Die Edelstahlbranche verzeichnet enorme Umsatzzuwächse. Auch im Klempnerbereich kommt das veredelte Material seit langem erfolgreich zum Einsatz. Vielfältigkeit entsteht dabei durch die Kombination diverser Fügetechniken mit unterschiedlichen Materialoberflächen. Ob bei klassischen Klempneranwendungen oder zur Gestaltung futuristischer und colorierter Metallfassaden – der Werkstoff Edelstahl liegt im Trend. BAUMETALL sprach darüber mit Stephan Zscheile, dem Verkaufsleiter im Bereich Bauwesen bei Arcelor Mittal Sersheim, Stainless Service Germany.
BAUMETALL: Seit wann sind Sie in der Edelstahlbranche beschäftigt?
Stephan Zscheile: Seit nunmehr 12 Jahren.
BAUMETALL: Nun gab es in der Vergangenheit schon die eine oder andere Namensänderung in Ihrem Unternehmen. Wie viele waren es eigentlich?
Stephan Zscheile: 1996 begann ich als Fachberater bei der Ugine Edelstahl GmbH. Seither gab es infolge von Umstrukturierungen und Neuausrichtung vier Namensänderungen.
BAUMETALL: Seit dem 01.02.2008 heißt Ihr Arbeitgeber Arcelor Mittal Sersheim, Stainless Service Germany. Haben Sie sich schon daran gewöhnt?
Stephan Zscheile: Das war kein Thema für mich. Schließlich bleibt außer dem Namen ja alles beim Alten. Das betrifft die Produkte ebenso wie die Ansprechpartner – nur unser Logo ist anders.
BAUMETALL: Welche Strategie verfolgt Arcelor Mittal mit diesem Schritt?
Stephan Zscheile: Ziel ist es, ein weltweit einheitliches Branding zu schaffen. Dadurch wird vieles vereinfacht und die Produktvielfalt erweitert. Neben dem breiten Edelstahl-Spektrum können auch Stahlerzeugnisse angeboten werden, etwa Sandwich-Elemente, Stahlträger oder Flachstähle. Die vernetzte Bandbreite ist gewaltig.
BAUMETALL: 1,29 Millionen produzierte Tonnen Edelstahl im Jahr sprechen für sich. Folgender Satz regt zum Nachdenken an: Edelstahl ist heute in allen Bereichen des Bauwesens vertreten, vom Dach über Fassaden bis hin zur Dekoration und den Möbeln. Wissen Sie, wo dieser Satz in ähnlichem Wortlaut zu finden ist?
Stephan Zscheile: Nein.
BAUMETALL: Er steht auf der Internetseite von Arcelor Mittal. Direkt unter der Angabe dieser gewaltigen Tonnage. Wie hoch ist der Anteil für den deutschen Markt?
Stephan Zscheile: Für 2008 ist ein Absatz von 300 000 t geplant. 2007 lagen wir knapp darunter.
BAUMETALL: Welche Anwendungsbereiche sind dabei berücksichtigt?
Stephan Zscheile: Das gesamte Portfolio für den Werkstoff Edelstahl im Bauwesen erstreckt sich von Laternenmasten über Bushaltestellenhäuschen und die dazugehörenden Abfallbehälter bis hin zur Anwendung im Hochbau an Dach und Wandflächen. Aber auch die Bereiche Möbel, Dekoration, Fahrtreppen, Geländer und Treppenanlagen gehören in diesen Bereich. Edelstahl ist jedoch weit mehr. In der Automobilbranche wird der Werkstoff ebenso eingesetzt wie für Töpfe, Teller und Besteck. Der Medizinbereich, die Elektroindustrie und der industrielle Rohrleitungs- und Behälterbau – Edelstahl ist ein wichtiger Bestandteil des Lebens.
BAUMETALL: Trotz dieser Vielfältigkeit heißt Edelstahl für einen Großteil der Klempner einfach Uginox, auch wenn andere Legierungen zum Einsatz kommen. Die enorme Anzahl unterschiedlicher Werkstoffgüten und Bezeichnungen erschließen sich in Bezug zur Anwendung für den Verarbeiter nicht immer von selbst. Könnte es sein, dass diese Vielfalt Berührungsängste oder Unsicherheiten fördert?
