Kennen Sie Termine, die nie zustande kommen, weil das Tagesgeschäft sie schlicht und ergreifend nicht zulässt? Besonders schwierig wird es, wenn sich zwei vielbeschäftigte Herzblutklempner verabreden wollen. Und so grenzt mein Treffen mit M.A.S.C.-Geschäftsführer Martin Fischer fast an ein Wunder. Warum? Weil es im September 2016 und somit nach fast 10 Jahren am BAUMETALL-Schreibtisch endlich stattfand. Umso mehr freue ich mich, Sie gemeinsam mit Martin Fischer auf eine besondere Architek-Tour durch Teile Oberschwabens und das Allgäu mitzunehmen. Startpunkt ist der Gasthof Laupheimer in Günz, unser erster Stopp befindet sich in Erkheim im Unterallgäu. Dort besichtigen wir das Gelände des Holzhaus-Pioniers Baufritz. Hier, an der Wiege des ökologischen Hausbaus, betrachten wir beeindruckende Musterhäuser. Dabei fällt uns auf, dass der Werkstoff Metall auch im Holzhausbau zunehmend zum Einsatz kommt, was nicht zuletzt wegen seiner nachhaltigen Eigenschaften überaus sinnvoll erscheint. Aber nicht nur aus diesem Grund ist ein Besuch bei Baufritz überaus inspirierend. Zahlreiche der dort ausgeführten Holzbau-Details lassen sich durchaus auch in Spenglertechnik und somit mit den Werkstoffen Aluminium, Kupfer, Stahl oder Zink umsetzen. So könnte eine an Drahtseilen gespannte Holzleistenfassade beispielsweise auch aus Metall-Verbundplatten oder ein geschwungenes Profilbrettgesims aus gebogenen Winkelfalzscharen hergestellt werden. Wir fahren weiter und während ich noch immer beeindruckt bin, erzählt mir Martin Fischer von der Innovationskraft zahlreicher Allgäuer Handwerker. Firmen wie Baufritz, Grömo oder auch die Haft- und Schneefanghersteller Kling und Rees hätten ihre Wurzeln im klassischen Handwerk: Und auch bei M.A.S.C. profitiere man vom Ideenreichtum der Allgäuer Handwerker.
Standrohrwachhund und Laubigel
Nach kurzer Fahrt erreichen wir die Ortschaft Apfeltrach. Dort zeigt mir Martin Fischer einen kleinen aber feinen Gartenschuppen nebst Kupferrinne, Stutzen, HDPE-Standrohr, Standrohrwachhund und Laubigel. „Das hier ist zwar keine große Sache, aber die eingebauten Produkte stammen alle von uns“, schwärmt Fischer und ergänzt: „Der M.A.S.C.-Laubigel ist eines der wenigen gut funktionierenden Laubrückhaltesysteme. Seine Nylonborsten sind unverrottbar und dabei so flexibel, dass sie sich selbst nach schneereichen Wintern von alleine wieder aufrichten. Zudem passt sich der Laubigel allen Rinnenformen an und hält Dachrinnen sowie Kesselstutzen zuverlässig frei von Laub und anderen Verunreinigungen.“ Wir umrunden das kleine Gebäude – begutachten Rinnen, Rohre, Wassersammler und ein kleines, aber feines Kupfer-Stehfalzdach. Ich merke wie wichtig es Martin Fischer ist zu zeigen, dass bei M.A.S.C.-Produkten selbst noch so kleine Details innovativ durchdacht werden. So überzeugt der in Längen von 1,80 m lieferbare Laubigel unter anderem mit einem stabilen Edelstahldraht, der die Nylonborsten zuverlässig und dauerhaft in Position hält. Einzig der plötzlich am M.A.S.C.-Standrohr auftauchende Wachhund scheint ein Zufallsprodukt zu sein. Zum Glück ist er gutmütig und lässt uns passieren, sodass wir die Tour unbeschadet fortsetzen können.
