Wirklich schon so alt? „Was willst Du denn damit? Das alte Ding gehört längst ins Museum. Heute machen wir das mit der App und mit 3-D-Animation“, sagt der eben von der Meisterschule kommende Jungmeister zu seinem Vater. „Mag sein“, entgegnet dieser, „doch bevor du dein Smartphone angeschaltet und die Berechnung ab-geschlossen hast, habe ich den Zuschnitt ermittelt, das Blech ausgeschnitten, gerundet und den Rohrfalz geschlossen.“Kennen Sie solche Gespräche? Dieses fand kürzlich in der Werkstatt eines BAUMETALL-Lesers statt und ganz ehrlich – ein ganz ähnliches habe ich 1990 mit meinem Vater geführt. Frisch von der Meisterschule kommend, wollte ich unsere Klempnerwelt verändern. Natürlich nicht per App aber zumindest mit dem Computer, denn ich war ja up to date.
Das Rad dreht sich Immer wenn es darum geht, das Rad neu zu erfinden, kann man Zeuge solcher Gespräche werden. Meist diskutieren dann Sohn und Vater, Mitarbeiter und Chef, Unternehmensberater und Seniorchef miteinander. Mit der Absicht, Zeit zu sparen wird Neues in den Ring geworfen, doch fast immer kennen die Erfahrenen gute Abkürzungen. Das war offensichtlich schon immer so und es wird auch im Zuge der Digitalisierung genauso bleiben, denn Räder drehen sich, was wiederum in der Natur der Dinge liegt, sollte man meinen …
Harte Landung Wenn Jungmeister aus dem theoretischen Meisterschul-Himmel kommen, landen sie fast immer auf dem harten Werkstattboden der Tatsachen. Das Verschmelzen von Theorie und Erfahrung fällt ihnen oft schwer und in besonders eingefahrenen Bereichen scheint es sogar unmöglich. Dennoch ist es wichtig und richtig, sich mit Neuem zu beschäftigen und das, obwohl der Klempner seine Zangen und Scheren seit vielen Jahrhunderten nahezu unverändert einsetzt. Je nach Fachbetriebskonzept sind moderne Doppelbieger, Aufmaß-Apps oder 3-D-Programme dennoch unverzichtbar, aber es geht auch andersherum.
Es kommt drauf an, was man draus macht Im Europäischen Klempner- und Kupferschmiedemuseum in Karlstadt vermittelt die BAUMETALL-Workshopreihe Techniken wie das Kugeldrücken, das Ziselieren oder das Vergolden. Doch neben Fachwissen aus einer verloren geglaubten Zeit werden auch moderne Techniken wie die Aufmaßerstellung mit dem Smartphone thematisiert. Besonders reizvoll dabei ist es, im historischen Umfeld der neuen Workshop-Werkstatt moderne Werkzeuge und Maschinen einzusetzen. Für mein Dafürhalten wird das Klempner-Rad der Zeit nirgends sonst so effektiv gedreht wie in Karlstadt. Das wiederum ist ein wichtiger Grund aufmerksam zuzuhören und vor allem mitzumachen!
Herzlichst Ihr
Klempnermeister Andreas Buck (Chefredakteur)
Andreas Buck
Chefredakteur, Klempnermeister
