Details vom schwäbischen Tüftler

12.11.2019 | Veröffentlicht in Ausgabe 07-2019

Anspruchsvolle Details: waagerechte Falzführung, runde Laibungsprofile und Entwässerungsrinne - © Bild: Klaus-Dieter Ziegler — © Bild: Klaus-Dieter Ziegler

Anspruchsvolle Details: waagerechte Falzführung, runde Laibungsprofile und Entwässerungsrinne

Meisterliche Klempnerarbeit Klaus-Dieter Ziegler hat ein Händchen für Bekleidungen, technisch versierte Abdichtungen und detaillierte FalzführungenVon Henry Rasch

Die Kupferarbeiten von Spenglermeister Klaus-Dieter Ziegler überwinden die Grenzen des Irdischen. Der gelernte Flaschner erwarb seinen Meistertitel 2007 als Jahresbester an der Stuttgarter Robert-Mayer-Schule. Drei Jahre später schloss der gebürtige Schwabe die Akademie des Handwerks als Betriebswirt ab, ebenfalls mit den besten Leistungen seines Jahrgangs in Baden-Württemberg. Zwei stehfalzbekleidete Gauben an einem Wohnhaus in Schorndorf (BW) tragen seit September die Handschrift des Profis. Zur fachgerechten Abdichtung installierte der Spezialist eine Reihe interessanter Einzellösungen. Das Handwerk muss allerdings künftig auf das Ausnahmetalent verzichten. Denn der Spenglermeister kündigte an, sich aus seinem Beruf zu verabschieden.

Winkelstehfalze mit Anschluss an kreisrunde Fenstereinfassung

Wartungsfreie Abdichtung

„Das war das letzte Projekt. Die Spenglerkarriere ist beendet“, unterstreicht Klaus-Dieter Ziegler. Mit Erfahrung und Weitsicht zieht der Betriebswirt des Handwerks Bilanz seiner bisherigen Arbeit: „Die Zeit war gut, ich habe keine Wehmut. Ich war Spengler mit Leib und Seele.“ Die Karriere führte vorbei an beachtlichen Stationen: „Ich habe bei vielen renommierten Firmen gearbeitet, darunter Altvater Metallverarbeitung. Ich war im Management für internationale Finanzierungen von Windenergieanlagen tätig. Ich bringe alles mit, um ein großes Unternehmen zu führen“, sagt der Betriebswirt. Doch die Entscheidung steht fest. Das ausgeführte Bauvorhaben setzt somit einen würdevollen Schlusspunkt, wie ihn sich Herzblutspengler nur wünschen können.

„Die Arbeiten haben wir zu dritt ausgeführt in Kooperation mit der Bauflaschnerei Ralf Rentschler in Welzheim“, beginnt der 36-Jährige zu erzählen. Bekleidet wurden die Gauben mit 0,6 mm starkem walzblankem Kupfer vom Band. Die Handwerker bezogen ihr Material vom Hersteller Palmer Bleche, dem Vollsortimenter für Bedachungsmaterial aus Remshalden-Hebsack. Das Halbedelmetall erfordert nur wenig Wartungsaufwand, während die Bekleidung jahrzehntelang hält. Kupfer korrodiert unter freier Bewitterung nicht. Stattdessen bildet sich auf der Oberfläche eine natürliche Oxidschicht, die den Werkstoff vor weiteren Witterungseinflüssen schützt.

Der Spenglermeister installierte die Scharen in Winkelstehfalztechnik auf einer belüfteten Unterkonstruktion aus Holz und OSB-Platten. Die Befestigung erfolgte mit Haften aus Edelstahl, die einen korrosionsfreien, stabilen Halt garantieren. Zugleich beeinträchtigen die Hafte die Wärmeausdehnung der Scharen nicht. Der Experte legte größten Wert auf die Abdichtung. Deshalb montierten die Handwerker zunächst lange Eckprofile an den lotrechten Kanten beider Gauben, damit der Stoß der OSB-Platten geschützt ist.

Fachgerechter Walzbleianschluss zwischen Brustblech und Ziegeldeckung

Traufanschluss mit gefächertem Spritzwasserschutz nach der Fertigstellung

Maßarbeit an der Traufe

Im Zuge der Sanierung erhielten die Dachflächen des Bestandsgebäudes eine andere Eindeckung. „Die Gauben wurden neu in den Dachstuhl konstruiert“, ergänzt der Spenglermeister. Die Kombination dieser Arbeiten wertete die äußere Gestalt und den baulichen Zustand der Bedachung insgesamt auf. Die größere Gaube erstreckt sich von der Dachfläche hinab bis zur Hauswand unterhalb der Eindeckung. Zugleich ragt die Gaube in ihrer Bautiefe über die Traufe hinaus, sodass sie auch als Vordach über dem Eingang dient. Diese Spezialmaße erforderten Lösungen, die allein das Handwerk hervorbringt. „Die Profile wurden zu 95 % in der Werkstatt gefertigt. Hierzu waren allerdings ein präzises Messen, Visualisieren und die Vorstellung vom fertigen Projekt im Vorfeld wichtig“, berichtet der Fachmann.

