Im Zentrum der kleinen Ortschaft Zwettl in Niederösterreich trifft der Besucher auf eine Überraschung: Auf dem Platz vor dem Stadtamt, der von historischen Bauten gesäumt ist, erhebt sich ein golden glänzender Kubus in Karo-Optik. Der moderne, quaderförmige Bau bildet einen interessanten Kontrast zu dem eher barocken Stadtbild. Geheimnisvoll fensterlos scheint er auf dem Platz zu schweben und verrät auf den ersten Blick nichts über seinen Zweck. Nur wenn ihm gerade Trompeten- und Posaunentöne entschlüpfen, kann man es erahnen: Er beherbergt das Musikheim Zwettl, den neuen Proberaum des Musikvereins Carl Michael Ziehrer.
Die goldene Oberfläche der Fassade erinnert an die Instrumente des Blasmusikvereins und in den Aluminium-Rauten findet sich das Karo-Muster seiner Trachten wieder. Die Harmonie des gleichmäßigen Musters wird nicht durch Fenster unterbrochen. Diese Abgeschlossenheit nach außen bietet den Musikern die Ruhe und Konzentration, die sie für die Proben brauchen. Tageslicht erhalten sie durch Lichtkuppeln auf dem Dach von oben. Unter dem Proberaum befinden sich Aufenthaltsräume, die durch ein rundum laufendes Fensterband mit Licht versorgt werden. Es ist leicht nach hinten versetzt und wirkt wie ein niedriger Sockel, auf dem der Kubus thront und der ihm Leichtigkeit verleiht.
Rhythmischer Wechsel von matt und glänzend
Die über 500 m2 Fassadenfläche wurde mit rautenförmigen Aluminium-Verbundplatten von Prefa mit einer Seitenlänge von ca. 1,2 m bekleidet. Da es sich bei der gewählten Beschichtung „Goldmetallic“ um eine Sonderfarbe handelt, war eine Mindestliefermenge vorgegeben. Um diese Vorgabe zu erfüllen und die Kosten für den Kunden im Rahmen zu halten, griff der Hersteller, wie Prefa-Vertriebsmitarbeiter Josef Mayerhofer erklärt, zu einem Trick: Die Platten sind auf beiden Seiten unterschiedlich beschichtet. Auf der einen Seite beträgt der Glanzgrad 3 %, auf der anderen Seite beläuft er sich auf 25 %. Dadurch, dass die Platten im Wechsel einmal mit der einen Seite und einmal mit der anderen Seite nach außen auf der Unterkonstruktion angebracht wurden, ergibt sich auf der eigentlich einfarbigen Fassade das reizvolle Rautendesign in einem Rhythmus von matt und glänzend. Dank der nur schwachen Kontraste bleibt die homogene Gesamtwirkung erhalten.
Die Bekleidung einer Fassade mit Rauten-Elementen verlangt höchste Sorgfalt und Präzision. Da die Kanten exakt aufeinander stoßen (müssen), gibt es keinen Spielraum für auch noch so kleine Ungenauigkeiten. Architekt Stättner: „Je schlichter und homogener ein Objekt ist, desto mehr Präzision verlangt es.“ Für die Verarbeitung war die Bauspenglerei Raiffeisen Lagerhaus Zwettl verantwortlich, die die anspruchsvolle Aufgabe in sechs Wochen meisterlich ausführte. Sechs Mitarbeiter bauten eine diagonal verlaufende Aluminium-Unterkonstruktion, auf die sie anschließend die Verbundplatten anbrachten. „Dafür wurden alle vier Ecken jeder Raute gefräst und an der Diagonale in einem Winkel von 90° um die Kante gebogen“, erklärt Bauleiter Steiner. „Die Aluminium-Fassadenplatten wurden auch nach oben über die Attika gebogen.“
Zeitgemäße Aufwertung des Stadtkerns
Die Prefa-Verbundplatten können nicht nur geschraubt oder genietet, sondern auch geklebt werden. Daher eignen sie sich in besonderem Maße für die großflächige Verarbeitung, denn auf diese Weise lässt sich eine Fassade mit einheitlicher Wirkung und sauberem Erscheinungsbild gestalten.
Mit der Idee, den Stadtkern von Zwettl mit einem modernen Gebäude zu beleben und aufzuwerten, hatte das Architekturbüro Franz in Wien den 2009 ausgeschriebenen Architekturwettbewerb gewonnen. Dieser Idee ist es zu verdanken, dass der traditionsreiche Musikverein Carl Michael Ziehrer (der immerhin seit 1887 besteht) heute nicht im Dachgeschoss des Stadtamts probt, sondern in einem eigenen Gebäude – und noch dazu in einem einzigartigen, eleganten Gebäude, das eine zeitgemäße Brücke schlägt zwischen Alt und Neu. Nicht umsonst wird das Musikheim Zwettl auch das „Goldstück“ genannt.