Spätestens seit den frühen 1990er-Jahren erzeugt der Einsatz von Flüssigkunststoffen bei Dachhandwerkern einen guten Flow und das Gefühl, (fast) alles schaffen zu können. Mit Flüssigkunststoffsystemen lassen sich selbst komplexeste Geometrien und herausfordernde Details mühelos und langzeitsicher abdichten. Nachfolgende Hinweise und Informationen bieten einen Überblick über zahlreiche Einsatzbereiche …
Grundlagen
Flüssigkunststoffsysteme sind für Dachhandwerker und Bauwerksabdichter eine gute Wahl. Sie lassen sich leicht verarbeiten und ermöglichen eine zuverlässige, dauerhaft funktionsfähige Abdichtung. Ihre besondere Stärke spielen Flüssigkunststoffe bei der Abdichtung von Bauelementen und Details wie z. B. Lüftern, Stützen, Attiken, Türanschlüssen, Lichtkuppeln und Oberlichtern oder allgemein Durchdringungen aus.
Entscheidet sich der Bauherr dazu, auch die Fläche mit Flüssigkunststoff abzudichten, erhält er eine naht- und fugenlose Abdichtung aus einem Guss. Fällt die Wahl auf eine bahnenförmige Flächenabdichtung, z. B. auf Basis von Polymerbitumen oder Kunststoff, ist die Kombination mit Flüssigkunststoffen in den oben genannten Detailbereichen heute gängige Praxis. Diese Praxis wird von Dachhandwerkern und Bauwerksabdichtern für ihre Einfachheit und Sicherheit in der Anwendung geschätzt.
Inhaltsstoffe
In der D-A-CH-S-Region werden heute vor allem Flüssigkunststoffsysteme auf Basis von flexiblen reaktiven Polymethylmethacrylaten (sog. PMMA-Systeme) und auf Basis von Polyurethanharzen (sog. PUR-Systeme) verarbeitet. Die Schichtdicke der meisten Flüssigkunststoffabdichtungen ist mit ca. 2 mm sehr gering, sodass sich Flüssigkunststoff ideal für unterschiedlichste Abdichtungs- und Instandsetzungsarbeiten eignet. Dabei wird bei fachgerechter Untergrundvorbehandlung auch auf Untergründen wie Metallen oder Glas eine ausgezeichnete Haftung erzielt. Fertig verlegte Flüssigkunststoffabdichtungen verfügen über ein Flächengewicht von ca. 3 bis 3,5 kg/m² und sollten damit keine Statik in den Grenzbereich der Tragfähigkeit führen.
Erfolgsgeschichte der Flüssigkunststoffe
Führten frühe Flüssigkunststoffprodukte ab den ca. 1970er-Jahren noch ein Nischendasein, sind die heute etablierten Flüssigkunststoffsysteme aus dem Werkzeugkasten des zeitgemäßen Bauens und Facility-Managements nicht mehr wegzudenken. Maßgeblichen Anteil daran hatte auf regulatorischer Seite die Einführung der Europäischen Technischen Leitlinie für die Zulassung von flüssig aufzubringenden Dachabdichtungen, der ETAG 005 (heute EAD 030352-00-0503) im Jahr 2001. Mit dieser Leitlinie ist ein einheitlicher Standard zur Bewertung der Leistungsfähigkeit des Bauproduktes Flüssigkunststoff entstanden, der heute Relevanz im gesamten europäischen Binnenmarkt hat. Diverse technische Regelwerke wie Fachregeln und DIN-Normen beziehen sich auf diesen Standard. Die Produkte der etablierten Flüssigkunststoffhersteller erfüllen diesen Standard und sind u. a. an der CE-Kennzeichnung zu erkennen.
Die Anwendung entsprechender Systeme im Bereich der Bauwerksabdichtung hat sich inzwischen bewährt und ist generell üblich. In Deutschland wird für diese Anwendungsbereiche ein zusätzliches allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis verlangt. Weitere spezielle Anwendungsbereiche von Flüssigkunststoffsystemen, die mit weiteren normativen und bauaufsichtlichen Anforderungen und Prüfzeugnissen belegt sein können, sind die Abdichtung von befahrenen Flächen aus Beton, Innenabdichtungen, die Abdichtung von Behältern und Becken und die außen liegende streifenförmige Abdichtung von Fugen im WU-Beton-Bau.
Vielseitig einsetzbar
Im Laufe der Jahre hat sich der Anwendungsbereich der Flüssigkunststoffsysteme hin zur Dachabdichtung im Bereich von Balkonen, Loggien, Terrassen oder Laubengängen erweitert. Bei entsprechenden Bauweisen wird auf die erfolgte Abdichtung eine sog. systemintegrierte Nutzschicht aus Flüssigkunststoff aufgetragen. Solche Oberflächen werden dann mithilfe von Chips- oder Granulateinstreuungen gestaltet und abschließend mit einer transparenten Versiegelung versehen. Aufgrund ihrer rutschhemmenden Eigenschaften werden solche Beschichtungen zum Beispiel auch zur Abdichtung von Treppenbauwerken eingesetzt.
Tipps zur Auswahl geeigneter Flüssigkunststoffsysteme
Damit eine Flüssigkunststoffabdichtung ihren maximalen Nutzen über eine möglichst lange Nutzungsdauer entfalten kann, sollten mehrere Faktoren berücksichtigt werden. Im ersten Schritt sollten nur solche Systeme zum Einsatz kommen, die über für konkrete Anwendungsfälle geforderte bauaufsichtliche Verwendbarkeitsnachweise, also z. B. Europäische Technische Bewertungen und/oder allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnisse, verfügen. Darüber hinaus sind folgende Erfolgsfaktoren relevant:
Die Vorbereitung des Untergrundes inkl. der richtigen Wahl etwaig notwendiger Grundierungen ist essenziell. Entsprechend umfangreich sind die Informationen dazu in den Verarbeitungsanleitungen etablierter Hersteller enthalten.
Lassen Sie sich vom technischen Support des infrage kommenden Flüssigkunststoffherstellers professionell beraten.
Die etablierten Flüssigkunststoffhersteller bieten den Verarbeitern Schulungen an. Die Berücksichtigung von Fachverarbeitern bei der Auftragsvergabe ist sinnvoll.
Fazit
Flüssigkunststoffsysteme erfüllen heute vielfältigste Aufgaben in der zeitgemäßen Dach- und Bauwerksabdichtung, egal ob in Detailbereichen wie z. B. Türanschlüssen, als Flächenabdichtung, unter Dachbegrünungen, zur Abdichtung und Gestaltung von genutzten Flächen wie Balkonen, Terrassen, Laubengängen oder Treppen, bei der Instandsetzung von Glasarchitektur, der Abdichtung von komplexen Bauwerksgeometrien oder in Kombination mit anderen Abdichtungsmaßnahmen. Die Wahl zugelassener und geprüfter Systeme sichert Qualität, Zuverlässigkeit und Langzeit-Funktionssicherheit. Die Beauftragung geschulter Fachverleger und die Nutzung der von den Herstellern bereitgestellten Serviceangebote erhöht die Sicherheit zusätzlich.