Auf elektronisches Werkzeug verzichteten die Spengler weitgehend. „Alle Profile wurden einzeln gemessen und mit Handabkantbänken oder sonstigen Maschinen manuell hergestellt, ohne den Einsatz CNC-gesteuerter Maschinen“, versichert Ziegler und fügt hinzu: „Präzision funktioniert auch so, wenn man das Herzblut und die Liebe dazu hat.“ Die Handwerker fertigten beispielsweise kleinteilige, speziell gefalzte Profile. Diese Bauteile wurden an den OSB-Platten in den Bereichen montiert, in denen die eigens gekürzte Kupferrinne an die Gaube grenzt. Diese Montagetechnik schützt die Holzfasern vor Feuchtigkeit. Das Regenwasser, das bei Niederschlag in großer Menge zur Rinne herabfließt, dringt nicht bis zur Unterkonstruktion vor.

Die kleinteiligen Abdichtungsbauteile sind nach der Fertigstellung kaum noch zu sehen, weil auch diese Bereiche mit Stehfalzscharen bekleidet wurden. Der Spenglermeister betrachtet Maßanfertigungen vor allem als Anspruch an die eigene Arbeit und als Qualitätsmaßstab: „Wenn ich etwas mache, dann eintausendprozentig. Von der Stange kann ich nicht“, so der 36-Jährige. Ein formschönes Extra bestätigt dieses Arbeitsethos und weist auf die durchdachte Abdichtung hin: Der Spezialist konstruierte einen Spritzwasserschutz aus einem Viertelkreissegment und faltete die kleine Tafel wie einen Fächer. Insgesamt entstanden zwei dieser Profile, die direkt in der Rinne platziert wurden. Bei heftigen Regengüssen kanalisieren sie den starken Abfluss des Wassers.

Klaus-Dieter Ziegler (r.) arbeitete mit Monteuren der Bauflaschnerei Ralf Rentschler zusammen

Schutz vor dem Wetter

Die Arbeiten verteilten sich auf zwei verschiedene Zeiträume. „Im Mai und Juni montierten wir die Rinne, das Fallrohr, die Ortganguntersichten, sämtliche Anschlussprofile und die Bekleidung der Gauben“, verrät der Betriebswirt: „Abgeschlossen wurde das Bauvorhaben drei Monate später. Im September folgten die Sims-, Sockel- und Trittprofile sowie die Übergangsstreifen an der Fassade und den Balkonen.“

Als Anschlüsse zwischen der Bekleidung und der Ziegeldeckung fertigten und installierten die Spengler kastenförmige Entwässerungsrinnen aus Kupferprofilen. Die Rinnen führen das Regenwasser vom höchsten Punkt auf beiden Gauben über mehrere Stufen hinab bis zur Traufe. Zu diesem Zweck falzten die Spengler für beide Gauben umlaufende Aufkantungen.

Darüber hinaus weisen die Konstruktionen ein leichtes Gefälle auf, sodass die Niederschläge nicht an der Bekleidung herabtropfen. Stattdessen fließt der Niederschlag Richtung Dachfläche und gelangt in die Entwässerungsrinnen. Der Bauherr ließ in den Wänden der größeren Gaube kreisrunde Fenster montieren. Für die Laibungen dieser Bullaugen entstanden außerdem breite, gerundete Laibungsprofile aus Kupfer.

Gefalzte Visitenkarte

Die horizontale Falzführung an den lotrechten Wänden der größeren Gaube rundet den professionellen Gesamteindruck ab. Damit dieses Detail keinesfalls übersehen wird, fiel die Wahl beim kleineren Nachbar direkt daneben auf eine senkrechte Falzführung. Abdichtung, Falztechnik und Entwässerung erweisen sich als stilvolle Visitenkarte der Verarbeiter. Die ausgeführten Arbeiten an der Kupferbekleidung sprechen für sich.

Trotzdem kommt kein Zweifel auf, dass sich der vielseitig begabte Fachmann künftig neuen Aufgaben widmet. Klaus-Dieter Ziegler hat bereits eine Menge Qualifikationen erworben, in denen er Bestleistungen erzielte, darunter als Gesundheits- und Lebensberater sowie als Extremsportler. Sein nächste Kapitel ist die Ausbildung zum Yogalehrer und der Beginn eines Klosterlebens.

„Ich folge auf diese Weise meinem Herzen, das jetzt dran ist. Mein Grundstock sind Disziplin, Sport und gesunde Ernährung“, begründet das Multitalent seinen Entschluss. Yoga, Sport und Naturheilkunde lassen sich an Ehrlichkeit einfach nicht überbieten. Mit dem Handwerk verbindet der Spenglermeister Erinnerungen, die für immer ein Teil seines Lebens bleiben: „Ich bedanke mich bei Flaschnermeister Roland Sälzle genauso wie bei Dietmar Münchinger und Giuseppe D’eramo, beide sind ehemalige Mitarbeiter und Mentoren. Ich danke auch den Klempnermeister-Ausbildern Gert Brenner und Hans-Peter Rösch von der RobertMayer-Schule in Stuttgart sowie dem viel zu jung verstorbenen
Flaschnermeister Franz Nowotny. Letzterer erfand die Unimat- und
Nowomat-Klappe. Alle fünf sind (waren) tolle Fachleute und bodenständige, ehrliche Menschen sowie Wegbegleiter und Spenglergötter!“

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www.bauflaschner-rentschler.de