Das LOC 290 steht direkt am S-Bahnhof Bahrenfeld im Hamburger Ortsteil Ottensen und zieht die Blicke der Passanten auf sich. Die dunkle, matte Zinkfassade der sieben Obergeschosse steht im Kontrast zu den in abgesetzten Streifen um das Gebäude laufenden Fensterflächen und dem hellen, zurückgesetzten Sockel des Neubaus. Der voluminöse Charakter des Büroneubaus wird von der für vorbewittertes Titanzink typischen Textur und der dunklen, anthrazitfarbenen Oberfläche betont. Zudem unterstreicht das unregelmäßige Raster der versetzten Zinkprofile die Fassade und erzeugt ein optisches Pendant zur stark gerasterten Struktur des mit Verblendmauerwerk im dänischen Normalformat verkleideten Erdgeschosses. Eine gewisse Leichtigkeit verleihen dem Objekt die 790 m2 Fensterfläche aus gekoppelten Kunststoff-Fensterelementen, die diese monolithische Einheit durchbrechen: Die Obergeschosse scheinen über dem Sockel zu schweben.
Ottensen ist ein Ortsteil des Hamburger Bezirks Altona. Die zunächst landwirtschaftlich geprägte Siedlung vor den Grenzen der ehemaligen Hafenstadt Altona, wandelte sich ab 1850 im Zuge der Industrialisierung zunehmend. Maschinenfabriken, Fischfabriken und Werkstätten für Zigarrendreher siedelten sich hier im Westen der Hansestadt an, wo ohne lästige Zollschranken für das Hamburger Umland produziert werden konnte. Zahl-reiche ehemalige Fabrikgebäude wie zum Beispiel die Zeise-Hallen kennzeichnen bis heute das Stadtbild. Doch auch die bäuerlichen Ursprünge sind bis heute ablesbar – im verwinkelten Verlauf der Straßen, in dem sich die früheren Feldwege und Raingrenzen abzeichnen und in den für diesen Stadtteil charakteristischen „Ottenser Nasen“: Um möglichst jeden Meter des teuren Baugrundes zu nutzen, wurden die Ecken der mehrgeschossigen Wohngebäude bis in die spitzen Winkel der alten Grundstücke hinein gebaut und die für Ottensen typischen, spitz zulaufenden Bauformen entstanden.
„Ottenser Nase“ in der Friedensallee
Das LOC 290 steht auf einem spitzwinkligen Grundstück und auch hier hat der Grundstückszuschnitt in alter Hamburger Tradition den Entwurf des SEHW Architektenbüros und den Grundriss des Gebäudes mit definiert. Nach dem Rückgang der industriellen Nutzung des Stadtteils lag das Grundstück brach.Jetzt ergänzt der Neubau die zwei Gebäude auf der gegenüberliegenden Stra-ßenseite und stellt im Dreiklang mit ihnen eine Art „Landmark“ dar. Die Gebäudeaußenwände verlaufen parallel zur Bahn im Norden und zur Friedensallee im Südwesten. Die Außenwand im Süden verläuft parallel zur Nordwand und ergibt sich aus der für Bürogebäude optimalen Gebäudetiefe von etwa 15 m. Im Osten bildet der Bau den Abschluss zum benachbarten Wohnungsbau. Der Übergang von der Süd- in die Süd-West-Fassade wurde nicht spitz als Ecke, sondern weich als Rundung ausgeführt. So entschieden sich die Architekten auch dafür, den spitzen Winkel im Übergang von der Süd-West- in die Nordseite zu runden.
