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Fassade mit Wow-Effekt

Als ich am Morgen des 29. Mai 2018 am Münchner Hauptbahnhof ankomme, ist es heiß und mein Redakteurshemd bereits durchgeschwitzt. Weder Spenglermeister Michael Leib, der mich am Haupteingang erwartet, noch ich ahnen zu diesem Zeitpunkt, dass dieser Zustand bis in den August hinein anhalten sollte, aber das ist eine andere Geschichte. Vorrangig geht es um die Gebäudehülle des neuen Innungsgebäudes, das wir gemeinsam besichtigen wollen. Also wühlen wir uns bei bestem Spenglerwetter durch den Stadtverkehr, um kurz darauf die Rupert-Mayer-Straße 41 zu erreichen. Schon von Weitem glänzt und glitzert bronzefarben eloxiertes Aluminium durch das siebenstöckige Gerüst. Die nahezu fertiggestellte Gebäudehülle aus Profiltafeln der Marke Kalzip streckt den kubischen Baukörper elegant in die Höhe. Ein weiterer Effekt entsteht durch im Mix verlegte Profilscharen der Typen 65/333 und 65/400, weil die industriell gefertigten Sicken und Falze Teilbereiche der Fassade in unterschiedlichen Breiten rastern. Entsprechend dynamisch und zugleich homogen ist das Erscheinungsbild der im Farbton Bronze B40 beschichteten Aluminiumfassade.

Was Spengler immer fragen

Das ist es also – das neue Sahnestück der Münchener Innung. Sichtlich stolz zeigt mir Michael Leib ein Detail nach dem anderen. Innen- und Außenecken sowie zahlreiche Anschlüsse an Fenstersimse und Jalousiekästen erfordern technisches Know-how und Fantasie. Der Anschluss an die Attikaabdeckung ebenfalls. „Natürlich hätten wir einfach überall Deckleisten aufnieten können, aber wir sind Spengler“, sagt Leib. Das Industrieprodukt sei das perfekte Fassadensystem für das Innungsgebäude seiner Zunft. „Genau dies stellen Kollegen vereinzelt infrage“, berichtet Leib. „Dabei sind es gerade die Anschlüsse, die hohes Fachwissen erfordern!“ Außerdem begründet er die Entscheidung, die 1800 m² große Fassade mit Profiltafeln zu bekleiden, mit wirtschaftlichen Faktoren. Neben der schnellen Verarbeitung liegt ein weiterer Vorteil in der einfachen statischen Berechnung des geprüften Systems. Darüber hinaus ist die metallische Oberfläche der Fassadenscharen optisch ansprechend, weil „kein Lack“, wie der Spenglermeister betont. Ein weiterer Pluspunkt ist die Wartungsfreiheit der Fassade. Verglichen mit herkömmlichen Fassaden fallen weder Anstrich- noch sonstige Wartungsarbeiten an. „Die Gebäudehülle ist somit ein perfekter ‚Werbeträger‘ für unser Gewerk“, so Leib, doch die Fassade leistet noch viel mehr: Aus architektonischer Sicht interpretiert ihr Stehfalzcharakter die klassische Herkunft aus dem Handwerk und weist zugleich den Weg in die Zukunft moderner Gebäudehüllen. Das Fassadensystem erfüllt daher die architektonischen Vorgaben, einen handwerklichen Hintergrund „mitzubringen“ und dennoch topmodern zu sein. Ein weiteres Argument lässt sich mit der Flächengröße und dem interessanten Preis-Leistungs-Verhältnis begründen – von den zahlreichen Vorteilen gegenüber herkömmlichen WDVS-Systemen einmal ganz zu schweigen.

Drunter und drüber

Apropos Wärmedämmung: Diese besteht aus vlieskaschierten Dämmplatten der Marke Rockwool Fixrock. Eine Hinterlüftungsebene zwischen Dämmung und Aluminiumhaut trägt zum Wohlfühlklima im Gebäude bei. Die Aluminiumscharen sind auf einer ausgeklügelten und überaus stabilen Unterkonstruktion befestigt. Zur Torsionsaufnahme bestehen die Festpunktbereiche der Unterkonstruktion aus gegenläufig angeordneten Alu-Winkelhaltern und einem 40-mal-60-mm-Rechteck-Profilrohr aus Aluminium. Die Gleitpunkte sind mit einfachen Winkel-Wandhaltern und darauf verschraubten T-Profilen wesentlich flexibler gestaltet. Die Befestigung der Fassadenprofile erfolgt per Kalzip-Verbundklipp mit Stahlkern und glasfaserverstärkter Kunststoffummantelung. Das bewährte Befestigungselement ist gemäß EnEV wärmebrückenfrei. Auf zuvor beschriebener Unterkonstruktion montiert, dient der Verbundklipp zur Befestigung sowie zur Distanzüberbrückung der Kalzip-Profiltafeln. Die Legierung der Aluminium-Profiltafeln entspricht der Zulassung Z-14.1-181. Die Profile verfügen über werkseitig vorgefertigte kreisrunde Falzverbindungen zum maschinellen Verbördeln. An den Festpunkten werden in jeder einzelnen Kalzip-Bahn durch den kleinen Bördel sowie den Klippkopf Diagonalbohrungen angebracht und ein Festpunktniet zur Fixierung gesetzt. Die Lasten aus diesem Festpunkt werden somit zuverlässig in den Festpunktbereich der Unterkonstruktion abgeleitet.