Stephan Zscheile: Nein, Uginox ist zum Branding geworden. Wie die Papiertaschentücher mit dem „T“, steht Uginox als Synonym für Edelstahl. Für die Bedachung werden die Edelstähle AME und FTE eingesetzt, das hat sich nie geändert. Die Standardbezeichnung 4301 benutzen Händler und Verarbeiter gleichermaßen. Dass es hunderte von Werkstoffgüten gibt, ist oft nicht präsent und in diesem Bereich auch nicht wesentlich. Dennoch wird es für die Zukunft Werkstoffänderungen geben. Die Änderungen ermöglichen Preisalternativen bei gleichbleibender Optik und gleichbleibenden Werkstoffeigenschaften. Arcelor Mittal zielt hierbei auf die Nickelentwicklung und den Einsatz neuartiger Ferrite zur Legierung, um teure Legierungszuschläge zu vermeiden. Es wird eine neue Ugitop-Variante mit denselben Eigenschaften wie ein 4301 entstehen.
BAUMETALL: Welches Verkaufsargument pro Edelstahl stellen Sie unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit und Ressourcenschonung in den Vordergrund?
Stephan Zscheile: Der Umweltgedanke hängt hoch! Werkstoffbedingt weist Edelstahl keinen Materialabtrag auf. Man denke an den Einsatz in der Lebensmittelindustrie oder der Medizintechnik. Zur Edelstahlherstellung wird 90 % Eisenschrott verarbeitet und in den vergangenen Jahren wurde der CO2-Ausstoß bei der Produktion um 50 % gesenkt.
BAUMETALL: Erfolgreiche Klempnerfachbetriebe haben im Umgang mit Edelstahl schon jahrelang positive Erfahrungen gesammelt. Viele Arbeiten haben darüber hinaus einen ausgesprochen hohen architektonischen Anspruch. In welchen Bereichen beobachten Sie Zuwächse bei der Verarbeitung von Edelstahl? Gibt es gar Trends, die neue Tätigkeitsfelder für die Branche eröffnen?
Stephan Zscheile: Der Fassadenbereich wird zunehmend stärker. Beispielsweise zeigen Industriebetriebe, die hochwertige Produkte herstellen, diese Hochwertigkeit gerne auch an ihrer Gebäudehülle. Dabei reicht die Bandbreite von der Standardtechnik über Edelstahl-Paneele und andere Fassadenprofile bis hin zu colorierten Materialoberflächen. Aber auch die klassischen Klempnerbereiche „Dach und Dachentwässerung“ verzeichnen enorme Zuwächse.
BAUMETALL: Können Sie das Thema Colouroberflächen etwas genauer beschreiben?
Stephan Zscheile: Hierbei handelt es sich standardmäßig um Ugitop, welches beispielsweise von Inox-Color in Walldürn objektbezogen für den Kunden coloriert wird, wie etwa bei der Müllverbrennungsanlage Perpignan.
* Stephan Zscheile ist Verkaufsleiter im Bereich Bauwesen bei Arcelor Mittal Sersheim, Stainless Service Germany
Allgemeine Hinweise
Uginox AME ist ein nichtrostender austenitischer Chrom-Nickel-Molybdän-Edelstahl mit einer zusätzlichen Zinn-Beschichtung (antimagnetisch).
Uginox FTE ist ein nichtrostender ferritischer, 17%iger Chromstahl mit 0,59 Titananteilen und einer zusätzlichen Zinn-Beschichtung (magnetisch).
Die Inox-Color GmbH & Co. KG aus dem Odenwald färbt Bänder, Streckmetalle, Drahtgewebe, Profile und Bauelemente aus nichtrostendem Stahl nach dem Inox-Spectral-Verfahren bis zu einer Abmessung von 6000 x 1200 x 2000 mm (L x B x H). Bei diesem Verfahren handelt es sich nicht um einen Farbauftrag, sondern um einen elektrochemischen Prozess. Zur Zeit sind 36 ungefärbte Oberflächendesigns mit den sieben Inox-Spectral-Farben kombinierbar.