Besser als das Original

Fans von historischer Baukunst kommen bei einem Spaziergang im Villenviertel Wiesbaden-Südost ganz auf ihre Kosten. Hier reiht sich ein architektonisches Highlight an das andere. Man fühlt sich in die Zeit um 1900 zurückversetzt, denn fast jedes Haus ist ein Baudenkmal aus der Gründerzeit. Mal schmiegen sich Balkone mit filigranem Geländer an Hauswände mit kleinteiligem Dekor, mal verleihen edle Säulen der klaren Linienführung einer großbürgerlichen Residenz eine selbstbewusste Erhabenheit. Erker, Säulen, Türmchen, verzierte Giebel, Fensterbögen und Reliefs schmücken die Villen und ergeben ein reizvolles Gesamtbild verschiedener Stilrichtungen. Fantasievolle Neogotik, verspielter Jugendstil, Elemente aus Renaissance, Barock oder nüchternem Klassizismus setzen sich zu einem Mix zusammen, den man eklektizistisch nennen kann: Aus verschiedenen Epochen und Stilen haben sich die Architekten das rausgepickt, was ihnen oder dem Bauherrn gefiel, und zu einem individuellen Ganzen zusammengefügt.

Klempner als Denkmalschützer

Um das Ensemble zu erhalten, sind immer wieder Sanierungen fällig, selbstredend unter Auflagen des Denkmalschutzes. So erhielt eine neoklassizistische Villa in der Uhlandstraße ein neues Detail: Der Turm auf einem erkerartigen Vorbau an einer Hausecke wurde restauriert. Sockel und Turmaufsatz mitsamt Spitze glänzen seitdem wieder wie neu.

Prädestiniert für die Restaurierung eines solchen historischen Turms ist die Firma Original Nakra. Seit 50 Jahren ist sie ein fester Begriff für anspruchsvolle Bauornamente und Denkmalschutz: Kaminabdeckungen, Wetterfahnen, Dach- und Firstbekrönungen, Schmuckelemente für die Dachentwässerung wie Rinnenkessel und Wasserspeier, Jalousiebleche, Ochsenaugen, Schmuckschindeln, Rosetten und Zierblätter, Vergoldung. Hier geht alles: von schlichten, glatten Blechen für Brüstungsabdeckungen bis zu filigranen und detailreichen Figuren wie Tiere, Schiffe, Hexen, Engel, Max und Moritz und sogar das Spengleremblem! 2016 wurde Nakra aus Alzenau von Michael Messerschmidt in Fambach übernommen. Mit Maschinen und Produkten kam auch Nakra-Experte Ralf Schmidt zu Messerschmidt – und damit das Know-how und die Erfahrung aus jahrzehntelanger Tätigkeit bei Nakra.

Zink auf Edelstahl

Der Turm an der Wiesbadener Villa besteht aus einem Sockel, einem Säulenring mit Gesims, einem Dach mit Schindeln und Gratreiterprofilen sowie einer Turmspitze mit filigranen Verzierungen in Blumenform. Insgesamt misst er rund 5,50 m. Auf einer Haltekonstruktion aus Edelstahl wurde die Bekleidung mit Elementen aus walzblankem Zink angebracht.

Für die Restaurierung musste zunächst im Mai 2018 der ursprüngliche Turm vollständig abgebaut werden. Nach über 100 Jahren war dieser schlicht in die Jahre gekommen und verschlissen. Nach der Demontage zeigte sich, dass auch die darunterliegende Holzkonstruktion nicht mehr intakt war und zurückgebaut werden musste. Sie wurde durch eine massive Unterkonstruktion aus Edelstahlprofilen beziehungsweise Edelstahl-Profilrohren ersetzt, welche den Turm seither tragen.

Der demontierte alte Turm diente als Vorlage für die Neuanfertigung. Alle Teile wurden maßgenau reproduziert, mit Ausnahme des Gesimskranzes, der einen Sonderfall darstellte. Hier wurden im Rahmen der Möglichkeiten, die die vorhandenen Modelle und Formen boten, kleine Abweichungen in Kauf genommen. Um dem Original so nahe wie möglich zu kommen, wurde die Nachbildung mit einer ähnlichen Optik gefertigt.

Bei der Reproduktion wurden in der Nakra-Werkstatt verschiedene handwerkliche Techniken angewandt: Der formschöne Sockel wurde geprägt, die Säulen gedrückt und das Gesims steppgekantet. Anschließend wurden alle Teile zusammengelötet oder per Falztechnik miteinander verbunden. Im Juni 2018 erfolgte dann die Fertigstellung des neuen, originalgetreuen Turms, welcher aufgrund moderner Fertigungstechnik und ausgeklügelter Unterkonstruktion wesentlich stabiler ist als die historische Vorlage.

Klempnerfest in Fambach

Ende Juni 2018 feierte das neue Nakra-Team gemeinsam mit Firmengründer Horst Kraut, den Klempnern um dem neuen Nakra-Inhaber Michael Messerschmidt und zahlreichen Gästen das 50-jährige Bestehen von Original Nakra. Ein weiterer Grund zum Jubeln war das 16-jährige Bestehen des Fachbetriebes M. Messerschmidt Metallrestaurierungen. Am Standort beider Unternehmen im thüringischen Fambach versammelten sich Geschäftspartner, Freunde und Kollegen aus dem gesamten Bundesgebiet. Natürlich war auch eine Delegation des BAUMETALL-Treffs (Messerschmidt ist langjähriges Treff-Mitglied) vor Ort. Sie alle wollten den zweifachen Firmeninhaber sowie den Nakra-Gründer beglückwünschen.

Diskutiert, gefeiert und gegessen wurde zwischen Hochregalen, Blechbearbeitungsmaschinen und Ornamenten. Zu gerne hätte Messerschmidt seinen Gästen den Wiesbadener Zinkturm präsentiert, denn ein solches Prachtstück steht nicht alle Tage in seiner Werkstatt. Der Auftraggeber machte jedoch Druck, sodass der Turm wenige Tage vor den Feierlichkeiten ausgeliefert und montiert wurde. Um dennoch die perfekte Klempneratmosphäre zu erzeugen, dekorierten die Gastgeber Tische, Bänke und den Eingangsbereich der großen Werkhalle mit allerlei Klempnerutensilien. Das Sammelsurium reichte dabei von der historischen Kirchturmkugel über Wetterfahnen und Ornamente bis hin zu kleinen Dekoelementen aus dem Messerschmidt-Stanzzentrum, welche die Gäste als Andenken mit nach Hause nehmen durften.

Wer sich für alte Handwerkstechniken wie Metalldrücken interessiert, um z. B. Kirchturmkugeln zu fertigen, sollte sich den 17. Dezember 2018 vormerken! Dann zeigt Michael Messerschmidt im Klempnermuseum erneut, wie diese uralte Technik funktioniert.

Wo?

Im BAUMTEALL-Workshop „Metalldrücken intensiv“.

Am besten gleich anmelden unter service@baumetall.de