René Engelhardt über längst verloren geglaubte Werkzeugklassiker
„Weißt du noch…“, „Es gab doch mal…“ oder „Könnt ihr das nicht irgendwie besorgen?“ Zahlreiche Anfragen, die Werkzeug- und Maschinenprofi René Engelhardt aus Münchingen bei Stuttgart erhält, beginnen genau mit diesen Worten und das hat seinen Grund: René Engelhardt ist seit mehr als 20 Jahren im Werkzeug- und Maschinenbereich tätig und kennt den Markt für Klempnerwerkzeuge wie seine Westentasche. Dabei sind dem leidenschaftlichen Sammler historischer Klempnerwerkzeuge uralte Handwerkzeuge ebenso bekannt wie aktuelle Neuigkeiten. Wer den Fachmann nach aktuellen Trends befragt, erhält daher ehrliche und manchmal sogar unbequeme Antworten.
René Engelhardt: Wie erfolgreich und in welchem Tempo topmoderne Neuheiten den Werkzeugmarkt erobern, entscheidet letztendlich der Kunde. Doch Vorsicht – nicht jedes Werkzeug erleichtert dem Klempner die Arbeit. Im Gegenteil: In regelmäßigen Abständen werden wir nach Werkzeugen aus alten Tagen gefragt. Aufgrund einer solchen Anfrage haben wir zum Beispiel eine neue Liefermöglichkeit für unsere Konturenschere entdeckt. Dieser Artikel wurde Anfang der neunziger Jahre sehr gut verkauft, war dann aber plötzlich nicht mehr lieferbar. Als sich insbesondere die Anfragen von Meisterschülern häuften, machten wir uns auf die Suche und fanden tatsächlich einen anderen Hersteller.
BAUMETALL: Aber warum verschwinden derart klassische Werkzeuge einfach von der Bildfläche?
In der Tat sind inzwischen etliche Produkte und Hersteller vom Markt verschwunden. Offensichtlich gibt es zu wenige Klempnerbetriebe, denn sonst wäre die Produktion bestimmter Werkzeuge für die Industrie weiterhin rentabel. Aus Überzeugung sowie auf Drängen unserer Kunden versuchen wir die Industrie zur Herstellung beziehungsweise der weiteren Produktion diverser Werkzeuge zu bewegen. Was leider manchmal aufgrund zu erwartender geringer Stückzahlen scheitert, klappt in anderen Fällen umso besser.
Gibt es konkrete Beispiele?
Ja. Aufgrund unserer hervorragenden Kontakte gelang es in letzter Zeit des Öfteren, diverse Werkzeug-Spezialitäten in unsere Aktionsangebote aufzunehmen. Beispielsweise bieten wir einen Winkelbieger zur Herstellung von Mauerabdeckungshaltern aus Flachmaterial an. Ein weiteres Spezialwerkzeug ist unsere Ausklinkschere zur Anfertigung von Fassadenkassetten.
Wissen Ihre Kunden diesen Service zu schätzen?
Ich denke schon. Wer sich wie wir intensiv mit Klempnerwerkzeugen beschäftigt, kann dazu manche Anekdote erzählen. Zum Beispiel gab es früher eine Saum-Zudrück-Zange zum Schließen von Umschlägen. Auch dieses Werkzeug verschwand plötzlich vom Markt. Die Firma M.A.S.C. aus Senden ließ die praktische Zange wieder herstellen. Ein Flaschnermeister, der die Zange in unserer Ausstellung entdeckte, meinte dazu: „Ach, ein Geier – endlich gibt’s den wieder!“ Übrigens: Sollten wir einmal wirklich nicht weiterhelfen können, gibt es ja unser Flaschnerstüble.
Können Sie kurz erklären, was es damit auf sich hat?
„Flaschnerstüble“ nennen wir unser Hausmuseum. Dort befindet sich neben einer komplett eingerichteten historischen Flaschnerwerkstatt ein Bereich, der zum Fachsimpeln und zum Austausch einlädt. Wenn es um vom Markt verschwundene Werkzeuge oder besondere Anwendungsfälle geht, können wir auf dort ausgestellte Raritäten zurückgreifen. Schon mehrfach habe ich Freunden unseres Hauses ein Werkzeug aus meinem Fundus ausgeliehen, denn „geht nicht“ gibt’s bei uns fast nicht.
Meisterstück des Jahres
Nominierung läuft – jetzt mitmachen!
Der Picard-Kreuzschweifhammer ist ein Klassiker im Picard-Hammerprogramm. Dank seiner verschieden gewölbten und fein polierten Bahnen ist er vielseitig einsetzbar. Das durchzugstarke Werkzeug liegt gewohnt gut in der Hand und – aufmerksame BAUMETALL-Leser ahnen es bereits – die vergoldete Variante des Kreuzschweifhammers wird bei der aktuellen Suche nach dem Meisterstück des Jahres erneut als begehrte Trophäe im Mittelpunkt der Preisverleihung stehen. Übrigens: Die Online-Vorauswahl läuft noch bis zum 4. Dezember 2011.