Tausende, vielleicht sogar Millionen Quadratkilometer Fläche sind weltweit bereits mit Solarmodulen bebaut, Ackerflächen, sandige Landschaften, Gewerbedächer in Industriegebieten, Wohnhausdächer in Stadt und Land. Die Verschmutzungen auf den Modulen unterscheiden sich genauso wie die Vegetation und das Land drum herum. Es gibt sehr verschiedene Stäube, Metallabriebe, Fette, Dieselrückstände, tierische Anhaftungen, Blütenpollen, Flechten, Moose, Algen.
Hauptsache viel Wasser
Allein bei der Vorstellung der schieren Fläche, die sich zudem von Jahr zu Jahr vergrößert, wird wohl jeder sofort verstehen, dass eine Reinigung aller Module per handgeführter Bürste unmöglich ist. Selbst wenn nur die Anlagen gereinigt werden, die aufgrund ihrer Verschmutzung starke Ertragsausfälle verzeichnen, bleibt immer noch eine riesige Menge zu bewältigen.
Schon aus wirtschaftlichen Erwägungen ist deshalb der Einsatz von Maschinen in der Praxis gang und gäbe. Nicht bei allen Anlagen ist das möglich und sinnvoll, aber bei größeren Dachanlagen und Freiflächenparks ist die rotierende Bürste häufig das Mittel der Wahl. Es lohnt sich, genauer hinzusehen, denn der Teufel steckt wie immer im Detail.
Was reinigt wirklich effektiv, ohne die Module zu schädigen? Darauf gibt es eine einfache Antwort: Wasser. Tatsächlich ist der Einsatz von wirklich ausreichend Wasser entscheidend, egal ob mit einer Handbürste oder mit einer Maschinenbürste gereinigt wird. Auch mit einer Handbürste kann man bei mangelndem Wassereinsatz Schmutz verreiben und damit Kratzer im Glas hinterlassen, die korrodieren oder durch Aufrauen weitere Schmutzpartikel anhaften lassen. Wie viel Druck beim Reinigen ausgeübt wird, ist mit der Hand eventuell genauer und wirkungsvoller zu steuern – aber dazu gehört viel, viel Übung und Erfahrung.
Harte Borsten sind nicht gut
Michael Mattstedt aus Alling mit 20 Jahren Erfahrung in der Solarreinigung erzählt: „Grundsätzlich ist eine Handbürste nicht besser, sondern ihr Schnitt entscheidet über ihre Qualität. Es gibt handgeführte Bürsten mit schlechtem Schnitt, die zudem aus ungeeignetem Material bestehen. Diese sind schnell abgenutzt, liegen schwer auf den Gläsern und verschmieren den Schmutz.“
Es gibt Borsten, die den Schmutz annehmen und ihn dann über die Gläser reiben. Es gibt auch Borsten, die sehr hart und abrasiv sind. „Auch die verwende ich nicht“, sagt Mattstedt. Er hat gute Erfahrungen mit den Bürsten eines britischen Herstellers gemacht. Die Bürsten haben ihren reinigenden Bürstenbesatz nur in der Mitte, beweisen ein gutes Stehvermögen und sind trotzdem nicht so hart.
Außerdem hat die Bürste mehrere Reihen mit unterschiedlich langen Borsten. Mattstedts Fazit: „Diese Bürste lässt alles durch. Kein Körnchen oder Steinchen bleibt in der Bürste oder auf dem Glas.“
Welches Glas, welcher Schmutz?
Auch bei Rotationsbürsten unterscheiden sich die Modelle. Zwei Grundformen gibt es: Tellerbürsten und Bürstenwalzen. Und verschiedene Materialien: Bürsten aus langen Textilstreifen üben Schläge und Vibrationen auf die Module aus. Borstenbesatz aus Nylon ist weit verbreitet. Je nach Auflagegewicht, Wassermenge und Umdrehungsgeschwindigkeit ist das Risiko von Verkratzungen größer oder geringer.
Tellerbürsten verreiben den Schmutz bauartbedingt auf den Glasoberflächen – diese Methode findet Mattstedt höchst fragwürdig. Wenn eine Bürstenwalze mit dem richtigen Druck, Borstenbesatz und der richtigen Wassermenge eingesetzt wird, die Module idealerweise schon vorher mit reichlich Wasser eingeweicht wurden und sich der Schmutz schon lösen konnte, bevor die Rotationsbürste den Schmutz aus der Oberfläche fräst, könnte sie seiner Meinung nach die Module durchaus schadenfrei reinigen.
Aber es brauche auch einen erfahrenen Maschinenführer und eine entsprechende Arbeitsweise. Derzeit diene die rotierende Bürste in der Branche nur der Steigerung der zu reinigenden Quadratmeter und der Kompensierung von fehlendem handwerklichem Know-how in der Reinigung. Darüber hinaus kommt es auch sehr auf die Art der Verschmutzung an.
