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Filigrane Handwerkskunst

In der Blechwerkstatt von Matthias Weber entstehen Bedachungen und Firstschmuck mit Seltenheitswert. Der Handwerksbetrieb aus dem brandenburgischen Saarmund südlich von Berlin hat sich auf eine traditionelle Metallbearbeitung spezialisiert. Historische Dächer mit Denkmalschutzanforderungen sind das Markenzeichen der Werkstatt, wie die Eindeckungen in Stehfalztechnik auf dem Marmorpalais und auf der Staatskanzlei in Potsdam. Die Profile und Ornamente fertigt der Klempnermeister mit seinen drei Mitarbeitern vorwiegend aus Kupfer und Zink. Das gewölbte Dach der Gotischen Bibliothek bekleidete der 1992 gegründete Betrieb sogar mit maßgefertigten Kupfertafeln.

Verborgene Schatzkammer

Besucher, die das von einem kleinen Waldstück umgebene Betriebsgelände betreten, tauchen aus der Gegenwart des Jahres 2015 in eine fast magische Welt. Wer den Blick schweifen lässt, entdeckt an den Wänden und auf den Werkbänken kunstvoll gefertigte Wetterfahnen und dekorativen Schmuck für Dach und Fassade. Die Auftraggeber erfahren hier detailliert, wie ihre Wünsche umgesetzt werden. Auf den Werkbänken liegen Schablonen für besonderen Dachschmuck oder Modelle für formschöne Dachentwässerungen mit genieteten und gefalzten, teils viereckigen Rinnen und Fallrohren sowie Auffangkästen. Die Profis beherrschen die Handwerkstechniken vom Treiben, Biegen bis zum Formen figürlicher Plastiken, Buchstaben und Muster. Eine Wand der Werkstatt beherbergt ein ganzes Spektrum historischer Werkzeuge, darunter Hämmer, Punzen, Bördeleisen, Kugelfäuste, Sperrhaken in verschiedenen Größen und Formen. Das Firmenschild mit dem Logo, das von Hand in eine Kupfertafel getrieben wurde, unterscheidet sich von vielen üblichen Arten der Firmenwerbung. In der Werkstatt entstehen auch praktische Gegenstände wie Lampen und Laternen, die später verglast werden, oder Kupferkessel zum Erwärmen von Speisen. Die Innenwände überzieht der Inhaber extra mit einer Zinnschicht, damit sich die Kessel für Lebensmittel eignen. Anspruchsvolle Kunden erhalten alles, was das Herz begehrt.

Breitgefächertes Repertoire

„Die Handwerkstechniken zur Metallbearbeitung sind sehr zeitintensiv,“ beschreibt der Klempnermeister seine Arbeit. „Sie brauchen natürlich Interessenten und Eigentümer, die den Wert ihrer Immobilie erhalten können.“ Wetterfahnen und Turmbekrönungen in Form von Sternen oder Kugeln verleihen den Bauwerken eine interessante extravagante Note. Die Präzision der figürlichen Plastiken erstaunt. Häufig sind schon die Vorlagen von Architekten, Bauherren oder Künstlern äußerst anspruchsvoll, wie bei einem 80 cm langen Fisch, der 1993 für einen Kirchturm entstand. Sein Körper besteht aus zwei handgetriebenen Teilen, die mit einer Naht zusammengefalzt und anschließend mit Flossen und Kugellager ausgestattet wurden, damit sich die Figur im Wind dreht. Die Größe hat ihren Grund, denn das Tier birgt als Geheimnis die Schatulle mit den Dokumenten und Münzen aus dem Jahr der Sanierung. Ihren Ursprung findet die riesige Bandbreite in dem Potsdamer Betrieb, wo Matthias Weber sein Handwerk erlernte. In dem damaligen Betrieb, dessen Inhaber zugleich als anerkannter Kunsthandwerker arbeitete, entstanden neben dem Metalldach und der Entwässerung viele dekorative Artikel. „Für die Inneneinrichtung von Gebäuden und Zimmern bis hin zu Tafelschmuck für die Gastronomie wurde fast alles angefertigt,“ erinnert sich der Klempnermeister. „Durch die Ausbildung konnte ich später selbst vieles herstellen. Gießkannen aus Kupfer habe ich als Geselle reihenweise verkauft, weil sie auf Wochenmärkten besonders gefragt waren.“

