Grafische Bilder stanzt Stefan Schuler nicht jeden Tag. Dass der Geschäftsführer des Unternehmens Friedrich Schuler Bedachungen eine komplette Aluminiumfassade perforierte, lag tatsächlich an einem Drachen. Das Fabelwesen ziert das Wappen der Gemeinde Reichenbach, die ihr Gemeinschaftshaus 2017 sanieren ließ. Die Drachenmotive in der neuen Fassade am Treppenhaus setzen sich aus unzähligen Löchern zusammen. Stanztechniken bieten Spenglern und Dachdeckern einen hohen Mehrwert, weil die Kreativität kaum Grenzen kennt und ab Werk keine maßgefertigten Bauteile erhältlich sind.
Drachen digital gezähmt
Stefan Schuler bändigte das Ungeheuer, indem er Lochungen in mehreren Durchmessern in die Aluminiumprofile einarbeitete. „Wir haben vom Architekten digitale Bildvorlagen erhalten, die wir mithilfe unseres Partners Fotoblech in Lochbilder umgewandelt haben“, erklärt der Geschäftsführer. Der Auftraggeber stellte die Grafiken als jpg-Daten im Maßstab 1:10 zur Verfügung. Die Drachen in den digitalen Vorlagen sind in mehreren Helligkeitsstufen (Grautönen) dargestellt. Fotoblech rechnet die Helligkeiten technisch in verschiedene Lochgrößen um. Die hellsten Bereiche der Grafik entsprechen den Feldern mit der größten Lochung im Aluminiumprofil (12 mm Durchmesser). Dunkle Flächen in der Grafik werden durch die kleinste Lochung (3 mm Durchmesser) im Werkstoff wiedergegeben. Die weiteren Durchmesser betragen 5 mm und 8 mm. Die insgesamt rund 172,7 m² große Fassadenfläche des Treppenhauses gliedert sich in zwei Teilstücke. Der größere Teil befindet sich an der Nordostseite des Gebäudes (110,6 m²), während der kleinere an der Südwestseite (62,1 m²) liegt.
Ein Ungeheuer kommt selten allein
„Alle Profile haben wir aufgemessen und komplett bei uns produziert. Anschließend wurden die Werkstücke noch beidseitig pulverbeschichtet“, unterstreicht der Geschäftsführer. Schuler Bedachungen verteilte die Bildvorlagen auf etwa 71 Fassadenprofile. Davon entfallen rund 46 Elemente auf die Nordostseite und 25 Exemplare auf die Südwestseite. Zwei Fluchttüren benötigten spezielle Bekleidungen. Weil das Fabelwesen in den Grafiken nicht nur einmal, sondern mehrfach in verschiedenen Größen vorkommt, musste jede Tafel für eine exakt festgelegte Position gefertigt werden. Die Maße der Profile variieren je nach Lage. Einige messen im Sichtbereich ca. 1050 mm x 1400 mm, während andere rund 1500 mm breit und 3500 mm hoch sind. Die Bauteile aus korrosionsfestem, 3 mm starkem Aluminium des Typs Almg 1 Hydro wurden auf einer Stanzmaschine von Trumpf perforiert, die eine Bearbeitung bis dicht an den Falz ermöglicht. Die Handwerker passten die Profile für die Dachschrägen an die einspringende Dreiecksform an. Weitere Sonderformen entstanden für die Abschlüsse über dem Boden und im Randbereich. Die Beschichtung der Fassade und der Unterkonstruktion erfolgte im Farbton RAL 7048 matt (Perlmausgrau).
Die Monster im Haus
Der Fachbetrieb montierte die Fassade an einer selbst gefertigten Unterkonstruktion. Diese Hut- und U-Profile aus einer 3 mm starken Aluminium-Magnesium-Silizium-Legierung wurden zunächst beidseitig pulverbeschichtet (RAL 7048 matt). Zwei Mitarbeiter befestigten die Bauteile ab Frühjahr 2017 an der teilverglasten Pfosten-Riegel-Konstruktion des Treppenhauses sowie am Stahlbeton des Gebäudes. Anschließend erfolgte die Montage der Fassade, deren Abstand zum Untergrund 50 bis 80 mm beträgt. Bei den Fluchttüren wurden die Lochprofile direkt auf den Türflügeln installiert. „Für das Gemeinschaftshaus bauten und montierten wir auch ein Vordach am Eingang, ein Schild mit Schriftzug und ein Wappen“, ergänzt der Geschäftsführer. Außerdem veredelten die Handwerker die Treppen im Gebäude mit 2,5 mm starken Aluminiumbrüstungen (14,8 m²) sowie mit Bekleidungen für die Treppenöffnungen (21,3 m²). Diese farbbeschichteten Brüstungen mit ihren Lochmotiven zeigen, dass gestanzte Metalltafeln für viele Anwendungen perfekt passen.
Henry Rasch
Bautafel
Projekt: Perforierte Fassade für das sanierte und umgebaute Gemeinschaftshaus Reichenbach
Bauherr: Gemeinde Reichenbach / Verwaltungsgemeinschaft Walderbach
Architektur: Schnabel + Partner Architekten, Bad Kötzting
Fachbetrieb: Friedrich Schuler Bedachungen, Furtwangen(Mitglied der BAUMETALL-Gruppe Wilde 13)*
Material: 172,7 m² Lochfassade Aluminium 3,0 mm, Almg 1 Hydro, 36,1 m² Treppenbekleidungen, Aluminium 2,5 mm, perforiert
Beschichtung: Farbton RAL 7048 matt
* Zur „Wilden 13“ gehören Fachbetriebe, die sich mit Stanzautomaten und Lasertechnik befassen. Fragen dazu bitte direkt an redaktion@baumetall.de, Kennwort Wilde 13.