An einer Bahnlinie beispielsweise findet man vom Diesel fetten trägen Schmutz. Da braucht es eine langsame Bewegung, die sich mit einer Handbürste besser realisieren lässt als mit einer rotierenden Bürste. „Es ist mit den derzeit am Markt verfügbaren Rotationsbürsten nahezu unmöglich, das Bürstensystem zu Verschmutzungsart, Solarglas, Neigungswinkel und Wetterbedingungen so ideal einzustellen, dass es optimal und schadenfrei reinigt. Zumal Glasbeschaffenheit und Zustand einer Glasbeschichtung als weitere Unbekannte hinzukommen.“
Freigabe durch den Hersteller
Dennoch, allein aufgrund der riesigen Flächen, die gereinigt werden müssen, kann auf maschinelle Reinigung nicht verzichtet werden. Marcus Brand aus Leipzig, ebenfalls ein alter Hase im Reinigungsgeschäft, hat das Dilemma aus kostengünstiger und schadenfreier Reinigung früh erkannt.
Er hat mit seiner Firma B+B Solarreinigung knapp 100 Freigaben von Herstellern, die ihm erlauben, die jeweiligen Module maschinell zu reinigen – und das obwohl viele von diesen Herstellern in ihren Datenblättern lediglich eine Reinigung per Hand und Tuch oder Schwamm zulassen, will man die Garantie nicht verlieren.
Auch er hat inzwischen Erfahrungen mit diversen rotierenden Bürsten gesammelt, darunter auch negative. Zum Beispiel gab es in den Anfangsjahren Bürsten mit sehr langen Bürstenköpfen. Durch Rotation und Ziehkraft entstanden Schwingungen und dadurch mitunter sogar Zellbrüche. Brand hat sich mit gelungenen schadenfreien Reinigungen bei den Herstellern eine Reputation erarbeitet, in deren Folge er von vielen Herstellern für seine Methoden eine Freigabe erhielt.
Keine Furcht vor Schäden
Somit darf er nun die Module maschinell reinigen, ohne dass der Betreiber bei Schäden an den Modulen um die Garantieleistung fürchten muss. Auch Brand reinigt eine kleine Anlage vorzugsweise mit der Hand, große Anlagen mit Maschineneinsatz. Auch er unterstreicht, wie wichtig ausreichend Wasser für die Reinigung ist.
Und ähnlich wie Mattstedt erzielt er mit der Reinigung per Hand oft bessere Ergebnisse: „Ich kann einfach den Druck viel gezielter steuern. Wenn die maschinelle Reinigung zu wenig Druck ausübt, schauen die Module zwar sauber aus, aber ein Schleier bleibt erhalten und der brennt sich in die Glasoberfläche ein.“
Im Ergebnis hat der Betreiber vielleicht eine Kostenersparnis durch die maschinelle Reinigung, aber unter Umständen dauerhaft verschmutzte Module. „Da müssen die Betreiber selbst drauf kommen. Wenn ich erzähle, ich habe eine Freigabe vom Hersteller und nehme acht Euro pro Kilowatt und er hat ein Gegenangebot für drei Euro, dann bin ich chancenlos“, ist Brands Resümee. Zum Glück liege vielen Betreibern der Gedanke der Nachhaltigkeit bei der Reinigung dennoch am Herzen – und letztlich auch im Geldbeutel.
Reinigungsmittel – wenn ja, welches?
An den Reinigungsempfehlungen der Hersteller zeigt sich ein weiterer Knackpunkt: Alle Modulhersteller verwenden Glas, nicht alle das gleiche, manche auch thermisch vorgespanntes – aber alle geben ähnliche Reinigungsempfehlungen. „Das ist eigentlich nur damit zu erklären, dass sie sich selbst nur wenig mit dem Thema beschäftigt haben“, ist die Vermutung von Mattstedt.
Die einen sagen „kein Reinigungsmittel“, die anderen „ein sanftes Reinigungsmittel“, der nächste „neutrales Reinigungsmittel“, und so müssen sich am Ende die Betreiber und Reinigungsbetriebe damit befassen, was bei ihren Modulen an ihrem Standort die geeignete Methode ist.
Matthias Dührsen von SRS Nord reinigt bundesweit Solaranlagen. Er bringt es für sich so auf den Punkt: „ Man muss handgeführte Bürste und rotierende Bürste als Partner sehen. Man darf nicht eine Methode verteufeln.“
Maschine für große Flächen
Er sagt auch: „Nicht überall kann die Maschine zum Einsatz kommen. Nicht überall muss es unbedingt eine Reinigung per Hand sein.“ Dührsen reinigt in diesem Jahr für namhafte Projektierer über eine Million Quadratmeter in Frankreich.
Dabei geht es um große Freiflächenanlagen. Er schwört in dieser Konstellation auf die Reinigungstechnik Sunbrush-Mobil. Dieses System hat einen Bürstenkörper mit Längen zwischen 3,5 m und 7,5 m. Die Bürsten sind so angeordnet, dass sie auch die Modulränder gut säubern.
Der Auflagedruck der Bürste auf dem Modul ist gering. Er beträgt nur 6 kg pro laufendem Meter Bürste. „Das ist wirklich wenig, wenn man bedenkt, für welche Wind- und Schneelasten die Module von den Herstellern freigegeben sind“, sagt Dührsen.
