Kann Handwerk Kunst? Wie definieren Sie den Begriff Kunst? Als stolze Handwerkerin oder stolzer Handwerker sicherlich, indem sie einen Bezug zu Ihrer Fingerfertigkeit bei der Bearbeitung unterschied-
licher Baustoffe schaffen. Aus dieser Perspektive heraus betrachtet hätten es eigentlich alle in BAUMETALL vorgestellten Projekte verdient, als Kunstwerk bezeichnet zur werden – unabhängig davon, ob es sich um prunkvolle Bauornamente, komplexe Bauwerksanschlüsse oder aufwendige Meisterstücke handelt. Im Vergleich zu Objekten die einem 3D-Drucker oder einer Spritzgussform entsprungen sind, kreieren Handwerker echte Kunst. Das war schon immer so. Früher sogar noch mehr als heute. „Damals“, so hört man alte Klempner sagen, „haben wir alles von Hand gemacht: Rinnenstutzen ebenso wie Rohrabzweige. Wir haben Bauteile repariert und nicht einfach gegen Fabrikware ausgetauscht!“
So weit, so unvollständig Im Sinne der Gleichbehandlung ist es mehr als recht, neben der Handwerks- auch die Kunst unseres Ingenieurwesens oder die des Softwaredesigns anzuerkennen. Und was ist mit dem flinken Umgang unserer Auszubildenden auf ihren Smartphones? Ist das nicht ebenso eine zeitgenössische Kunstform? Einen deutlich weiter gespannten Versuch, den Begriff Kunst zu definieren, hat das Kunstportal Artfocus gewagt: Demnach sei Kunst eine wesentliche Ausdrucksform für Gefühle und Gedanken, die Menschen bewegen. Kunst sei dabei weniger das, was Kritiker und Spekulanten für wertvoll und handelbar halten, sondern vielmehr all das, worin der Künstler ein Stück von sich selbst gegeben habe. Große ebenso wie bescheidene Werke seien folglich immer auch Ausdruck einer expressiven Schaffenskraft und des Bedürfnisses, sich mitzuteilen. Aha!
Darf die das? Ist so betrachtet sogar die allererste und zugleich auch die schlechteste Lötnaht meiner Klempnerkarriere ebenfalls ein echtes Kunstwerk? Offensichtlich ja! Schade nur, dass weder mein Lehrmeister noch dessen Kunden diesen Standpunkt teilen wollten. Meine Lötnaht wurde folglich korrigiert und ist genau darum seit fast 40 Jahren dicht. Die aus den BAUMETALL-Workshops bekannte Künstlerin Manuela Geugelin bricht bewusst mit allen Konfessionen rund um fachtechnisch korrekte Blechbearbeitung. In ihren Kursen gewährt sie interessierten Handwerkern tiefe Einblicke in die Welt der Kupferkunst – das nächste Mal übrigens am 17. Juli 2021. Workshop-Teilnehmer, die mutig genug sind, das vor sich liegende Kupferstück möglichst frei von allem bislang Erlernten zu bearbeiten, kreieren dann Kupferkunst vom Feinsten.
Und Darf der das? Ebenso wie Ihre Gedanken, ist auch der Umgang mit gruseligem Baupfusch frei. Einzige Voraussetzung ist: Es darf niemals zu Wasserschäden oder bauphysikalischen Mängeln kommen! (M)Eine nicht ganz ernst gemeinte Art im Umgang mit Baufehlern darf ich Ihnen auf Seite 52 der vorliegenden Ausgabe vorstellen. Ob Sie die von mir in Szene gesetzten Ausführungspannen als Kunst bezeichnen wollen, überlasse ich Ihnen. Eines ist jedoch wichtig: Wenn Sie sich dafür entscheiden, dürfen Sie das niemals Ihrem Gutachter verraten – er wäre womöglich fortan arbeitslos ;-)...
Herzlichst Ihr
Klempnermeister Andreas Buck
(Chefredakteur)