Eines vorweg: Das wichtigste deutsche Branchentreffen war eine rundum geglückte Veranstaltung, der Zusatztitel „Internationales Fachsymposium für Metallverarbeitung an Dächern und Fassaden“ absolut berechtigt. Trotz winterlicher Straßenverhältnisse kamen nahezu 350 Teilnehmer, darunter Gäste aus der Schweiz, Südtirol und Österreich, ins Congress Centrum nach Würzburg. Dort erlebten sie 13 informative Fachvorträge sowie ein gut organisiertes Rahmenprogramm, welches bereits am Vorabend der Veranstaltung mit einem „Get together“ im Europäischen Klempner- und Kupferschmiedemuseum Karlstadt begann.
Mit der Vorstellung der ausführlich überarbeiteten Klempnerfachregeln startete Bundesfachgruppenleiter Klempnertechnik, Ulrich Leib, die Vortragsreihe. Die Neuauflage des Regelwerkes ist seit Januar 2010 gültig. Bedeutende Änderungen betreffen unter anderem die DIN 1055-4 und damit zusammenhängende Angaben zur Windlastnorm, etwa zur Ermittlung der Windlastaufnahme und entsprechend erforderlicher Haftabstände. Ebenso sind die zur Rinnenbemessung benötigten Tabellen überarbeitet und neue Angaben zu den örtlichen Regenspenden aufgeführt.
Auch was den Einsatz von OSB-Holzwerkstoffplatten als Unterkonstruktion für Metalleindeckungen betrifft, sind interessante neue Informationen vorhanden, beispielsweise, dass OSB-Platten nur dann zugelassen sind, wenn sie über eine vollständige PMDI-Verklebung der Klasse drei oder vier verfügen. Zudem muss deren Mindestdicke 22 mm betragen. Unabhängig von der Art der Metalleindeckung sind über OSB-Platten strukturierte Trennlagen zwingend vorgeschrieben.
Gut gerechnet in die EnEV-Zukunft
Klempnertechnik kommt nicht ohne präzise berechnete Angaben zur Haftbefestigung aus, doch ebenso wichtig sind für einen Betriebsinhaber fundierte Kenntnisse um kalkulatorische Hintergründe. Dies veranschaulichte Matthias Thiel, Referent im ZVSHK, mit seinen Ausführungen zur Deckungsbeitragsrechnung. Direkt im Anschluss beschrieb Markus Schröder, Produktmanager Hochbau bei der Deutschen Rockwool, die Gebäudehülle der Zukunft. Demnach müssen hinterlüftete Metallfassaden den direkten Vergleich mit Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) nicht scheuen. Zwar sind bei überputzten WDVS-Fassaden geringere Dämmschichten erforderlich, doch sprechen Nachhaltigkeit, Wartungsfreiheit und Standfestigkeit eindeutig für Metalllösungen.
Detailliert schilderte Matthias Wagnitz die Auswirkungen der EnEV auf die Klempnertechnik. Seine Botschaft lautete unmissverständlich, dass die Verschmelzung von Gebäudehülle und Gebäudetechnik nicht aufzuhalten sei. Dazu verwies er auf erfolgreich eingeführte Ganzdach-Solarsysteme, die veranschaulichen, dass Dächer in Zukunft auch ohne Metall auskommen können. Ein Trend, der belegt, dass Klempnerfachbetriebe im Verband mit dem Eckring technisch und logistisch gut organisiert sind, man denke beispielsweise an thermisch aktivierte Metallbedachungen oder -fassaden.
Es kommt darauf an…
… ist eine Antwort, die Handwerker im Umgang mit Mängelanzeigen immer geben können: Rainer Blaschke vom SHK-Bayern schilderte in seinem lebendigen Vortrag, wie Profis auf Mängelanzeigen reagieren sollten, ohne dabei indirekte oder unbeabsichtigte Schuldeingeständnisse zu formulieren. Aus juristischen Gründen muss der Handwerker bei der Reaktion auf Mängelanzeigen eine klare Formulierung favorisieren. Begriffe wie „Wir beseitigen den Mangel bis…“ sind tunlichst zu vermeiden. Besser wäre in diesem Fall eine Antwort mit dem Wortlaut: „Wir nehmen den Sachverhalt in Augenschein…“.