Details aus Meisterhand

Bei herkömmlichen Industriefassaden erfolgt die Stoßausbildung für gewöhnlich als beweglicher und gedichteter Stoß. Dabei wird eine rund 150 mm große Überlappung mit Silikon und Alu-Dichtnieten hergestellt – nicht so am Innungsgebäude in München: Hier nehmen die senkrecht angeordneten Profile Bezug auf die Stockwerkshöhen. An den entsprechend angeordneten Stoßbereichen sind offene und mit einem Aluminiumstreifen hinterlegte Fugen ausgebildet. Auf diese Weise entstehen dunkel abgesetzte und horizontal verlaufende Bänder, welche die Fassade zusätzlich strukturieren.

Eine weitere Besonderheit sind die in der Werkstatt der Leib GmbH hergestellten Anschlussprofile für die zahlreichen Fensterlaibungen. Grundlage bilden herkömmliche Kalzip-Fassadenprofile, an welche passgenaue Rückkantungen angeformt sind. Darunterliegende Stehfalze der Fenstersimsverbindungen sind unter exakten Ausklinkungen platziert.

Die Unterkonstruktion der Fenstersims- und Attikaprofile besteht aus einzelnen, konisch geformten Gefällekonsolen und darauf montierten, durchlaufenden Auflageprofilen aus walzblankem Metall. Die Konstruktion ist so stabil, dass sie problemlos betreten werden kann. Außerdem wirkt die konische Bauform Pfützenbildung wirkungsvoll entgegen. Raffiniert sind auch die formschlüssig mit den Auflageprofilen verbundenen Belüftungsprofile. Auf einer Streifenstanze hergestellt und mit Langlöchern versehen, sorgen sie für die perfekte Hinterlüftung der Fassade. Der Clou: Die Belüftungsprofile bestehen ebenso wie die Fenstersims- und Attikaprofile aus zur Fassade passendem, bandeloxiertem Aluminium von Kalzip.

Innung München soll Kompetenzzentrum werden

Michael Leib und sein Team, aber auch Ausbilder und Spenglermeister Reinhold Katterloher (Fachbereichsleitung Spengler der SHK-Innung München) fiebern der Einweihung entgegen. Seit Mai 2017 hat Katterloher die Fachbereichsleitung für die Spengler der SHK-Innung München inne. Damit ist er zuständig für die Aus-, Fort- und Weiterbildung in diesem Gewerk sowie für die inhaltliche Konzeption von Berufsorientierungsworkshops. Wissenswertes über die künftige Ausrichtung des Spenglerhandwerks in der Innung sowie über die Ziele für seinen Bereich gibt Katterloher im Online-Extra-Interview auf www.baumetall.de/extra weiter.

Das neue Innungsgebäude ist ein echtes Sahnestück für Spengler sowie den gesamten SHK-Bereich. So wie die moderne Fassade von außen zeigt, was inzwischen machbar ist, sorgt auch die technische Ausrüstung des Gebäudes für Aufsehen. Erstklassig ausgestattete Werkstätten und Schulungsräume sind nur ein kleiner Teil von dem, was der neue Standort zu bieten hat. Fragt man Katterloher nach seiner persönlichen Vision für den Fachbereich Spengler als Teil der SHK-Innung München, erhält man folgende Antwort: „Ich möchte, dass die Innung in fünf bis zehn Jahren technisch so gut aufgestellt und bundesweit im Spenglerhandwerk so gut vernetzt ist, dass wir uns mit Fug und Recht Kompetenzzentrum für Spengler nennen können. Wir wollen Vorreiter sein bei neuen Kurs- und Seminarangeboten, bei uns sollen die Fäden zusammenlaufen.“ Zumindest was die Fassade anbelangt, scheint diese Vision bereits Wirklichkeit geworden zu sein. Respekt!

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