Olympia-Bahnhof mit dezenten Oberflächen

25.04.2018 | Veröffentlicht in Ausgabe 03-2018

Blau, rot und grün Ein geschwungenes Metalldach in sanftem Rot aus der Farbenreihe „Nuance“ von NedZink schützt das Bahnhofsgebäude der Olympia-Stadt Pyeongchang in Südkoreavon Nico Wewer

Korea und der Name Pyeongchang werden unvergesslich im Zeichen der Olympischen Winterspiele 2018 verankert bleiben, insbesondere der sehr erfolgreiche zweite Platz für Deutschland mit insgesamt 31 Medaillen hinter Norwegen. Der südkoreanische Landkreis Pyeongchang zählt über 43 000 Einwohner und gehört zur Provinz Gangwon-do. Zur Vorbereitung auf das sportliche Großereignis sind bereits über Jahre die Infrastruktur, der Stadienneubau und die verkehrstechnische Anbindung der Region geplant worden. So ist die ca. 120 km lange, doppelgleisige Eisenbahnstrecke zwischen Wonju und Gangneung Ende 2017 eröffnet worden, die einen Großteil des Personenverkehrs für die Olympischen Winterspiele abgewickelt hat.

Das koreanische Architekturbüro Suh-Han Architects & Engineers Inc. hat bereits 2016 die Planung der mehrstöckigen Eisenbahnstation in Pyeongchang visualisiert. Die für diese Region typischen gerundeten, geschwungenen Formen und die Kombination der Baustoffe Metall, Glas sowie Naturstein zeichnen die eindrucksvolle Optik der Gebäudehülle aus. Es lag also nahe, in diesen unverwechselbaren Gesamteindruck auch die Farbgebung der ca. 3800 m² flächigen Metallbedachung mit einfließen zu lassen, um die Stilelemente zu betonen. Auf der technischen Seite bestand die Herausforderung darin, die zum Teil sehr flachen Neigungsbereiche inklusive dem Einbau innen liegender Entwässerungen sicher umsetzen zu können. Die kastenförmigen Rinnen sind, für den Betrachter nicht sichtbar, als Übergang zwischen innen liegender Dachfläche aus Profilbahnen und den gerundeten Dachrandbereichen in großformatigen Elementen aus Flachmaterial realisiert worden.

Vorbewittertes Titanzink in zurückhaltenden Farben

Aus dem Titanzink-Produktportfolio des niederländischen Produzenten NedZink haben sich die Planer für die werkseitig vorbewitterte Oberfläche Nuance Red entschieden. Die rötliche Optik entsteht durch einen zusätzlichen Bearbeitungsprozess, bei dem die ursprüngliche vorbewitterte titangraue Nova mit Farbpigmenten versehen wird. Die Farbgebung ist in keiner Weise dominant und grell, sondern zeichnet sich durch seine exklusive, dezente und warme Anmutung aus. Neben dem an diesem Projekt eingesetzten Farbton Red sind im NedZink- Programm Nuance auch die Farben Blue und Green in Tafel- und Coilform erhältlich.

Das Vormaterial NedZink Nuance wurde in einem Zuschnitt von 0,70 x 1000 mm als Großcoils an den Metalldachprofi Heung Sung Engineering & Construction Co. Ltd. nach Seoul geliefert. Heung Sung ist einer der führenden Hersteller und Auftragnehmer für Fassadenbekleidungen und Bedachungen in der Region Seoul. Das für Großprojekte entwickelte Profil- und Falzsystem (UNISSS Panel System) mit einer Deckbreite von ca. 450 mm wurde direkt auf der Baustelle Pyeongchang Station per Rollformer hergestellt. Anschließend wurden die Bahnen per Kran auf die innen liegenden, leicht geschwungenen Dachflächen gehoben und ähnlich einem Industriedach verlegt.

Montage mit Spezialhaften auf nicht belüfteter Dachkonstruktion

Das Dachpaket befindet sich oberhalb einer Trapezblechkonstruktion als Tragschale. Quer zum Trapezblechverlauf sind um 90° gedrehte Z-Profile im Abstand von ca. 125 cm montiert, die als Montageebene für die Spezialhafte und die Profilbahnen genutzt werden. Zwischen den Z-Profilen ist das Dämmpaket vollflächig eingebaut, sodass eine nicht belüftete Dachkonstruktion realisiert wurde. Die Besonderheit des UNISSS Panel Systems ist die Kombination aus Fertigung der Profilbahn in Längen von teilweise über 25 m inklusive fünf Profilsicken zur Profilaussteifung sowie anschließendem Verfalzen der Profilbahnen untereinander. Der Falz mit einer Höhe von ca. 50 mm oberhalb der wasserführenden Profilebene wird so ausgebildet, dass die thermisch bedingten Materialbewegungen schadlos stattfinden können.

In ganz anderer Technik sind die gerundeten, umlaufenden Dachrandbereiche auf vollflächiger Schalungsebene ausgebildet. Hierzu ist der gesamte Zuschnitt der Titanzinkcoils mit einer Breite von 1000 mm genutzt worden, und lediglich ein einfacher Umschlag sowie Haftstreifen am linken sowie rechten Rand der Bandkante verbinden und sichern die einzelnen Elemente. Zur Vermeidung von Wassereintritt sind diese Verbindungen erst im Neigungsbereich ab 25° eingeplant worden. Durch die Wahl dieser großflächigen Deckungsart ohne aufgestellte Falze kann sich das Flachmaterial problemlos an die gerundete Formgebung der Unterkonstruktion anlehnen.

Großformatige Zuschnitte ohne Spannungen und Wellenbildung

Bewegungen im Material werden aufgrund des nur einfachen Umschlags gut aufgenommen und Spannungen infolge von Materialzwängungen finden erst gar nicht statt. In der herkömmlichen Klempnertechnik und bei der Verarbeitung von Dünnblechen sind derartige Materialzuschnitte schon aufgrund entstehender Wellenbildungen tunlichst zu vermeiden. Aber in diesem Fall kompensieren die vorgegebenen Rundungen und Wölbungen der Grundkonstruktion die sonstigen Nachteile. Die Vorspannungen des Materials durch Radien unterhalb 200 cm stabilisieren die Flächen, erhöhen gleichzeitig die statischen Sicherheiten und lassen die Verarbeitung derartiger großformatiger Zuschnitte zu.

Realisiert wurde somit ein modernes Projekt am Rande eines Weltsportereignisses. Für den Nutzer der Bahnstrecke vielleicht nur eine Station zum Ein- und Aussteigen, aber für den Fachmann aus der Baumetallbranche mit Sicherheit eine nicht alltägliche Dachform in Klempnertechnik, die so nicht in den Fachbüchern zu finden ist.