Die Treffen des bundesweit vernetzten Ausbilderkreises sind für Ausbilder des Dachhandwerks längst eine feste Größe im Terminkalender. Mindestens einmal im Jahr trifft sich das Gremium, um beispielsweise über Reformen der Ausbildungsordnung zu sprechen oder Vorschläge zur Optimierung von Meister- und Gesellenprüfungen sowie zu überbetrieblichen Ausbildungsinhalten zu erarbeiten. Organisiert und moderiert wird die Veranstaltungsreihe von Berthold Ruck (Leiter Technik, Prefa), der im November 2021 durch das dreitägige Fachprogramm führte und dabei mit mehreren Fachvorträgen glänzte: Seine Ausführungen zur Weiterentwicklung betrieblicher technischer Kommunikation gehörten zu den Höhepunkten der Veranstaltung. Dem Herzblutklempner gelang es dabei perfekt, seine Zuhörer für einen neuen, durchaus interessanten Themenbereich zu sensibilisieren und darüber hinaus ein modernes Bild zukünftiger Azubis zu zeichnen bzw. dieses in den Köpfen der anwesenden Ausbilder fest zu verankern: „Warum werden unsere Azubis immer mit großen Zangen und Schaleisen in der Hand auf dem Dach stehend abgebildet?“, wollte Ruck von den Ausbildern wissen. Die Antwort auf seine durchaus berechtigte Frage gab er selbst: „Digitalisierung hat in vielen Dachdecker- und Klempnerfachbetrieben längst Einzug gehalten. In diesen Unternehmen gehören der Umgang mit iPads, Smartphones und entsprechenden Apps vielfach zum Ausbildungsalltag. Genau dieses Bild gilt es zu stärken und somit den Ausbildungsberufen ein modernes und zeitgemäßes Image zu geben!“ Berthold Ruck klärte folglich darüber auf, wo sinnvolle betriebliche technische Kommunikation anfängt und wo sie ihre Grenzen hat.
Mit welchen digitalen Werkzeugen Dachhandwerker effektiv und zukunftsorientiert arbeiten können, präsentierte Luigi Greco (Gesacon GmbH). Dabei sprach der Software-Experte vorwiegend über die digitale Planung im Zusammenhang mit technischer Kommunikation. Nach der theoretischen Vorstellung des Bendex-Softwaresystems (das inzwischen an zahlreichen Ausbildungszentren im deutschsprachigen Raum erfolgreich eingesetzt wird), erhielten die Teilnehmer die Möglichkeit, im Rahmen einer Workshop-Einheit eigenständig mit dem Programm zu arbeiten. Zielsetzung der Übungsaufgabe: die administrative Last im Fachbetrieb spürbar reduzieren. Die Ausbilder waren verblüfft darüber, wie einfach der Umgang mit dem digitalen Planungswerkzeug sein kann.
Kommunikation heißt teilen, mitteilen und teilnehmen lassen
Der gelungene Beweis, dass es gelingen kann, mithilfe digitaler Werkzeuge administrativen Ballast deutlich zu reduzieren, regte eine weitere Diskussion an. Und zwar, wie und ob mit Digitalkompetenz dem Fachkräftemangel begegnet werden könne. Die Teilnehmer waren sich darüber einig, dass dazu nicht nur an entsprechende Betriebsstrukturen angepasste Teillösungen möglich sein sollten. Vielmehr sei die Zurverfügungstellung der digitalen Technik als wichtiges Werkzeug unabdingbar. Auch und insbesondere, weil digitale Werkzeuge als Handwerkzeuge gelten, die junge Menschen schon lange vor der ersten Begegnung mit dem Handwerk bzw. dem Hammer und der Blechschere kennenlernen. Dazu Meisterausbilder Arno Fell (Spenglermeisterschule Würzburg): Bendex ist eines der benutzerfreundlichsten Systeme, das ich je erlebt habe.“ Und ein weiterer Teilnehmer weiß zu berichten: „Ich überlege noch nicht, wie die Jugendlichen damit weiterkommen, ich muss das erst einmal für mich finden. Denn jungen Menschen fällt der Bezug dazu mit Sicherheit leichter.“ Damit genau das in Zukunft effektiv gelingen kann, stellen die Unternehmen Prefa, Gesacon und Bendex eine für Schulen und Auszubildende kostenfreie Multi-Facility-Lizenz des leistungsstarken Programms zur Verfügung. Parallel dazu soll die Vermittlung bisheriger Handlungskompetenzen hin zu digitalen Kompetenzen weiterentwickelt werden und darüber hinaus einen festen Platz im Lehrplan zahlreicher Ausbildungseinrichtungen sowie im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung erhalten.