Spenglertechnik in Südtirol und in der Schweiz
Ein internationales Fachsymposium benötigt nicht nur internationale Besucher, sondern ebensolche Referenten. Daher verpflichtete der ZVSHK die Spenglermeister Hubert Trenkwalder aus Südtirol sowie Christoph Aeberhard aus der Schweiz. Mit praxisnahen Vorträgen schilderten beide, wie facettenreich Klempnertechnik aussehen kann. Während sich die Südtiroler Kollegen mit einem enormen bürokratischen Aufwand befassen müssen, erschweren die topografischen Bedingungen in der Schweiz den Spengleralltag.
Verantwortungsvolle Planung vorausgesetzt…
Haftungsrisiken gilt es auch für durch Fachbetriebe erbrachte Planungsleistungen zu minimieren. Dr. Hans-Michael Dimanski, Geschäftsführer des Fachverbandes SHK Sachsen-Anhalt betonte, dass die Planungsverantwortlichkeit nicht auf den Auftraggeber verlagert werden kann. Umso wichtiger ist daher eine optimierte Planung, beispielsweise bei der Bestimmung der Haftabstände für Stehfalzbedachungen. Ein effektives Hilfsmittel dazu stellte Dietmar Schuh von der Kalzip GmbH in Koblenz vor. Das von ihm entwickelte Berechnungsprogramm „Windlasten nach DIN 1055-4“ ist leicht verständlich und erleichtert die Arbeit mit den in den Klempnerfachregeln aufgeführten Tabellen enorm. Das Beste: Die einfach anzuwendende Software liegt den neuen Fachregeln bei (siehe oben).
„Studiengang Gebäudehülle“ und Klempnerlogo
Die am Tagungsausklang stattfindende lebhafte Podiumsdiskussion nutzte Werner Fünfer, Vorstand der freien Spenglermeistervereinigung Bayern e.V. (SMV), um die über 100 Mitglieder zählende Berufsgemeinschaft vorzustellen. Außerdem stellte er einige Fragen, etwa nach dem aktuellen Entwicklungsstand um die geplante Einführung eines Studienganges mit dem Schwerpunkt Gebäudehülle. Die direkte Antwort folgte von Initiator Johannes Binder aus Ingolstadt, der mitteilte, dass die Fachhochschule in Rosenheim eine verbindliche Zusage zur Installation eines entsprechenden Studienganges geben könne. Andreas Müller, stellvertretender ZVSHK-Hauptgeschäftsführer verwies darauf, dass es nun wichtig sei, nach weiteren Sponsoren Ausschau zu halten. Auch die Frage nach der Entwicklung eines einheitlichen Klempnerlogos wurde in Würzburg diskutiert. Bemerkenswerterweise zeigen diesbezüglich auch die Delegierten aus der Schweiz und Südtirol großes Interesse. Ein solches Erkennungszeichen könne länderübergreifend sogar als deutliches Symbol des Schulterschlusses zwischen den Kollegen gesehen werden. Andreas Müller erteilte einer Namensänderung eine klare Absage* und verwies darauf, dass der gut eingeführte und akzeptierte Eckring als Symbol für organisierte Fachbetriebe stehe. Wortmeldungen, die ein einheitliches Klempnerlogo forderten, wurden dennoch durch entsprechenden Applaus unterstrichen.
* Anmerk. d. Red.: Dies ist nachvollziehbar, da seit Jahren erfolglos nach einem adäquaten Ersatz für die Berufsbezeichnung gesucht wird
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Fachregeln
Die überarbeiteten Klempnerfachregeln des ZVSHK fallen vor allem durch eine übersichtliche Gliederung und einer Vielzahl hilfreicher und neuer Systemskizzen auf. Außerdem helfen gut gegliederte Tabellen bei der Suche nach entsprechenden Sachverhalten. Eine sinnvolle und nützliche digitale Ergänzung wertet die neuen Fachregeln zudem auf.
Die beigelegten Computer-Programme zur Berechnung der Rinnenbemessung sowie der Windlasten und damit zusammenhängender Haftabstände unterstützen den Praktiker. Zu beziehen sind die Fachregeln direkt beim ZVSHK.
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INFO
Studiengang Gebäudehülle
- Die Verschmelzung zwischen Gebäudehülle und Gebäudetechnik schreitet weiter voran
- Hochspezialisierte Fachkompetenz wird zukünftig verstärkt benötigt
- Der Studiengang Gebäudehülle ist eine sehr gute Alternative zum betriebswirtschaftlichen Studium
- Angestrebt wird die Gründung eines Förderkreises „Studiengang Gebäudehülle“
- Studierende benötigen das Abitur, Fachabitur oder den Klempnermeistertitel
- Der Studiengang soll an der FH-Rosenheim angeboten werden