Kuppelzauber im Ostallgäu
Über Schleichwege, vorbei an wunderschönen Bauernhöfen und Dorfkirchen erreichen wir die Eggenthaler Kapelle Maria Seelenberg im Ostallgäu. Die in der Barockzeit erbaute Kapelle verfügt über eine beeindruckende Kupferkuppel und eine nicht weniger interessante Geschichte. Einer Legende zufolge errichteten Kinder unter Anleitung eines Zimmermanns im Jahr 1645 eine bescheidene Marienkapelle aus Holz und Steinen, die nach 30 Jahren wieder verfiel. An selber Stelle wurde 1704 ein Neubau fertiggestellt, dessen Kupferdach so manchen Spengler bis heute fasziniert. Auch wir sind beeindruckt, denn einen kupfernen Zwiebelturm, der aus einer Kupferkuppel ragt sieht man nicht alle Tage. Bei genauerer Betrachtung der Allgäuer Turmzwiebel entdecken wir an den geschwungenen Stehfalzen abgeplatzte Patinastellen. Für uns ein eindeutiges Indiz dafür, dass an der Turmwiebel erst kürzlich Reparaturen ausgeführt wurden. Offensichtlich wurden dabei die Falze überaus behutsam geöffnet und später wieder geschlossen. Wir sind begeistert, denn durch dieses Vorgehen konnte das historische Material der Originaleindeckung weiterhin verwendet werden. „Vielleicht kam bei den Reparaturarbeiten sogar die neue M.A.S.C.-Falzaufbiegezange zum Einsatz“; sagt Martin Fischer. Dann erklärt er, wie die 80 mm breite Zange zum einfachen und beschädigungsfreien Öffnen eines Doppelfalzes eingesetzt wird und dass zahlreiche Spengler deren praktische Handhabung inzwischen schätzen.
Spengler-Himmel und Metalldach-Hölle
Am alten Postamt der schwäbischen Stadt Mindelheim im Unterallgäu entdecken wir weitere Spenglerjuwelen. Ein gefalzter Rinnenwinkel und kunstvoll gestaltete Rinnenkessel finden unser Interesse ebenso wie diverser Dachschmuck und die kupferbeschlagene Eingangstür. Und weil derartige Arbeiten inzwischen Seltenheitswert haben hoffen wir, dass das inzwischen stillgelegte Gebäude nicht abgerissen wird, sondern sich lediglich in einem Dornröschenschlaf befindet. Auch die Stadtmitte Mindelheims versprüht, nicht zuletzt dank Spenglertechnik, einen ureigenen Charme. Wunderbarer Dachschmuck ziert dort stattliche Giebelhäuser und fast scheint es, als buhlten diese mit ihren Vasen, Dachspitzen und individuellen Wetterfahnen um Aufmerksamkeit. So oder ähnlich könnte es im Spenglerhimmel aussehen. Ich bin begeistert!
Weitaus weniger Beachtung hat das Metalldach des Kreiskrankenhauses verdient. Ich lasse es mir dennoch zeigen, denn schon bei der Google-Earth-Vorbereitung unserer Tour hatte ich den Eindruck, dass das größte Stehfalzdach Mindelheims mit zahlreichen Dachpflastern erstversorgt wurde. Wie zutreffend meine Erstdiagnose via Internet-Satellit ist, überrascht. Ganz dem Klinikklischee entsprechend befindet sich das Dach tatsächlich in einen mehr als fragwürdigen Gesundheitszustand. Die gesamte Dachfläche ist über und über mit Reparaturbändern und Flüssigkunststoff-Flicken beklebt. Darüber hinaus scheinen Gratleisten, Falze und Scharen an unterschiedlichsten Stellen schwer verletzt zu sein. Kurz denke ich darüber nach, ob eine Kapselendoskopie zeigen könnte, wie es unter der Stehfalzeindeckung aussieht. Ich verwerfe den Gedanken und komme zum Schluss, dass ein entsprechend verarztetes Krankenhausdach genauso aussehen muss. Wie dem auch sei – selbst wenn die Operation gelungen ist, sind die Tage dieser riesigen Metalleindeckung gezählt…
Beeindruckende Basilika
Ganz anders verhält sich die Sachlage an den beiden Türmen der Basilika in Ottobeuren. Dort erfolgte die Reparatur der historischen Kupfereindeckung bereits 2008. Damals führte der Münchener Fachbetrieb Blamberger die anspruchsvollen Spenglerarbeiten aus und natürlich berichtete BAUMETALL darüber (siehe auch Ausgabe 6/2009 oder BAUMETALL-Online-Archiv). Als ich am Fuße der gewaltigen Doppeltürme stehe bin ich zutiefst beeindruckt. Doch nicht nur die schiere Größe des Gotteshauses zieht mich in seinen Bann. Vielmehr belegen abermals gelungene Details an Eindeckung und Dachentwässerung: Allgäuer Spengler verstehen ihr Handwerk und das seit Generationen. Ebenso wie die spätbarocke Basilika St. Alexander und Theodor beweisen dies übrigens auch andere Gebäude in Ottobeuren. Zum Beispiel beeindruckt das frühere Kaufhaus Specht mit einem Erker und dem darüber befindlichen kupfergedeckten Zwiebelturm. Einen wunderbaren Kontrast dazu bildet die geschwungene Stabfassade des Museums für zeitgenössische Kunst. Dessen aus eloxierten Aluminiumprofilen hergestellte Fassade unterstreicht die architektonische Einbindung des Museumsareals in den Ortskern. Meiner Meinung nach wurde das moderne Gebäude zu Recht mit zwei internationalen Architekturpreisen ausgezeichnet – dem Iconic Award 2015 Architektur und dem German Design Award in der Kategorie Excellent Communications Design-Architecture.