Handfestes
Weitere Themen der dreitägigen Veranstaltung waren zum Beispiel die detaillierte Ausführungsbestimmung der DIN 18516 durch Prefa-Schulungsleiter Thomas Weiß oder die Vorstellung der erweiterten Formelsammlung durch Ausbilder Armin Waldbüßer. Die Formelsammlung wurde hauptsächlich unter Aspekten der Nutzbarkeit in der Praxis weiterentwickelt. Die neu aufgelegte Version wird aktuell an den Fachschulen verteilt. Über moderne Befestigungen referierte Thomas Benz (Reisser Schraubentechnik GmbH). Er thematisierte beispielsweise Anforderungen aus dem Markt und stellte dazu passende Entwicklungen seines Unternehmens samt lösungsorientiertem Ergebnis in Form einer speziellen Schraube zur Haftbefestigung vor. Über die Reisser-Haftenschraube berichtete BAUMETALL bereits ausführlich in Ausgabe 5/2021.
Internationales
Ein weiterer Vortrag befasste sich mit aktuellen Entwicklungen in der internationalen Wettbewerbslandschaft. Entsprechend interessant war die Vorstellung der Ergebnisse des Wettbewerbs Euroskills 2021 durch Berthold Ruck. Als Sponsor des Bedachungsmaterials zur Bekleidung der Wettbewerbs-Dachmodelle oblag es dem Redner, über Falztechnik und entsprechende Detailausbildung mit Aluminiumbändern der Marke Prefalz zu berichten. Dabei präsentierte Ruck nicht nur Informationen zu den eingesetzten Materialien. Vielmehr stellte der Klempnermeister Produkte und Verlegevideos vor, die den praktischen und theoretischen Unterricht an den Ausbildungszentren definitiv aufwerten bzw. bereichern.
Und auch das war neu: Erstmals begrüßten die Mitglieder des Ausbilderkreises zwei Repräsentanten der österreichischen Wirtschaftskammer – die Bundesinnungsmeister-Stellvertreter der österreichischen Bundesinnung der Dachdecker, Glaser und Spengler, Alexander Eppler und Roman Moosbrugger. Während Eppler der Berufsgruppe Spengler vorsitzt, ist Moosbrugger Vorsitzender der österreichischen Dachdecker. Beide gaben interessante Einblicke in die Struktur und Organisation der Innung und informierten dabei auch über die Struktur der Ausbildung in Österreich. Zur effektiven Optimierung grenzüberschreitenden Wissenstransfers stellte ZVSHK-Referent Michael Kober im Anschluss die Organisation des deutschen Berufsverbandes ZVSHK vor. Dabei erklärte er den österreichischen Gästen und den Ausbildern u. a. auch, wie die Ausbildung hierzulande funktioniert bzw. wie sie strukturiert ist. Der Vollständigkeit wegen skizzierte Berthold Ruck ergänzend die Struktur des 2012 ins Leben gerufenen Arbeitskreises Ausbildung.
Vorbildliches Leitprojekt
Mit der Erweiterung des Leitobjekts befassten sich die Teilnehmer am dritten Veranstaltungstag. Hintergrund: Die Ausbildungsexpertengruppe, bestehend aus Lehrern der Berufs- und Meisterschulen des Klempner- und Dachdeckerhandwerks sowie Fachausbildern aus dem Bereich der Industrie, hat sich das Ziel gesetzt, die Klempnerausbildung durch hochwertige, praxisgerechte und gemeinsame Ausbildungsangebote voranzutreiben. Dafür erstellen und erweitern sie unter anderem ein Leitobjekt, welches zur Schulung des Fachwissens in den klempnerspezifischen Lernfeldern ab dem zweiten Lehrjahr dient. Mit diesem realitätsnahen Referenzobjekt können sich die Auszubildenden, zum Beispiel in Form von kleinen Projektarbeiten, mit Themen wie Entwässerungskonzepten oder der Deckung mit metallischen Werkstoffen intensiv auseinandersetzen.
Carsten Strobel vom BBV-Lübeck regte an, das Leitobjekt für die Ausbildung im Dachdeckerhandwerk zu erweitern, und zeigte hierzu Möglichkeiten auf. Außerdem glänzte Arno Fell mit der Vorstellung neuer Ideen und Möglichkeiten zur Optimierung des Leistungswettbewerbs des Deutschen Handwerks (PLW). Als Leiter der entsprechenden Arbeitsgruppe zeigte Fell Perspektiven zur Neuausrichtung detailliert auf. Die Neuausrichtung wird übrigens im Rahmen des Deutschen Klempnertags im März 2022 erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die Reise geht weiter
Wie immer wurde die Veranstaltung des Arbeitskreises Ausbildung nicht einfach „nur“ beendet. Vielmehr wurden zahlreiche Hausaufgaben zur Weiterentwicklung der angesprochenen Punkte verteilt, die in diversen Arbeitsgruppen bis zum nächsten Termin zuverlässig erledigt werden. Dazu Berthold Ruck: „Ich freue mich über die verlässliche Zusammenarbeit der Kollegen, die allesamt ein Ziel verfolgen: die Ausbildung weiterzuentwickeln und somit dazu beizutragen, unser Handwerk zu stärken und fit für die Zukunft zu machen.“