Unverhofft kommt oft – auch für Gert Bröhl von der Brandt Edelstahldach GmbH in Köln. Der Edelstahlfachmann war mit dem Thema „Edelstahl löten – Informationsnetzwerke sinnvoll nutzen“ kurzfristig als Ersatz für den verhinderten BAUMETALL-Referenten Herbert Reithmeir (DLS Unternehmensberatung) eingesprungen und hatte dadurch den zweiten von drei Workshops an Bord des BAUMETALL-Schiffs gerettet. Dass Gert Bröhl nicht ins kalte Wasser geworfen wurde, sondern locker-flockig referierte, verdankt er neben seinem rheinischen Naturell auch seiner jahrzehntelangen Erfahrung auf diesem Fachgebiet. Zwar durfte auf den schwimmenden Planken aus Brandschutzgründen nicht mit der offenen Lötflamme hantiert werden, aber um seinen Worten auch Taten folgen zu lassen, hatte er einige Anschauungsstücke mitgebracht. Diese wurden von den anwesenden Metallprofis um RMS-Fachlehrer Gert Brenner aus Stuttgart kritisch unter die Lupe genommen. Die Workshopteilnehmer entdeckten dabei, dass einige der präsentierten Bauteile als Rohlinge zuerst gepunktet, also mittels Widerstandsschweißen punktgeschweißt und anschließend dicht gelötet worden waren. Teilweise waren die anwesenden Fachleute von dieser Vorgehensweise sichtlich überrascht, hätten sie doch erwartet, dass die gesamte Naht mit entsprechender Überlappung weichgelötet würde.
Alles im Fluss
Als Gert Bröhl zur Höchstform auflief, hatte auch das Restaurantschiff „Alte Liebe“ bereits einige Kilometer auf dem Main zurückgelegt und befand sich ebenso wie der Edelstahlspezialist mitten im Fluss. Vielleicht lag es an genau dieser Übereinstimmung, dass der ohnehin praxisorientierte Edelstahlkenner ein Thema aufgriff, welches vielen BAUMETALL-Lesern unter den Nägeln brennt: Welches ist das richtige Flussmittel zum Löten von Edelstahl? Die entsprechende BAUMETALL-Online-Umfrage hatte gezeigt, dass speziell zum Löten von Edelstahl Informationsbedarf besteht und Gert Bröhl lieferte die Antworten. Damit das Löten überhaupt möglich wird, ist das richtige Flussmittel erforderlich. Laut Bröhl eignet sich das Flussmittel mit der Bezeichnung Ferrinox 4000 ideal. Das langzeiterprobte Lötwasser wurde speziell zum Löten von Edelstahl entwickelt.
Der von zahlreichen Anekdoten aufgelockerte Vortrag bot den Teilnehmern gute Möglichkeiten, eigene Wortbeiträge und Anmerkungen einzustreuen. So kam es mir als in Sachen Edelstahl versiertem Fachmann besonders auf den Hinweis an, Werkzeuge und Maschinen ausschließlich zur Bearbeitung von Edelstahl einzusetzen und nicht zwischendurch für gewöhnliche blanke oder gar rostige Stähle zu verwenden. Wer in dieser Liga mitspielen möchte, muss meiner Meinung nach eben einen separaten Werkzeugsatz vorhalten und nutzen. Auch wurde thematisiert, dass Schleifstaub und das auf Baustellen beliebte Flexen (Trennschleifen) sowie Schweißvorgänge erhebliche Gefahren für eine einwandfreie Edelstahloberfläche darstellen. Im Schadensfall ist es bisweilen schwierig, den Nachweis zu führen, woher die Spuren stammten. Damit es nicht an den Lötarbeiten liegt, stellte Bröhl einige Grundsätze auf (siehe Kasten), bei deren Einhaltung Schwierigkeiten ausgeschlossen werden sollten.
Praktiker-Netzwerke helfen weiter
Löten von Edelstahl umfasst weit mehr als die korrekte Arbeitstechnik. Welche Grundstoffe verwendet werden sollten, wurde daher ebenfalls angesprochen und ausführlich diskutiert: Auf jeden Fall soll der Ausführende nicht von sich aus und stillschweigend vom vorgeschriebenen Werkstoff abweichen. Wenn er der Überzeugung ist, dass ein System nicht zusammenpasst oder der ausgeschriebene Werkstoff nicht geeignet ist, sollte sich der Ausführende mit dem Auftraggeber abstimmen.
INFO
Lizenz zum Löten
Das Schwerpunktthema der kommenden BAUMETALL-Ausgabe 5/2012 bietet ergänzende Infos und Praxisfotos zu diesem Fachgebiet. BAUMETALL 5 erscheint am 15. August 2012.
Darüber hinaus plant BAUMETALL bereits den nächsten Event. Lassen Sie sich überraschen und informieren Sie sich in der nächsten Ausgabe Ihrer BAUMETALL.
http://www.baumetall.de/lizenzzumloeten
Eckpunkte zum Löten von Edelstahl:
- Richtiges Flussmittel verwenden, z. B.: Ferrinox 4000
- Niemals chloridhaltiges Lötwasser verwenden
- Edelstahl ist ein schlechter Wärmeleiter
- Zu große Kolbentemperatur vermeiden
- Schmale Finne am Kupferstück (max. 20 bis 30 mm)
- Lötzinn mit 30-prozenzigem Zinnanteil verwenden
- Nach dem Lötvorgang Lötwasserreste z. B. mit dem Ferrinox-Reiniger oder sauberem Wasser neutralisieren
Tipp
Sollte bei blanken oder mattierten Edelstählen eine Überhitzung des Bauteils stattfinden und somit eine bräunliche Verfärbung auf der Rückseite entstehen, kann diese problemlos mit dem genannten Lötwasser beseitigt werden. Betroffene Stelle einreiben, kurz einwirken lassen und mit Wasser abwaschen. Achtung: Diese Vorgehensweise darf jedoch nie bei verzinntem Edelstahl angewandt werden, da ansonsten die verzinnte Oberfläche durch den chemischen Einfluss des Lötwassers in Mitleidenschaft gezogen wird. Dies ist aus optischen Gründen in keiner Weise akzeptabel.
Informationsnetzwerk
Merkblatt 836 „Weichlöten von Edelstahl“ der Informationsstelle Edelstahl Rostfrei, Düsseldorf
https://www.edelstahl-rostfrei.de/
Autor
Marc Warzawa
Der Edelstahlprofi Marc Warzawa ist Schweißfachingenieur und Mitglied im Verein Deutscher Ingenieure (VDI).