Um es vorweg zu nehmen: Besäße ich eine Glaskugel, würde ich meine Brötchen mit Sicherheit leichter beziehungsweise auf andere Art verdienen. Allein aus diesem Grund war dieses Workshop-Thema überaus anspruchsvoll – die Neugier so mancher Teilnehmer entsprechend groß. Erwartungsgemäß hatten auch die Workshop-Moderatoren Thomas Rothmeir und Thomas Heidfeld keine Glaskugel im Gepäck. Dafür warteten sie, unterstützt von Christian Winsel (technischer Referent des ZVSHK in St. Augustin), mit zahlreichen Informationen auf. Zunächst stellte das Moderatorenduo die Arbeitsweise der Innung und des Fachverbandes vor. Die Teilnehmer des XXL-Treffs erfuhren zum Beispiel, dass auch die Münchner Innung Netzwerke nutzt und mit der Handwerkskammer, dem Großhandel, Herstellern, Berufs- und Meisterschulen, Energieversorgern, Berufsverbänden oder Endverbrauchern im engen Austausch steht. Speziell für Spengler bietet die Innung unter anderem Meisterprüfungs-Vorbereitungskurse, überbetriebliche Maßnahmen für Lehrlinge, Fortbildungs- und Austauschprogramme, Fachgruppenversammlungen oder Podiumsdiskussionen an. Überhaupt reagiert die Münchner Innung schnell und spontan auf Branchenereignisse – jüngstes Beispiel ist die Unterstützung der Kranichaktion für Fukushima auf der Internationalen Handwerksmesse (siehe Seite 52 in vorliegender Sonderausgabe).
Und der Fachverband? Als Dach der 60 angeschlossenen Handwerksinnungen in Bayern betreut der Fachverband SHK Bayern rund 5000 Betriebe. Als Arbeitgeberverband vertritt er die Interessen folgender Berufsgruppen: Spengler, Installateure und Heizungsbauer, Ofen- und Luftheizungsbauer sowie Behälter- und Apparatebauer. Für rund 55000 Beschäftigte und knapp 6500 Auszubildende stellt sich der Fachverband SHK Bayern als Kompetenzträger für moderne und innovative Gebäudetechnik den ständigen Herausforderungen des Marktes. Zum Beispiel initiierte der Fachverband bereits 2009 die Nachwuchswerbekampagne Superheldenkarriere, welche ein zentraler Baustein zur Gewinnung neuer Auszubildender für alle SHK-Gewerke ist. Diese Aktion wurde aufgrund ihres Erfolges mittlerweile auch in NRW sowie auf Bundesebene beim ZVSHK übernommen. Dazu Thomas Heidfeld: „Aus Sicht des Fachverbands kann unsere gemeinsame Zukunft nur mit gut ausgebildeten Fachkräften vom Auszubildenden über Gesellen und Meister bis hin zum Ingenieur für die Gebäudehülle erfolgreich gestaltet werden“.
Was aber haben diese Beispiele mit der Zukunft moderner Gebäudehüllen gemein? Die Antwort ist kurz: Viel!
Lebhafte Diskussion um den Blick in die Glaskugel
Im Zuge der Energiewende wächst das Berufsfeld des Spenglers wieder enger an die Sanitär- und Heizungsseite heran. Immer öfter beschäftigen sich auch Spenglerfachbetriebe mit der Montage von Solaranlagen, doch Energiewende ist mehr: Erwartungsgemäß rückte in der lebhaft geführten Diskussion das Betätigungsfeld Fassadenbekleidung in den Fokus der Teilnehmer. Johannes Binder verwies in diesem Zusammenhang auf zunehmende Herausforderungen und die Notwendigkeit, mit der für Klempner/Spengler ins Leben gerufenen Studienrichtung für die Gebäudehülle zu reagieren. Der Initiator der Studienrichtung ist sich sicher: „Unsere Aufgaben umfassen längst mehr, als die Eindeckung herkömmlicher Stehfalzbedachungen. Planungsleistungen werden komplexer – statische und bauphysikalische Berechnungen überfordern zahlreiche Handwerksmeister bei Weitem.“ Auch seitens der anwesenden Industrievertreter wurde klar: Moderne Gebäudehüllen aus Metall müssen optische sowie technische Ansprüche erfüllen und sind weit mehr als reine Nutzfassaden. Der Einbau unterschiedlichster Dämmelemente, Paneele, Steckmetalle oder Beleuchtungselemente zählt in innovativen Fachbetrieben schon fast zum Standard – die energetische Aktivierung der Fassaden gilt als die zentrale Herausforderung. Schnell wurde deutlich, dass innovative Handwerker moderne Systeme mit großer Selbstverständlichkeit einsetzen. Nach Meinung der Workshop-Teilnehmer wird der Austausch zwischen Verbänden, Innungen und Fachbetrieben zukünftig auf einer anderen Ebene als bisher erfolgen müssen. Die Weichen in die gemeinsame Zukunft sind bereits gestellt – eine Fortsetzung der Diskussion wird mit Spannung erwartet und könnte bereits am Rande der BAU 2013 in München stattfinden.
Zusammenfassend
Der Blick in die gemeinsame Zukunft ist schwierig. Zwar erzeugt die Energiewende Synergieeffekte zwischen Metall verarbeitenden Klempnern und klassischen SHK-Betrieben – eine eindeutige Strategie zum Bau moderner Metallfassaden liegt jedoch ebenso wenig vor wie eine verbindliche Empfehlung zum Fassadentrend der Zukunft. Sicher ist: Das Berufsfeld des Klempners/Spenglers wird wieder enger an die Sanitär- und Heizungsseite herangeführt.
Unabhängig von der Diskussion über die mittel- bis langfristig zu erwartende Ausrichtung der Branche ist aktuell der Problematik des Fachkräftemangels zu begegnen. Die Innung SHK München hat mit der Gründung des Arbeitskreises „Demographischer Wandel“ im Herbst 2011 einen wichtigen Schritt zur Akquisition von Nachwuchskräften geleistet. Wichtig sind dabei der Ausbau entsprechender Kontakte zu allgemein bildenden Schulen sowie eine verstärkte Präsenz bei Berufsfindungstagen und ähnlichen Veranstaltungen.
Online-Extra
Wie kreativ moderne Metallfassaden gestaltet werden können, zeigt das Online-Extra zum Titelbild dieses Beitrages. Der Züricher Fachbetrieb Scherrer Metec AG verzinnte die Kupferelemente der Gebäudehülle von Hand. https://www.baumetall.de/baumetall-live/extras