Effizient organisierte Arbeitsteilung

Neue und sanierte Dächer aus der Blechwerkstatt sind auch auf Einfamilienhäusern zu sehen. Deren Eigentümer stellen ebenfalls hohe Ansprüche an die Gestaltung und erhalten z. B. in Wellenform gewölbte Kupferdächer. „Wir verlegen außerdem vorbewitterte Zinkprofile in Leistentechnik oder fertigen Bekleidungen und Köpfe für Schornsteine,“ erklärt der Klempnermeister das Leistungsspektrum. Die traditionelle Eindeckung verlangt eine äußerst zeitgemäße Arbeitsweise: „Wir bereiten vieles in der Werkstatt vor, um dann möglichst wenig auf der Baustelle zurichten zu müssen. Die Maschinen stehen hier bereit, das Metall liegt im Regal. Wir nehmen es heraus, messen und fertigen an,“ erklärt der Handwerksmeister die Vorteile. „Die vorbereiteten Scharen oder Fenstersimse müssen auf der Baustelle nur noch eingepasst und montiert werden.“ Dieser hohe Vorfertigungsgrad garantiert die enorme Qualität der Bedachungen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Wartung der Dächer. Zum Service gehören Kontrollen, Rinnenreinigung und die Reparatur beschädigter Teile. Wenn Zeit bleibt, verfasst Matthias Weber als ausgewiesener Experte für Kupfer Fachbeiträge über das Restaurieren. In den Artikeln der Branchenmagazine findet die Faszination für die exzellenten Eigenschaften des rötlich oder grün schimmernden Metalls ihren Ausdruck.

Von der Tradition zur Moderne

Eine aufgearbeitete Straßenbahn aus dem Jahr 1929 veranschaulicht die Prinzipien der Denkmalpflege vielleicht am besten. Weil die Aufträge an Firmen aus der Region vergeben wurden, beteiligte sich die Blechwerkstatt an dem Projekt. „Die Bauteile aus Stahlguss und die Metallverkleidung waren völlig verrostet, die Holzleisten verwittert und sogar verfault,“ beschreibt der Klempnermeister den Zustand des Wagens. „Wir haben die Bleche abmontiert, einzeln entrostet und wieder befestigt. Auch die Lampenkästen haben wir detailgetreu wieder hergestellt, damit sie wieder leuchten.“ Der 2013 überarbeitete Wagen erinnert an die frühere Bahnlinie zwischen Berlin und Teltow, dem Wohnort des Klempnermeisters. Der prominente Standort an der einstigen Endhaltestelle und der originalgetreue Zustand locken Besucher magnetisch an, die sogar in den Wagen einsteigen können. Gegensätze zwischen traditionellem und modernem Metallhandwerk sieht der Klempnermeister überhaupt nicht. „Jeder Betrieb hat sein Betätigungsfeld gefunden. Die Handgriffe und Techniken, die für moderne Fassaden, Gebäudehüllen und Systemkomponenten gebraucht werden, beherrschen wir auch.“ Befreundeten Kollegen leistet die Blechwerkstatt schon mal tatkräftige Unterstützung, wenn beispielsweise bei der Installation von Hightech-Fassaden aus Aluminium Hilfe gebraucht wird.

Ein Klempner hat immer Arbeit

Die Blechwerkstatt hat seit ihrer Gründung insgesamt acht Lehrlinge ausgebildet. Einer von ihnen ist im Betrieb geblieben, ein anderer arbeitet nach wie vor im Beruf bei einem Dachdecker. Ob ausgebildet wird, hängt von vielen Faktoren ab. „Es muss passen. Die Ausbildung ist anstrengend“, sagt Matthias Weber. „Wir müssen ja nicht das fünfte Rad am Wagen neu erfinden.“ Allerdings gibt es die Überlegung, ob nicht Teile der überbetrieblichen Ausbildung, die genau in der Klempnersaison stattfindet, flexibler in solche Zeiten verlegt werden können, in denen weniger zu tun ist. „Wenn wir bei schlechtem Wetter auf der Baustelle nicht arbeiten konnten, haben wir die Zeit trotzdem genutzt und mit den Lehrlingen Handgriffe geübt, z. B. wie sie eine Rinne bördeln. Wir haben das Löten geschult oder sie haben sich Falztechniken angeeignet.“ Ob sich Jugendliche für den Beruf interessieren, wird auch dadurch beeinflusst, inwieweit ein Betrieb die Begeisterung immer wieder neu wecken kann. „Dass es ein handwerklicher Beruf sein sollte, war für mich schon als Kind klar,“ erinnert sich Matthias Weber, was ihn motivierte, Klempner zu werden. Selbständig sein und einen eigenen Betrieb aufbauen, war das Ziel nach der bestandenen Meisterprüfung 1991. „Ich wollte nie einen großen Betrieb haben, sondern Handwerker sein und bleiben. Ich arbeite nach wie vor mit.“ In die Zukunft seiner Branche blickt der Firmeninhaber deshalb gelassen und optimistisch. Zu tun gibt es für tüchtige Klempner jedenfalls genug.

 http://www.blechwerkstatt.de

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