Eines Tages steht jedes Unternehmen vor der verantwortungsvollen Aufgabe, die Nachfolgeregelung zu gestalten und die Weichen für die Zukunft zu stellen. Das hat die Thalmann Maschinenbau AG mit viel Bedacht und Weitsicht getan. Seit dem 1. Mai 2016 leitet Geschäftsführer Marco Cappello offiziell und federführend die Geschicke der Thalmann Maschinenbau AG. Was ihn motiviert, welche Ziele er verfolgt, ob und welche Änderungen zu erwarten sind und woher seine Leidenschaft für Adler stammt, wird er uns in diesem Interview verraten.
Frank Reichert: Herr Cappello, herzlichen Glückwunsch. Sie bilden jetzt die neue Führungsspitze der Thalmann Maschinenbau AG. Wie kam es dazu?
Marco Cappello: Vielen Dank. Wobei die Glückwünsche an erster Stelle dem gesamten Thalmann-Team und insbesondere den Thalmann-Brüdern Ruedi, Rolf und Peter Thalmann zustehen. Schließlich haben sie mit unermüdlichem Einsatz, großem Unternehmergeist und ganz viel Herzblut das Unternehmen mit zu dem gemacht, was es heute ist. Schon seit Beginn meiner Tätigkeit bei Thalmann im Jahre 2009 konnte ich mich zu 100 % mit dem Unternehmen identifizieren. Als dann die Unternehmensnachfolge geregelt werden musste und die Thalmann-Brüder auf mich zugekommen sind, habe ich nicht lange gezögert. Ich war schon immer ein Unternehmergeist und ein regelrechter Fan der Thalmann-Maschinen. Schon vor meiner Zeit bei Thalmann war ich in verschiedenen Bereichen der Blech verarbeitenden Branche unternehmerisch tätig. Von daher bin ich mir über die Tragweite dieser Entscheidung und über die Verantwortung die ich jetzt trage, sehr bewusst – Verantwortung für das Unternehmen, für die Mitarbeiter und gegenüber Lieferanten und Kunden. Nicht zuletzt besteht auch eine emotionale Verbindung zur Thalmann Maschinenbau AG.
Eine emotionale Bindung?
Ja, durchaus. Wie bereits eingangs erwähnt, wurde das Unternehmen von den Thalmann-Brüdern mit viel Leidenschaft, Herzblut und Ehrlichkeit geführt – und das sind emotionale Werte, die im heutigen Geschäftsleben leider vom Aussterben bedroht sind. Das hat mich sehr beeindruckt und entspricht ganz meiner Gesinnung. Und diesen Geist will ich weiterführen. Von daher bin ich auch sehr glücklich darüber, dass Martin Thalmann, der Sohn des ausscheidenden Seniorchefs Peter Thalmann, neu an Bord ist. Als gelernter Elektromechaniker und technischer Kaufmann, der bis dato als Abteilungsleiter bei einem der international führenden Schweizer Hersteller von Sensoren, Drehgebern und Messinstrumenten gearbeitet hat, wird er künftig für die administrativen Aufgabenbereiche verantwortlich zeichnen. Das Original-Thalmann-Gen wird also weiterhin im Unternehmen bestehen bleiben.
Welche Ziele verfolgen Sie und sind Änderungen zu erwarten?
Im Prinzip wird vieles gleich bleiben – und doch verfolge ich strategische Ziele, wie z.B. die Forcierung der internationalen Ausrichtung, ohne dabei die Heimatnähe zu vernachlässigen. Denn nach wie vor ist für uns, die Thalmann Maschinenbau AG, der Begriff „Swiss Made“ nicht nur ein Herkunftssiegel, sondern auch ein Qualitätsversprechen – für unsere Kunden und für unser eigenes Selbstverständnis. In einer Maschine von Thalmann steckt jede Menge Erfahrung, fundiertes Ingenieurwissen, zahlreiche Innovationen und ganz viel Herzblut. Seit 1960 entwickeln wir hochwertigste Schwenkbiegemaschinen, die zu den besten auf der Welt gehören. Dazu greifen bei uns viele Rädchen ineinander – wie bei einem Schweizer Uhrwerk. Jedes verbaute Einzelteil muss zuverlässig seine Aufgabe erfüllen. Daher legen wir allergrößten Wert auf dessen Einzelqualität. Und den echten Wert einer Maschine erkennt man erst beim Biegen: Schnell, präzise und zuverlässig. Jeden Tag besser zu werden und immer wieder große Innovationskraft zu entwickeln, die unseren Kunden nachhaltige Wettbewerbsvorteile verschafft, soll auch in Zukunft unsere Motivation sein und den Anspruch unseres Unternehmens bestimmen.
Das Thema Innovationen scheint für Thalmann sehr wichtig zu sein.
Absolut. Ein äußerst wichtiges sogar. Wie soeben erwähnt, verschaffen wir mit echten Innovationen nicht nur uns Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz, sondern Wettbewerbsvorteile für unsere Kunden. Ich möchte dazu zwei Bespiele nennen. Zum einen unseren TD Doppelbieger. Angetrieben von der weltweit einzigartigen, kinetischen Steuerwellentechnologie – eine mechanische Zwangssteuerung, die Klemm- und Biegewange synchronisiert – liefert das TD Modell selbst bei komplexen Kantteilen höchste Winkelgenauigkeit und Parallelität. In Kombination mit der innovativen Dynamic Folding Technology (DFT) erhöht sich zudem deutlich die Biegegeschwindigkeit und somit auch der Produktionsausstoß. Und genau darum geht es doch. Wer mit Thalmann-Maschinen arbeitet und produziert, erhält im Gegenzug echten Nutzen und Vorteile: Schnelligkeit erhöht den Produktionsausstoß und verschafft Kapazitäten – und Präzision erhöht die Verarbeitungsqualität und verschafft begeisterte Kunden. Wer darauf Wert legt bzw. sich dessen bewusst ist, der ist bei Thalmann an der richtigen Adresse.
Wie lautet das zweite Beispiel zum Thema Innovation?
Das zweite Beispiel ist der neue TZ Schwenkbieger von Thalmann. Diese innovative Langabkantmaschine wurde sehr erfolgreich zu Beginn dieses Jahres auf dem Markt platziert. Das innovative TZ-Modell entstand als Synergie und Weiterentwicklung aus den beiden Vorgängermodellen THAKO und ZR. Sie vereint das Beste aus vielen Jahren Schweizer Ingenieurskunst und überzeugt nun ihrerseits durch zahlreiche Innovationen. Insbesondere das neuartige VFD-Konstruktionsprinzip (Vertical Force Drive) sucht seinesgleichen. Die Maschinenständer sind als „starres C“ mit vertikaler Werkzeugzustellung geformt, wodurch eine enorme Klemm- und Presskraft aufgebaut werden kann. Dazu kommt die Integration der einzigartigen Steuerwellentechnologie, neu designte Klemmwangen, gekröpfte Biegewangen, eine dynamische Bombierungsfunktion und ein neues, freilaufendes Längsschneider-Konzept.
Was macht einen guten Unternehmer aus?
Einen guten Unternehmer machen viele Eigenschaften aus. Ganze Bibliotheken sind mit Büchern rund um das Thema Unternehmensführung gefüllt. Diese Eigenschaften im einzelnen auszuführen, würde folglich den Rahmen dieses Interviews sprengen. Ganz wichtig ist für mich jedoch, die richtigen Menschen um mich zu haben und mit den richtigen Menschen zusammenzuarbeiten. Richtig bedeutet für mich: Ehrlich, authentisch, leidenschaftlich, hochqualifiziert, loyal und vertrauensvoll. Dann kann etwas Großes entstehen. Und ganz wichtig: wir werden künftig versuchen, die Kunden noch mehr ins Boot zu holen und noch mehr zu Partnern zu machen. Das ist ein ganz wichtiger und entscheidender Erfolgsfaktor für ein Top-Ergebnis. Wir versuchen, mit unseren Entwicklungen ganz nah am Markt bzw. am Kunden zu sein, um dann eine optimale Lösung zu entwickeln. Schließlich geht es nicht um unsere Selbstverwirklichung und Selbstinszenierung, sondern um das optimale Kundenergebnis.
Seit einiger Zeit gehört ein Adler zum Erscheinungsbild der Thalmann Maschinenbau AG. Was hat es damit auf sich und was hat ein Adler mit einem Maschinenbauunternehmen zu tun?
Schon als Kind war ich von Adlern fasziniert – von deren Eleganz, Kraft, Anmut, Schnelligkeit, Zielstrebigkeit, Effizienz, Präzision usw. Und viele dieser Eigenschaften erkenne ich in den Schwenkbiegemaschinen von Thalmann wieder. Denn trotz ihrer schieren Größe und trotz des enormen Gewichts, sind unsere Maschinen sehr schnell, hochpräzise und stecken voller Kraft – und strahlen für mich eine gewisse Ästhetik, Leichtigkeit und Erhabenheit aus. Von daher habe ich zu Adlern eine emotionale und rein produkttechnische Affinität. Der Thalmann-Adler stellt also eine Art symbolisches Erkennungszeichen im Umfeld des Erscheinungsbilds dar und transportiert die Werte unserer Produkte und unserer Marke.
Info
Interview-Fragen und Text: Frank Reichert, Marketingdesign, Gäufelden-Nebringen.