Vorbewittertes Titanzink
Die gebogene Form der Fassade erforderte ein besonderes Material, das sich leicht runden und auch an den gerundeten spitzen Winkel im Übergang von der Süd-West-Seite in die Nordseite anpassen ließ. Die Architekten entschieden sich für vorbewittertes Titanzink von VM-Zinc, der internationalen Marke für Titanzink mit der deutschen Niederlassung in Essen. 1375 m2 Anthra-Zinc wurden allein für die Fassadenfläche von den Handwerkern des Klempnerfachbetriebes Fuchs aus Nordwestuckermark verarbeitet. Hinzu kamen Fenster- und Attikaabdeckungen, Laibungen, Fassadenanschlüsse sowie Deckenbekleidungen. Und dabei waren für die Materialwahl nicht nur die vielseitigen Verarbeitungsmöglichkeiten und guten zinkspezifischen Eigenschaften ausschlaggebend. Titanzink lässt sich beliebig verformen, kann gekantet, gerundet, gefalzt und profiliert werden. Es ist ein ungiftiges, umweltsicheres und zugleich vielseitiges Produkt. Das Material enthält keinerlei Verunreinigungen, die durch Wind und Wetter oder Feuer freigesetzt werden könnten. Das von VM-Zinc verwendete Titanzink zeichnet sich gegenüber reinem Zink durch eine verbesserte Dauerstandfestigkeit, geringere Wärmedehnung und verringerte Kaltsprödigkeit aus. Der hochwertige Werkstoff ist langlebig, sehr widerstandsfähig und altert natürlich und wartungsfrei. Er wird ressourcenschonend produziert und ist zu 100 % recycelbar. Die vorbewitterte Oberfläche schafft – wie die natürliche Patina – eine bei Verletzungen selbstheilende Schutzschicht, die auch gegenüber Witterungseinflüssen einen Langzeitschutz bietet.
Vorgefertigte Profile
Für die Fassade wurden VMZ Flatlock-Profile gewählt, die in zwei vorgegebenen Höhenrastern in jeweils vier Längen (1, 2, 3 und 4 m) von den Handwerkern angebracht wurden. Dieses industriell hergestellte Rautensystem basiert auf einer traditionellen Verarbeitungstechnik: Die vorgefertigten Großrauten werden in den seitlich umlaufenden Umkantungen mit Haften befestigt. Untereinander werden die einzelnen Elemente durch Einhängen verbunden. Die obere Rückkan-tung der Großrauten wird dabei zurückgesetzt, so dass die beim Verbinden von zwei Rauten vorhandenen vier Blechstärken an der Fassade eine glatte, flächenbündige Oberfläche bilden. Die Rauten können auf ebenen oder gewölbten Fassaden eingesetzt werden. Für die Rundungen des LOC 290 wurde der genaue Radius der Profile durch spezielles Walzen erzielt. Wichtig war dabei, die Befestigungsfalze nicht zu quetschen. Das war insbesondere am spitzwinkligen Übergang zwischen der Süd-West- und der Nordseite eine echte Herausforderung.
VMZ Flatlock-Profile können auf einer vollflächigen Holzschalung mit einer Mindestdicke von 24 mm oder auf einer Sparschalung angebracht werden. Hier wurde eine hinterlüftete OSB-Schalung mit Aluminium-Unterkonstruktion gewählt, auf der die Klempner die Profile mit Haften und Haftstreifen befestigten. Die Rauten werden montagefertig, komplett mit Haftstreifen ausgeliefert. Das ermöglicht eine schnelle Verarbeitung und macht das Fassadensystem auch zu einer kostengünstigen Lösung.
Skulpturaler Blickfang
Neubauflächen in den Stadtzentren sind kaum vorhanden. Das Grundstück Friedensallee 290 lag lange Zeit brach, war nicht mehr als eine zugegrünte Böschung. Im Januar 2009 wurde die Fläche dann aus ihrem Dornröschen-Schlaf erweckt. Knapp anderthalb Jahre später im Mai 2010 konnte das beeindruckende Bürogebäude schließlich unter der Ausführungsplanung der Behrend Wohnungsbau KG fertiggestellt gestellt werden. Eine zeitgemäße „Ottenser Nase“ bereichert nun das Stadtbild und verknüpft gekonnt Hamburger Tradition mit moderner Architektur.
Bau 2013 München
Halle B2, Stand 319
BAUTAFEL
Projekt: LOC 290, Neubau eines Bürogebäudes in Hamburg Bahrenfeld
Bauherr: Grundstücksgesellschaft Friedensallee 290, Hamburg, http://www.buerozentren.de
Architektur: SEHW Architekten GmbH, Hamburg und Behrendt Wohnungsbau KG (GmbH & Co.), Hamburg
Fachbetrieb: Fuchs Bauklempnerei, Nordwestuckermark
Titanzinkfassade: 1375 m2
Material: VMZ Flatlock-System, Anthra-Zinc von VM-Zinc / Umicore Bausysteme GmbH, Essen https://www.vmzinc.com/de-de/homepage?setlang=de-de
Fotos: VM-Zinc, Essen