Die Bürste hat immer den gleichen Auflagedruck, auch wenn der Untergrund uneben ist oder die Module leicht höhenversetzt montiert sind. Eine hydraulische Sicherung sorgt für diesen gleichmäßigen Druck. Und auch für Dührsen ist eines wichtig: „All das natürlich in Verbindung mit viel Wasser.“ Mit dieser Technik reinigen seine Mitarbeiter jährlich rund 70 MW Aufdachanlagen, das sind 60 000 bis 80 000 m2.
Die Gretchenfrage existiert gar nicht
Ein kleiner Traktor oder Teleskoplader fährt an das Gebäude heran. Auf ihm ist ein 1000-l-Tank mit Wasser montiert, an einem Hydraulikarm ist die Reinigungsbürste befestigt. An der Bürste sind zwei Kameras und im Teleskoplader ein Monitor angebracht. So sieht der Reiniger alles, was auf dem Dach passiert und was sich dort tut. Er legt zunächst die obere Spitze der Bürste ab, dann wird die restliche Bürstenfläche sanft aufgelegt. Und ein weiterer Aspekt ist nicht unwichtig: Auf diese Weise reduziert Dührsen die Unfallgefahr auf nahezu null. Niemand muss aufs Dach steigen, denn das ist immer mit Gefahren verbunden.
In der Anfangszeit hat Dührsen regelmäßig den Reinigungserfolg kontrolliert. Aber inzwischen macht er das nur noch stichprobenartig. „Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass die Ergebnisse zuverlässig und gleichbleibend gut sind.“ Fazit: Die Gretchenfrage, ob eine Reinigung per Hand oder Maschine sinnvoller ist, stellt sich eigentlich nicht. Betrachten wir die zweite heilige Kuh in diesem Gewerbe: das entmineralisierte Wasser.
Die zweite heilige Kuh
Entmineralisiertes Wasser greift Materialien an, das bestätigt Uwe Bierbaum vom Reinigungsunternehmen Schulz Gebäudeservice. Er kann auf Erfahrungen aus verschiedenen Segmenten der Gebäudereinigung zurückgreifen, denn seine Firma reinigt ganze Gebäude.
„Besonders deutlich sieht man die Folgen entmineralisierten Wassers bei Kalksandstein. Der Stein ist spürbar und sichtbar angegriffen. Kein Wunder – entmineralisiertes Wasser hat eben das zwanghafte Bestreben, sich wieder zu mineralisieren.“ Das ist genau der Effekt, auf den man setzt, wenn man damit arbeitet.
Je nachdem, auf welches Material dieses Wasser trifft, ist die Wirkung verschieden. Die Auswirkungen sind bei Materialien mit hohen Anteilen mineralischer Stoffe stärker. Und Bierbaum macht auf ein weiteres Problem aufmerksam: „Die meisten Schäden tragen nicht die Module davon, sondern das dachbildende Material, beispielsweise tönerne Dachpfannen oder Welleternit.“
Deshalb wird bei Schulz Gebäudeservice beim Einsatz von entmineralisiertem Wasser zunächst viel normales Wasser auf die Module geleitet, wobei das ganze Dach nass wird, auch die dachbildende Schicht. Nach der Reinigung der Module wird dann noch einmal normales Wasser übers Dach geleitet, damit das entmineralisierte Wasser vollständig vom Dach weggespült ist.
An die Umwelt denken
Auch Mattstedt hat starke Bedenken beim Einsatz von entmineralisiertem Wasser. Er hat in Fortbildungen erfahren, dass Glas trotz seiner millionenfachen Anwendung immer noch ein Werkstoff ist, der selbst der Glasindustrie viele Rätsel aufgibt. Auch an Hochschulen wird zu diesem Fachgebiet geforscht. Die materialschädigende Wirkung von entmineralisiertem Wasser sei auch dort bekannt.
Mattstedt bringt noch einen anderen Gedanken ins Spiel: Entmineralisiertes Wasser braucht je nach Aufbereitungsmethode ja auch Chemikalien zu seiner Herstellung oder große Mengen an Wasser, um eine geringe Menge an VE-Wasser zu erzeugen. Umweltschonend ist das nicht. Für Dührsen ist die Verwendung von entmineralisiertem Wasser eine Frage der Menge: „Das Wasser zieht Mineralien aus dem Glas und kann es dadurch beschädigen. Aber es kommt auf die Häufigkeit der Anwendung an. Wenn man nur einmal im Jahr damit reinigt, ist die Gefahr nicht so groß.“ Bei Dührsen kommt grundsätzlich das Wasser des Kunden in den Tank. Er setzt ihm ein Reinigungsmittel zu, damit das Wasser kalt und streifenfrei abtrocknet.
Das Reinigungswasser von den Dächern landet über die Dachrinnen häufig direkt, ohne den Weg über die Kläranlage zu nehmen, im nächsten Bach oder im Grundwasser. Erst recht das Wasser, das bei Freiflächenanlagen verwendet wird. Reinigungszusätze müssen deshalb zumindest bestimmten Anforderungen genügen, entsprechend erprobt und zugelassen sein.
Autorin: Petra Franke