Oberschwäbische Flaschnertechnik trifft Kunst
Den krönenden Abschluss der M.A.S.C.-Architek-Tour markiert unser Besuch beim oberschwäbischen Fachbetrieb Flaschnerei Schlecht in Laupheim. Seit 90 Jahren steht der Name Schlecht für Qualität. In dritter Generation bietet Betriebsinhaber Reiner Held seinen Kunden noch immer gute Ideen sowie kostengünstige Lösungen in den Kernbereichen Flaschner-, Heizungs-, Sanitär- und Lüftungstechnik. Der Blick in die Flaschner-Abteilung des modernen Betriebes lässt dabei keinen Zweifel und verrät: Hier sind Profis am Werk. Moderne Maschinen und übersichtliche Lagerhaltung erlauben den Flaschnern stets optimale Ergebnisse abzuliefern. Darüber hinaus scheint Metallkunst beim Fachbetrieb Schlecht eine besondere Rolle zu spielen. Aus Kupfer gestaltete Ornamente zieren die Werkstattwände und abstrakte Skulpturen recken scheinbar nach Kunden greifend, tentakelähnliche Fangarme in die Höhe. Ich bin begeistert und bedanke mich bei tour guide Martin Fischer und Gastgeber Reiner Held. Diesem bleibt mein Interesse an Metallskulpturen und Flaschnerkunst nicht verborgen. Kurzerhand zeigt er mir ein Fotoalbum seines Onkels, dem ehemaligen Firmeninhaber Karl Schlecht. Ich staune. Noch nie habe ich derartige Kunstgegenstände aus Kupfer gesehen. Spontan beschließen wir, das ehemalige Betriebsgebäude zu besuchen. Dort sollen sich zahlreiche Kunstobjekte befinden. Ich bin gespannt.
M.A.S.C. have
Zu diesem Zeitpunkt weiß ich noch nichts über die enorme Schaffenskraft des Metallkünstlers Karl Schlecht. Sicher ist indes, dass der Besuch seines Refugiums einen eigenständigen Fachbeitrag mehr als verdient. So gesehen ist die Besichtigung seiner ehemaligen Künstlerwerkstatt ein absolutes „M.A.S.C. have“! Freuen Sie sich daher mit mir über den zweiten Teil dieses Beitrages in BAUMETALL-Ausgabe 2/2017. Dann entführe ich Sie in eine regelrechte Kupfer-Hexenküche, in welcher Fabelwesen aus Metall noch immer ihr Unwesen treiben und Kupfermäuse in Scharen an den Fallrohren emporklettern.
Übrigens hat die Architek-Tour Lust auf mehr gemacht! Und so bin ich sehr gespannt welche Spenglerhöhepunkte unser nächster Ausflug in das Allgäuer Oberland zu bieten hat. Falls Sie Interesse daran haben und uns beim nächsten Mal begleiten möchten, schreiben Sie uns einfach eine E-Mail mit dem Stichwort „Architek-Tour“ an redaktion@baumetall.de Wer weiß – vielleicht fahren wir dann schon bald gemeinsam und im BAUMETALL-Reisebus durchs Allgäu.
BAUMETALL-Leserreise
Möchten Sie BAUMETALL beim nächsten Ausflug ins Allgäu begleiten? Dann schreiben Sie uns eine E-Mail mit dem Stichwort „Architek-Tour“. Wir freuen uns auf Sie! redaktion@baumetall.de