der Lochemer Ratssaal wurde mit prePatina blaugrau in zwei unterschiedlichen Techniken umhüllt. Für die geschwungene Dachbekleidung wurde der Doppelstehfalz verwendet, der bei Dachneigungen zwischen  3° und < 25° (5 % und 47 %) eingesetzt wird. Die eher vertikalen attikaähnlichen Bereiche hingegen wurden mit Großrauten bekleidet. Diese Elemente sind werksmäßig in unterschiedlichen Abmessungen bis zu einer Breite von 60 cm sowie einer Länge von 300 cm erhältlich. Weitere Unterschiede gibt es bei der Dachunterkonstruktion. Dort, wo der metallene Schal als Außenwand dient, ist sie als nicht belüftete Warmdachkonstruktion ausgeführt, in den anderen Bereichen entfiel die Dämmschicht und der Dachaufbau wurde mit entsprechender Belüftung ausgeführt. Sechs Coils hat der Verarbeiter Elshof Metaaldak in der Werkstatt im rund 40 km entfernten Olst für die Scharen und Großrauten zugeschnitten, gekantet, zur Baustelle transportiert, angepasst und montiert.

Aufbau des Tragwerks

Das Haupttragwerk des Ratssaales besteht aus einer Stahlkonstruktion. Die Umsetzung erfolgte mit Doppel-T-Trägern, die zur Formgebung in einigen Bereichen mit Leimholzbindern kombiniert wurden. Dazu wurden die Binder entweder ausgeklinkt und in den Doppel-T-Trägern befestigt oder über entsprechende Halterungen an die Stahlkonstruktion montiert. Darauf erfolgte der Aufbau (im Außenbereich, von innen nach außen): Stahlkonstruktion bzw. Leimholzbinder, Tragschale aus Trapezprofilen, darauf zusätzliche Stahlblechstreifen zur Befestigung der Titanzinkschare, selbstklebende aluminiumkaschierte Bitumenbahn als Dampfsperre, 2 x 40 mm PIR-Dämmung, strukturierte Trennlage und Titanzink mit 25 und 38 mm hohen Doppelfalzen. Die Montage der Scharen erfolgte mit Teleskophaften, die durch die Dämmung hindurch auf den Stahlblechstreifen befestigt sind.

Anspruchsvolles Referenzobjekt

Rund 2000 m² (14 t Titanzink) hat Elshof Metaaldak beim Rathaus in Lochem verarbeitet. „Das Projekt hat gezeigt, dass mit Titanzink nahezu alles möglich ist. Wichtig ist die exakte Planung im Vorfeld. Die Ausführungsdetails können jedoch häufig erst vor Ort geklärt werden. Sämtliche Einzelheiten haben wir mit dem Bauherrn und dem Architekten abgestimmt“, berichtet George Westgeest. „Schließlich ging es darum, alles materialtechnisch, bauphysikalisch und optisch einwandfrei auszuführen. Da gab es viele Situationen, in denen wir alle gemeinsam nach der richtigen Lösung gesucht haben. Für uns ist das Rathaus Lochem aus mehreren Gründen ein gelungenes Projekt. Es ist ein wirklich herausragendes Gebäude und Referenzobjekt, bei dem wir trotz aller Herausforderungen das vorgegebene Budget und den Terminplan eingehalten haben.“

Bautafel

Bauherr: Aan de Stegge Bouw & Werktuigbouw, Goor

Architekt: Rau, Amsterdam

Fachbetrieb: Elshof Metaaldak, Olst

Material: Rheinzink-prePatina blaugrau; Doppelstehfalz; 14 t

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