Ist gefärbter Edelstahl mit herkömmlichen farbbeschichteten Baumetallen vergleichbar? Wie entstehen die zum Teil schillernden Oberflächen und wie kommt das enorme Farbspektrum des nichtrostenden Metalls zustande? Soviel vorweg: Gefärbte Edelstahloberflächen sind weder organisch noch haben sie eine Farbbeschichtung. Vielmehr werden die farbigen Metalloberflächen elektrolytisch hergestellt. Die sogenannte chromreiche Passivschicht an der Edelstahl-Oberfläche ist für die Korrosionsbeständigkeit des Materials verantwortlich. Sollte diese beschädigt werden, bildet sie sich unter dem Einfluss von Sauerstoff immer wieder neu. Um Farbeffekte zu erzeugen, muss dieser Aufbau gezielt geplant sein. Das Material wird in einem speziellen Säurebad elektrolytisch behandelt. Abhängig von der jeweiligen Einwirkungszeit baut sich eine Passivschicht auf, welche die entsprechende Farbgebung bestimmt. Durch Interferenzeffekte (Überlagerung des auftreffenden sowie des reflektierenden Lichts) entstehen intensive Farbwirkungen. Entsprechend der Dicke dieser Passivschicht werden unterschiedlichste Farbtöne, von Bronze über Gold, Rot, Purpur und Blau bis Grün, erreicht. Diese verstärkte Passivschicht, deren Dicke zwischen 0,02 und 0,36 µm liegen kann, ist selbst farblos und kann somit auch bei starkem Einfluss ultravioletter Strahlen nicht ausbleichen. Dieser Effekt ist besonders wichtig für Baumaßnahmen, für die dauerhafter Glanz und hohe Farbbeständigkeit gefordert werden. Anders ausgedrückt: Verblassende Oberflächen oder gar auftretende Farbdifferenzen werden durch den Einsatz gefärbter Edelstähle ausgeschlossen.
Interessant ist auch, dass die Oberfläche in einem matten beziehungsweise hochglänzenden schwarzen Farbton erhältlich ist und auf großes Interesse bei Architekten und privaten Bauherren stößt. Natürlich können die farbigen Edelstähle auch geprägt oder profiliert werden. Ist keine Farbe gewünscht, kann das Material „naturbelassen“ bezogen werden.
Die Bearbeitung
Gefärbter Edelstahl lässt sich in der Regel ohne weiteres mit den herkömmlichen Klempnerwerkzeugen bearbeiten. Natürlich ist die Oberfläche etwas empfindlicher, etwa gegenüber Kratzern. Generell kann aber festgestellt werden, dass sich der Passivfilm (in Bezug auf die Farbtiefe) lediglich beim Abkanten und Strecken des Materials und allenfalls im Bereich der Kanten geringfügig vermindert. Hierzu ist besonders anzumerken, dass die ursprüngliche metallische Oberflächenwirkung vollständig erhalten bleibt. Außerdem bleiben Bauteile und Profile in matten Farbtönen an den Bearbeitungsstellen weiterhin reflexionsarm – bei solchen aus hochglanzpoliertem Material bleibt die hochglänzende Oberfläche bestehen.
Achtung: Es ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass bei Hitzeeinwirkung wie z. B. Schweißen, Löten usw. die Farbwirkung zerstört wird und nicht erneuerbar ist.
Beispielhafte Anwendung
An einer größeren Dachgaube eines Wohnhauses in Eichsfeld war die putzüberzogene WDVS-Fassade im Laufe der Zeit sehr unansehnlich geworden. Schlimmer noch: Der Bauherr hatte feuchte Stellen an der Fassade entdeckt. Neben dem bombierten Dach wurden unterschiedliche Anschlüsse sowie die Dachränder ebenfalls mit zum Teil sehr aufwendigen Kupferprofilen ausgestattet. Der Balkonboden wurde mit Edelstahl der Marke Uginox abgedichtet. Berechtigterweise begaben sich der beauftragte Architekt sowie der Bauherr auf die Suche nach einem beständigen Fassadenelement. Gefordert war ein System, welches die Fassade über einen langen Zeitraum in optisch ansprechender Weise erhält. Die Entscheidung fiel schließlich auf blau gefärbten Edelstahl, der bedingt durch seine Korrosionsbeständigkeit Sicherheit für die nächsten Generationen und gleichzeitig durch die farbige Oberfläche eine einzigartige Optik bietet.
Von der Brandt Edelstahl GmbH in Köln wurde ein sogenanntes Mittelformat geliefert. Aus den ursprünglich 1250 x 2500 x 0,6 mm messenden Tafeln entstanden ungefähr 330 mm breite Zuschnitte, aus denen der beauftragte Fachbetrieb unterschiedlich lange Scharen mit einem Achsmaß von ca. 250 mm anfertigte. Das Material wurde auf einer herkömmlichen Abkantbank gebogen – eine Maßnahme, die unerwünschte Wellenbildung so klein wie möglich hielt. Entlang der Rundungen schnitten die Verarbeiter das Material problemlos von Hand. Dieser Arbeitsschritt funktionierte ebenso selbstverständlich wie alle sonstigen Arbeiten, etwa das Abkanten, Schneiden mit der Tafelschere oder Falzen.
Verblüffende Effekte
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die aus unterschiedlichen Perspektiven aufgenommenen Fotos der gelungenen Arbeiten verdeutlichen, wie interessant sich das Farbspektrum des gefärbten Edelstahls verhält. In einem Blickwinkel erscheint die Farbe als wunderschönes dunkles Blau, in einem anderen verwandelt sich die Oberfläche in einen deutlich helleren und dann wieder in einen fast schwarzen Farbton. Überhaupt ändern sich die Farbtöne je nach Sonneneinstrahlung – ein Effekt, der bedingt durch die Oxydationsschichten des Edelstahls an Spektralfarben erinnert.
Fazit
Der Werkstoff Edelstahl ist auch in gefärbter Ausführung problemlos zu verarbeiten. Bedingt durch die aufgebauten Chrom-Oxyd-Schichten ist dauerhafter Glanz vorhanden, der übrigens keinem natürlichen Abtrag durch freie Bewitterung unterliegt. Dies bedeutet, dass das Material nicht abgetragen wird und die Farbbeständigkeit zu annähernd 100 % für die nächsten Jahrzehnte gegeben ist. Farbiger Edelstahl ist ein hochinteressantes Zukunftsprodukt. Es ist aufgrund vielfältiger Varianten sowie dauerhafter Farb- und Glanzbeständigkeit eine gefragte Materialalternative. In Zukunft werden gefärbte Edelstähle nicht nur zur dekorativen Gestaltung an Gebäudehüllen, sondern auch im Innenbereich verstärkt Anwendung finden.
Gefärbte Edelstahl-Vielfalt:
Das Farbspektrum sowie die Auswahl an unterschiedlichen Oberflächen, Strukturen und Designs sind enorm groß. Der Fantasie von Architekten, Planern, Bauherren und Verarbeitern sind somit kaum Grenzen gesetzt
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Autor
Gert Bröhl ist Fachberater und Geschäftsführer der Brandt Edelstahldach GmbH in Köln