Es mag sein, dass Fotos wie diese zum Schmunzeln anregen, doch Hand aufs Klempnerherz: Es ist immer einfacher mit ausgestrecktem Zeigefinger auf Baupfuschfotos zu deuten als ausnahmslos jedes Metallprofil den Vorschriften entsprechend zu montieren. So viel vorweg: Zum Glück gibt es unsere Fachregeln. Darin ist zum Beispiel genau geregelt, wie Stehfalzscharen an Traufen eingebunden oder wie Stehfalze an flach geneigten Kehlen ausgebildet werden sollten. Dumm nur, dass so manche „Fachleute“ aus nicht nachvollziehbaren Gründen von der fachgerechten Ausführung deutlich abweichen. In der Folge kommt es dann leider oft zu Undichtigkeiten – auch in Falzbereichen. Ein „Das kann ich mir nicht erklären“ schafft solch schwerwiegende Probleme jedoch kaum aus der Welt. Da hilft nur Ärmel hoch, anpacken, provisorisch abdichten und die Arbeit erneut, aber dann den Fachregeln entsprechend auszuführen.
Ist Löten dichter als Falzen?
An einem Schulgebäude in der Nähe von Stuttgart entdeckte ein aufmerksamer Metalldachprofi (der nicht genannt werden möchte) vor einiger Zeit kunstvoll ausgeführte Lötnähte. Diese befanden sich an einem flach geneigten Gesims einer mit Titanzink bekleideten Flachdach-Randeinfassung.
Fehler 1 – Winkelstehfalz: Die flach geneigten Titanzink-Profile wurden in Winkelstehfalz-Technik miteinander verbunden. Laut ZVSHK-Klempner-Fachregeln ist diese Falzart ohnehin erst ab einer Dachneigung ab 25° zulässig. Der ZVSHK empfiehlt darüber hinaus, den Winkelstehfalz bei erhöhten Anforderungen (z. B. durch schwierige klimatische Verhältnisse oder exponierte Lagen) sogar erst bei Dachneigungen ab 35° einzusetzen.
Fehler 2 – Lötnaht: Zur Bekleidung flach geneigter Gesimse ist der Winkelstehfalz somit gänzlich ungeeignet. Erschwerend kommt hinzu, dass die Neigung im Kehlbereich bekanntlich immer geringer ist. Wahrscheinlich entschied sich der ausführende Handwerker aus diesem Grund dafür, die Kehlnaht als Weichlötnaht auszubilden. Das ist zunächst nicht die schlechteste Entscheidung – zumindest dann, wenn dabei weitere Fehler vermieden werden.
Fehler 3 – Unvollständig gelötet: Die Schnittkanten an den stehend eingeführten Falzen wurden im Grat- sowie Kehlbereich nicht gelötet. Zugegeben gehören stehende Lötnähte zur hohen Klempnerkunst. Dennoch liegt es auf der Hand, dass die stehend eingeführten Winkelfalze ungelötet niemals dicht sein können. Und selbst wenn die Verlötung der Falze geglückt wäre, lauert Fehler Nummer 4 heimtückisch und im Verborgenen.
Fehler 4 – Ausdehnung nicht berücksichtigt: Die Ausdehnung von Baumetallen ist beachtlich. Selbst bei relativ kleinen Profilzuschnitten zeigt die thermisch bedingte Längenausdehnung deutliche Folgen. Das an der Gehrung starr miteinander verbundene Profil-Gefüge kann diese Dehnungsbewegung nicht aufnehmen. In der Folge kommt es zu Spannungsrissen und somit zu unkontrolliertem Wassereinbruch über kleinste Haarrisse. Bedingt durch die regelmäßig eintretende Feuchtigkeit entstehen Schäden an der darunter liegenden Holzkonstruktion (Schimmel und Holz-Fäulnis). Außerdem sorgt die sogenannte Rückseitenkorrosion an den Titanzink-Scharen unausweichlich für die Bildung von Weißrost und schließlich für undichte Stellen durch Lochfraß.
Provisorisch abdichten
Wenn der Korrosionsschaden von außen sichtbar wird, ist es zu spät. Das Abdichten der betroffenen Stellen mit Flüssigkunststoffen ist als Provisorium zwar denkbar – eine Neueindeckung jedoch fast immer unausweichlich. Für Bauherren besonders ärgerlich: Bis die Schäden das ganze Ausmaß zeigen, ist die Gewährleistungsdauer oft vorüber. Doch wie kommen solche Ausführungsfehler überhaupt zustande?
Ist es schiere Unkenntnis oder führt wirtschaftlicher Druck zu solch massiven Fehlern? Unabhängig davon kommt für den ausführenden Handwerker erschwerend hinzu, dass eine Arbeit die in kürzester zeit zweimal ausgeführt werden muss, niemals gewinnbringend sein kann.
Mangel als Chance
Laut Klaus Steinseifer, Experte für Weiterbildung im Handwerk, bietet jeder erkannte Mangel eine Riesenchance. In seinen Intensivseminaren spricht er oft von der Schaffung von Transparenzen in allen Unternehmensbereichen – auch in der Kundenbetreuung. Demnach lassen sich Reklamationen tatsächlich gewinnbringend bearbeiten (siehe Infokasten Seite 49). Und weil es gerade zum Thema passt, bittet BAUMETALL darum, die hier abgebildeten Baumängel ebenfalls als Chance zu verstehen. Dazu BAUMETALL-Chefredakteur Andreas Buck: „Zeigen Sie diese Fotos Ihren Kollegen oder Mitarbeitern und nehmen Sie sich etwas Zeit für Ihre Auszubildenden. Erklären Sie, was hier schiefgelaufen ist und lassen Sie Ihr Personal Vorschläge zur Vermeidung solcher Fehler machen. Ich bin sehr gespannt, ob dabei alle vier Fehler erkannt werden. Noch mehr freue ich mich auf Ihr Feedback oder auf Ihren Fotobeitrag zur neuen BAUMETALL-Pannenstatistik.“
Reklamationen gewinnbringend bearbeiten
Von Klaus Steinseifer
Reklamationen und Beschwerden sind nicht immer einfach zu bewältigen. Geht es doch anfangs immer darum, dass eine Kundin, ein Kunde unzufrieden ist. Es ist nicht leicht, aber es funktioniert garantiert: Schlagen Sie aus Reklamationen Gewinn für Ihr Unternehmen. Sie müssen sich nur an folgende Regeln halten:
Übrigens: Fast jeder Reklamierende, dessen Beschwerde zufriedenstellend bearbeitet wurde, wird Stammkunde!
Quelle:Die Steinseifer-Seminare
Praxiswissen auf den Punkt gebracht
Kupferhorror
Die BAUMETALL-Pannenstatistik wird regelmäßig um neue Beiträge erweitert. Nebenstehendes Foto bildet den Auftakt zu einer wirklich schockierenden Fotoserie.
Die Bilderreihe samt Darstellung der Ausführungsfehler präsentiert BAUMETALL-Leser Uwe Teistler in der nächsten BAUMETALL-Ausgabe 6/2015.
Einen kleinen Vorgeschmack finden Sie bereits jetzt auf: