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Unfassbar

Ich bin sprachlos Kennen Sie das? Sie sitzen in der Bahn, einem Lokal oder im Bistro und werden unfreiwillig Zeuge eines Telefonats. Ihr Sitz- oder Tischnachbar nimmt mit seinem Mobiltelefon einen Anruf entgegen und verrät seinem Gesprächspartner sowie der Welt um ihn herum Details, die Sie eigentlich nicht hören möchten und sollten. Ganz ähnlich ging es mir beim Besuch des zinkbekleideten Kulturzentrums in Verbania am Lago Maggiore. Nach dem Fototermin wollte ich die entspannte Atmosphäre in einem Straßencafé genießen, doch dazu kam es nicht: Vier Tische weiter blökte eine aufgebrachte Dame in ihr Handy und ließ alle Gäste an ihrem Gespräch teilhaben: „Ich fasse es nicht! Ich bin entsetzt! Ich bin sprachlos!“, waren die wichtigsten Sätze des rund fünfzehnminütigen Gesprächs, doch damit nicht genug. Ihr unüberhörbares Kriegsgeschrei veranlasste ihren im Kinderwagen sitzenden Sohn sich die Ohren zuzuhalten, woraufhin der offensichtlich ebenfalls zur Familie gehörende Hund die Rute verängstigt zwischen die Hinterläufe klemmte.

Drama-Queen Als wie aus dem Nichts ein modisch gekleideter Herr im rosa Poloshirt auftauchte, war die Szene perfekt. Verlegen auf sein Smartphone schauend, setzte er sich zu Hund und Kind, wo ihn die Sprachlose keines Blickes würdigte, sondern stattdessen zur Bestform auflief. Den Tisch umkreisend und den Satz „Ich bin sprachlos“ gebetsmühlenartig wiederholend sorgte sie dafür, dass auch ihr Begleiter den Kopf senkte und immer kleiner wurde. Was er wohl ausgefressen hat ...?

Kopfkino an Großes Kino ganz anderer Art ereignete sich kürzlich in Ingolstadt. Anstatt einer hysterisch agierenden Telefonistin spielten jedoch empörte Kunden eines Fachbetriebes die Hauptrolle. Mit einer in sozialen Netzwerken angestoßenen Schmäh-Kampagne versuchten sie das Handwerksunternehmen öffentlich abzustrafen. Wofür? Für soziales Engagement, denn der Betrieb hatte abermals einen jungen Flüchtling als Azubi eingestellt und dies sogar in einem Zeitungsinterview kommuniziert. Als ich hörte, was positive Nachrichten auslösen können, war ich sprachlos. Öffentliche Aufrufe, den Betrieb zu boykottieren und die Verunglimpfung des Firmenlogos waren nur zwei vieler geschmackloser Versuche, die Firma in schlechtes Licht zu rücken.

Angriff als beste Verteidigung Wie immer in solchen Fällen ist öffentliche Kommunikation das beste Hilfsmittel. Die couragierte Chefin des Unternehmens informierte erneut die Presse und somit die breite Öffentlichkeit. Was dann geschah entschädigte für die niveaulose Internet-Hetze. Eine Welle der Solidarität und damit verbundene Glückwunschbekundungen brachten schließlich alle Kritiker zum Schweigen. Somit gab es zumindest in diesem Fall ein Happy End. Ob sich die Drama-Queen vom Lago Maggiore inzwischen wieder beruhigt hat ist indes leider nicht bekannt – Kopfkino aus!

Herzlichst Ihr

Klempnermeister Andreas Buck (Chefredakteur)

Andreas Buck

Chefredakteur, Klempnermeister

redaktion@baumetall.de